einmal an zu springen und zu jauchzen, und lief auf sie zu.
Achtes Kapitel.
Schon Heuchlerin?
Sie erschrack, sprang auf und kam mir entgegen. Ihre kleinen Wangen wurden über und über roth.
»Kömmst Du schon Moriz? Ist es denn schon um drey?«
Noch nicht, aber es wird bald schlagen!
»Hast Du nach der Uhr gesehen, oder hast Du es schlagen hören?«
Nein!
»Nun, woher weißt Du es denn?«
I, i, i, – es muß wohl noch nicht geschlagen haben. – Wir wollen noch ein bischen spielen, eh es drey schlägt. Nicht wahr, Malchen?
»Wir allein?«
Warum nicht?
»Wenn Louise, oder mein Bruder da wäre – Aber so – was wollen wir denn beyde allein anfangen?«
Ein bischen abjagen!
»Nein, ich habe heute keine rechte Lust zu laufen!«
Klettern!
»Vollends nicht! Weißt Du 'was, wir wollen uns hier ins Gras setzen und Blumen pflücken. Aber Du magst nicht gerne sitzen!«
Sehn Sie? (ich setzte mich rasch nieder)
»Au! (ich sprang eben so rasch wieder auf) O, weh!«
Was denn, was denn?
»Du hast Dich auf meinen Kranz gesetzt. Ich habe mir so viel Mühe damit gegeben! Nun hast Du ihn zu Schanden gedrückt!«
Liebes, liebes Malchen, ich hab' es nicht gerne gethan!
»Ja, man müßte Dich nicht kennen!« (sie sah böse aus)
Wahrhaftig nicht, liebes Malchen! Soll ich schwören? (sie wandte sich lächelnd um, ich nahm sie bey der Hand) Sind Sie noch böse?
»Ja!«
Aber Sie lachen doch!
»Wer? Ich? (sie stellte sich ernsthaft) Das Lachen ist mir nicht so nahe!«
Sie platzte auf einmal in ein helles Gelächter aus, und ich stimmte mit ein, und wälzte mich im Grase umher. Sie setzte sich.
»Louise würde sich recht über den Kranz gefreuet haben,« sagte sie, »wenn Du ihn nicht verdorben hättest. Nun darf ich ihn ihr nicht einmal anbieten. Sieh hier – hier fehlt eine Blume – da hat er eine zerknickt – die hier, hängt nur noch – Ach! ich will auch in meinem Leben nichts mehr machen, wenn ich weiß, daß Du nicht weit bist!«
Liebes, liebes Malchen, nicht mehr thun!
»Ja, dann denkt er, damit ists ausgemacht!«
Flechten Sie der Louise einen andern und geben –
Ich machte mit Augen und Händen eine Bewegung, daß sie ihn mir geben sollte.
»Ey, ja doch! Nein, nein!«
Bitte, bitte recht schön!
»Nichts!«
Ich fühlte eine kleine Regung von Unwillen in mir aufsteigen, denn ich hatte doch deutlich gehört, daß der Kranz für mich geflochten war.
Wollen Sie nicht?
»Nein!«
Nun, so lassen Sie's bleiben!
»Das will ich auch!«
Ich pflücke mir selbst Blumen und flechte mir einen.
»Du kannst es doch nicht so hübsch, wie ich!«
Spaß!
»Aber solche hübsche Blumen wie diese, wirst Du doch nicht finden!«
Hm! wo diese gestanden haben, stehen mehr!
Ich entfernte mich einige Schritte von ihr, setzte mich nieder und pflückte, was mir unter die Hände kam. Sie sah ein paarmal verstohlen nach mir her und besserte immerfort an dem zerdrückten Kranze. Nach einer kleinen Pause sagte sie zu mir:
»Steht nicht da bey Dir ein Tausendschönchen?«
So erbittert ich war, so rasch und willig drehete ich mich um, und sah nach einem Tausendschönchen. Ich fand eins, pflückt' es und bracht' es ihr, ohne eine Sylbe zu sagen.
»Ich danke Dir, Moriz! Siehst Du, hier fehlt es!«
So?
Ich ging stillschweigend fort und setzte mich wieder an meinen alten Platz. Sie machte sich sehr viel mit dem Kranze zu schaffen; im Grunde besserte sie aber nichts daran, konnte auch nichts daran bessern, denn er war nicht im mindesten beschädigt. Nach einer kleinen Weile fing sie wieder an:
»Ach, Morizchen, nur noch eins!«
Ich stand brummend auf, und pflückt' es. Das Morizchen that mir unendlich sanft, aber mein Verdruß ließ nicht zu, daß ich es mir eingestund.
Da ist es, Malchen.
In dem Augenblicke schlug es drey. Sie sprang auf, faßte mit ihrer Linken meine Rechte, und mit ihrer Rechten setzte sie mir in vollem Laufe, den Kranz auf den Kopf. So jagten wir völlig versöhnt auf das Schloß zu.
Neuntes Kapitel.
Das Liebespfand.
Wir rauschten in die Stube hinein, wo wir den Magister Fink, den jungen Herrn, und Fräulein Louisen schon antrafen.
»Man gehe hübsch sachte auf ein andermal,« sagte der Magister, »man könnte fallen. Ueberhaupt aber schickt es sich nicht, wenn man in ein Zimmer gleichsam hereinbrauset, um so weniger, da ich diese Stunde unserer allerheiligsten Religion gewidmet habe. Man nehme die Katechismos!«
Wir setzten uns lachend zu den Andern und thaten, als wenn wir von der Strafpredigt nichts hörten.
»Monsieur Ernst, wo hat man seinen Katechismum?«
Ich hab' ihn vergessen!
»Proh Deum, über die unerhörte negligentiam!«
Ich kann ja mit in Malchens Buch sehen!
»Man mache sich keine Hoffnung! – Aber – was erblicke ich! – einen Kranz? Man nehme hurtig den Kranz vom Kopfe, man würde nur die Andern in ihrem Fleiße stören!«
Bitte, Herr Magister!
»Man bitte hin und bitte her – man wird nichts damit ausrichten. Man nehme hurtig den Kranz vom Kopfe!«
Ich will recht stille seyn, liebster Herr Magister!
»Nun ist man der liebste Herr Magister! Man mache sich keine Hoffnung, ihn mit Schmeicheleyen auf seine Seite zu bringen.«
Liebster, bester Herr Magister!
»Nun, wird es bald? Ich sehe wohl, man muß nicht anstehen, ihm den Kranz mit eignen Händen herunter zu reißen!«
Ich sprang auf und lief zur Thür.
»O, Herr Magister,« riefen Malchen und Louise zugleich, »lassen Sie ihm doch den Kranz!«
Man halte das Maul! sagte Fink zornig.
Malchen und Louise hielten sich mit beyden Händen den Mund zu.
Bey dem Lärmen kann man auch gar nichts lernen! brummte der junge Herr, machte sein Buch zu und schob es von sich. Als Fink sahe, daß