Alexis Willibald

Morde am Fließband: Kriminalgeschichten


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ihm verbunden zu sein pflegen und man gewöhnlich von da aus jeden beliebigen Ort im Innern ohne Schwierigkeit erreichen kann. Die Haustür zu erbrechen hütete ich mich, sie war von festem Holze und mit starkem Verschluß versehen. Ich bahnte mir daher den Weg in den Hausflur, wie ich das schon früher oft getan hatte, durch den Keller. Die Kellerluken waren mit eisernen Stäben verwahrt; ich holte von einem Holzstoße einen Hebebaum, mit dem ich die Eisenstäbe auseinanderbiegen wollte. Bei der einen Luke glückte es, ich steckte mein Gewehr unter den Gürtel zu dem Beile, schob die Füße in die Öffnung und zog den Körper langsam nach. Es war sehr eng, aber ich brachte mich doch durch, indem ich die Brust zusammendrückte. Vom Keller tappte ich leise die Treppe hinauf, riegelte die Tür auf und stand im Flur. Nachdem ich die hintere Haustür aufgemacht hatte, tastete ich mich in die Küche; vor mir war eine Tür, ich legte die Hand an den Drücker, die Tür ging auf, und ich stand vor den Betten des Müllers und seiner Frau. Schleunigst zog ich mich in die Küche zurück, brannte an dem glimmenden Tabak meiner Pfeife ein Schwefel-Hölzchen und an diesem ein in der Küche stehendes Licht an. Ich nahm das Beil in die rechte Hand und trat in die Schlafkammer. Mit zwei schnell hintereinander geführten Schlägen schlug ich dem schlafenden Manne den Schädel ein, dann brachte ich mit mehreren Streichen die aus dem Schlafe aufgeschreckte, laut schreiende Müllerin zum Schweigen. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür nach dem Wohnzimmer, ein Kind schritt über die Schwelle. Ich war nicht wenig betreten, denn ich hatte keine Ahnung davon, daß Kinder im Hause waren; aber ich durfte mich nicht lange besinnen, jede Minute des Zauderns konnte mich verderben. Mit einem Satze war ich bei der Kleinen, das hocherhobene Beil fiel auf ihr Haupt, sie brach zusammen und tat keinen Atemzug mehr. Jetzt erst hörte ich, daß Baumgart noch röchelte, schnell ergriff ich mein Messer und schnitt ihm den Hals durch. Um ganz sicher zu sein, erhob ich auch noch das Gewehr und stach ihn mit dem Bajonett noch zweimal in die Brust. Mehr als zweimal habe ich meiner Erinnerung nach nicht gestochen. Ich verließ nun die Kammer und ging in die Stube, fest entschlossen, jedes lebendige Wesen darin umzubringen, damit ich nicht verraten würde. Ich fand ein Bett und darin einen Knaben von etwa fünf bis sechs Jahren, der sich unter die Decke verkrochen hatte. Als ich das Deckbett aufhob, schlug das Kind die Augen auf und sah mich freundlich lächelnd an. Rührung erfaßte mich, es tat mir weh, daß diese hellen lieblichen Augen brechen sollten, eine Sekunde lang war ich zu Milde und Barmherzigkeit geneigt. Gleich darauf rief ich mir ins Gedächtnis zurück, daß ich keinen Zeugen verschonen dürfte, ich tötete das Kind also mit mehreren Beilhieben und stürmte fort nach der Kammer der Magd. Bei meinem Eintreten schrie sie laut auf, ich gab ihr mehrere Schläge und würgte sie mit ihrem Nachthalstuche vollends tot. Die Blutarbeit war indes noch immer nicht zu Ende, es stand noch ein Bett in der Kammer, und in dem schlief noch ein Kind. Ich beförderte es mit einigen Streichen in die Ewigkeit und hatte nun das Feld frei. Ich kann nicht sagen, daß ich mich über das Blutbad entsetzt oder daß mich inmitten der Leichen Grausen ergriffen hätte, ich durstete nach dem Gelde des Müllers und hoffte auf eine reiche Ernte. Ohne Zeit zu verlieren, durchsuchte ich den Kasten mit Wäsche, der in der Magdkammer stand, dann das Schlafzimmer Baumgarts und die Wohnstube; in einer Kommode, die ich erbrach, fand ich zwei Beutel mit Geld, diese und einen Kalender steckte ich zu mir, die Kleider und Wäschestücke ließ ich liegen, wie ich sie herausgezogen und durcheinandergeworfen hatte. Den Rückweg nahm ich durch die Hoftür und um das Haus herum nach der Straße. Hier überlegte ich mir, daß ich gewiß nicht gründlich genug gesucht hatte und am Ende noch mehr Geld finden würde. Ich kehrte nochmals um und entdeckte wirklich in jener Kommode noch einen dritten Beutel voll Geld. Vor dem Hoftor zog ich meine Stiefel wieder an und eilte, da der Morgen schon zu dämmern anfing, mit möglichster Schnelligkeit nach dem Försterhause, wo ich den geraubten Schatz hervorholte und mich an dem Anblick des Geldes erfreute. Ich hatte übrigens nicht mehr als dreißig Taler erbeutet.

      Ergänzend muß ich noch bemerken, daß ich mich auch in Chursdorf an den Leichen der Müllerin und der Dienstmagd vergangen habe. Ich ließ mir diesen Lohn niemals entgehen, wenn ich ein Weib ermordet hatte.

      Mein Bruder Martin hat mir in keiner Weise Beihilfe geleistet, er ist nicht mit in der Mühle gewesen und weiß von der ganzen Sache nichts, vielmehr habe ich allein den Plan erdacht und allein den Überfall ausgeführt. Einige Tage vorher besuchte ich meinen Bruder zwar in Schönow, sagte ihm aber nichts von meinem Vorhaben; in der Nacht nachher ging ich wieder zu ihm und schenkte ihm sechzehn Taler und eine Flasche Rum. Von Schönow begab ich mich in meine Höhle. Das Beil, das mir als Mordwerkzeug gedient hat, ist später dort in Beschlag genommen worden. Wenn man mir vorhält, daß an dreien meiner Beile Blutflecke und Menschenhaare entdeckt und auch an einem Beile meines Bruders Blutspuren und Fasern wie von der Nachthaube und dem Kopfkissen der Frau Baumgart gefunden worden sein sollen, so kann ich das nicht aufklären. Ich wiederhole, daß ich keinen Mitschuldigen und nur ein einziges Beil benutzt habe.

      Am Freitag nach dem Morde, am 17. Mai, mußte ich meine mit so unendlicher Mühe angelegte Wohnung verlassen, weil mich zwei Bauern, deren Herankommen ich überhört hatte, aus der Höhle emportauchen sahen. Das war der härteste Schlag, der mich treffen konnte, ich flüchtete mit meinem unter den Rock geknöpften Gewehr in den Wald und teilte in der folgenden Nacht meinem Bruder mit, was mir passiert war. Wir nahmen auf unbestimmte Zeit Abschied voneinander, denn so viel war uns beiden klar, daß ich nicht in der Nähe bleiben durfte. Ich ging zunächst nach dem Dammschen Forst und nach einem Rasttage weiter bis Stettin. Ich kehrte in der Vorstadt jenseits der Oder in mehreren Schenklokalen ein und lebte lustig und guter Dinge. Unter anderem beteiligte ich mich auch an einem öffentlichen Tanzvergnügen, bei dem ich viel Geld draufgehen ließ und mich tüchtig betrank. In nicht geringe Verlegenheit geriet ich, als mir die Füße den Dienst versagten und etliche der Anwesenden, die mich nach Hause bringen wollten, nach meinem Namen und nach meiner Wohnung fragten. Ich bat, man sollte mich nur ruhig im Saale liegen lassen, schlief ein und wendete der Stadt Stettin am anderen Morgen schleunigst den Rücken. Da ich kein Geld mehr besaß, war ich genötigt, mich von neuem aufs Stehlen zu legen. Ich baute mir in der Nähe von Kolbatz im Walde eine Laubhütte und unternahm von da aus Raubzüge in die nächsten Dörfer. Freilich sagte ich mir, daß ich hier nicht lange unentdeckt hausen würde, indes konnte sich kein Mensch nähern, ohne daß ich ihn sah, auf jeden Fall war also meine Flucht gesichert.

      Wirklich wurde ich bald von einem Manne, der Gras in der Heide schnitt, vertrieben und gelangte spät abends am 22. Juli nach Neuendorf. In einem Zimmer des Gutsgebäudes war Licht, am Tische saß ein schlafendes Mädchen, das mir die Wirtschafterin zu sein schien. Rasch entschlossen zu Mord und Raub, trat ich durch die offenen Türen in den Hausflur und in das Zimmer, schlug die Frauensperson mit einem Hammer auf den Kopf und schnürte ihr den Hals zu. Sie leistete jedoch heftigen Widerstand und erhob ein durchdringendes Geschrei, ich erschrak und zog unverrichteter Sache ab.

      Nun wanderte ich über Neustadt-Eberswalde in die Lauenburger Waldung. Ich nahm mir vor, den von Berlin heimkehrenden Fuhrleuten aufzulauern, wie ich es schon in früheren Jahren getan hatte. In der Nacht vom 21. zum 22. August lag ich mit geladenem Gewehr an der Chaussee zwischen Tiefensee und Heckelberg, als ein Planwagen, nur mit einem Pferde bespannt, dahergerollt kam. Ich ließ ihn vorüber, schlich dann leise nach, hob vorsichtig von hinten die Plane auf und sah, daß der Fuhrmann allein darin saß. Ich legte meinen Stutzen auf den Wagenkorb auf, zielte nach dem Kopfe und drückte ab. Die Kugel war tödlich; schleunigst fiel ich dem Pferde in die Zügel und lenkte den Wagen seitwärts in den Wald. Der Fuhrmann regte sich nicht mehr, ich schnallte ihm die Geldkatze ab, in der ich zweiundvierzig Taler fand, nahm die silberne Taschenuhr mit, vergrub die leere Geldkatze und entfernte mich.

      Ich wollte nun nach Frankfurt an der Oder und von dort mit der Eisenbahn weiter reisen. Wohin, hatte ich mir noch nicht überlegt, das sollte von den Umstanden abhängen. In Müncheberg traf ich lustige Gesellschaft; ich gesellte mich dazu und verlebte den ganzen Tag vor meiner Verhaftung in Herrlichkeit und Freuden, Ich war schon oft daran gewesen, meine Freiheit einzubüßen, und doch immer glücklich davongekommen. Mehreremal waren Leute an meinem Lager im Walde vorübergegangen, ohne es zu entdecken; wenn die Polizei und die aufgebotenen Gemeinden Jagd auf mich machten, lag ich bisweilen unter Strauchwerk versteckt und sah meine Verfolger an mir vorüberziehen, ja, einmal war ich im Hause eines befreundeten Tagelöhners sogar erkannt worden und wurde doch nicht ergriffen. In dem Hausflur stand eine Tonne von ziemlicher Größe, in der eine Henne brütete. Da man das Haus umstellt hatte, stieg