Walter Serner

Die tückische Straße (19 Krimis)


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       Walter Serner

      Die tückische Straße (19 Krimis)

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      2017 OK Publishing

      ISBN 978-80-272-0449-6

      Inhaltsverzeichnis

       The mistery of Tottenham Court Road

       Las Tortilleras

       Das Rendez-vous mit dem Goldzahn

       Die Clincher Box

       Narziss

       Die verhängnisvolle Camel

       Das Loch in der Weste

       Übersee

       Wong Fun

       Auf dem Rummelplatz

       Im Hotel Fleißig

       Diluvialzeit

       Homingmans schönste Komposition

       Das Fest in der Via Alfeo

       Irma

       Deiters Putsch

       Das denkwürdige Gespräch

       Messalina – eine ...

       Psycho-Dancing

      The mistery of Tottenham Court Road

       Inhaltsverzeichnis

      Als Jabert in Shearns Hotel auf dem Tottenham Court Road eintrat, war niemand zu sehen. Nachdem er seinen Koffer in das Zimmer getragen hatte, in dem er schon zweimal übernachtet war, ging er in das W.C, in dessen Tür er auf einen jungen Mann in einer Ärmelweste stieß, der von seltener, beinahe unwirklicher Schönheit war, aber einen dermaßen bösen Zug um den Mund hatte, daß er sich wunderte, ihn so offen zur Schau getragen zu sehen.

      Obwohl es erst sieben Uhr abends war, ging Jabert sogleich zu Bett. Er hatte in Devonshire den kompliziertesten Kassenschrank seiner Karriere bewältigt und schlief, übernächtigt, augenblicks ein. Als er gegen fünf Uhr morgens erwachte, hörte er ein schleifendes Geräusch auf dem Korridor. Unwillkürlich dachte er an den schönen jungen Mann vom vergangenen Abend. Der Plan, ihm einen Besuch zu machen, war kaum erwogen, als Jabert auch schon entschlossen war, in sein Zimmer einzudringen. Mit dem Erforderlichen versehen, schlich er sich auf den Strümpfen vor das W.C, um die Richtung zu rekonstruieren, in welcher der junge Mann gegangen war. Daselbst befanden sich nur zwei Zimmertüren, deren erste er mit drei Stichen öffnete. Das Zimmer war unbesetzt; das zweite unversperrt, das Bett unberührt. Schon wollte er sich zurückziehen, als das Licht seiner Taschenlampe zufällig das Fenster streifte. Er zuckte zusammen: sah er recht …? Hing da nicht …? Ja, dort am Fenster hing ein Mann, hatte sich einer aufgehenkt.

      Jabert drehte das Licht an und den Körper des Toten sich zu, um den abgewandt hängenden Kopf sehen zu können. Er erblickte, was er eigentlich schon gewußt hatte: das Gesicht des schönen jungen Mannes mit dem bösen Zug um die Lippen, den der Tod in einen abschreckend häßlichen verwandelt hatte. Jabert öffnete die Hose des Toten, um festzustellen, ob Selbstmord vorlag. Das untrügliche Zeichen fehlte. Im selben Augenblick vernahm er vom Korridor her dasselbe schleifende Geräusch. Sofort kroch er unters Bett. Einige Sekunden später spürte er einen schwachen Luftzug: die Tür war geöffnet worden. Da entdeckte er neben dem Fenster eine Frau, die, nur mit dem Hemd bekleidet, auf dem Fußboden lag. Und fast gleichzeitig hörte er die Stimme eines Mannes:

      »Jo. Die Hauptsache wäre also jetzt besorgt. Wenn sie morgen den Bender da am Fenster hängen sehen und diesen Crack daliegen…«

      Jabert sah, wie zwei Finger den Busen der Frau auf dem Fußboden betasteten und sie mit einer rohen Bewegung auf den Rücken rissen. Er war durch sein Leben hart geworden, der Anblick dieser Hände aber ließ ihn dennoch erzittern. Da hörte er jene Stimme wieder:

      »… werden sie glauben, daß er nach seinen zwanzig Schnicks das Delirium bekommen hat und wie sie ihn hängen sah, hat sie sich vor Schreck hingelegt. Oder sie werden nach der Rauferei …«

      »Aber woher hast du ihn denn überhaupt?« Eine hellere Stimme sprach diese Worte.

      »Er hat mir mal einen Gang vershackelt.«

      »Du hast ihn doch nicht …«

      »Hoho … Schwer wars nur, ihn bis daher zu dreideln. Gebaumelt hat er dann schneller, als’n Hund läuft.«

      »Du hast ihn … meinetwegen …?«

      »Garn, garn! Ich hätte dich also mit dieser Irishbeauty da auffliegen lassen sollen?«

      »Ich weiß schon, daß die vom Gericht nichts glauben. Aber ich …«

      »Dear me, ist das ein Doodle! Und wenn du mit Engelszungen geflötet hättest, nach vier Wochen wärst du in die Schlinge gestiegen.«

      »Aber die da …? Was ist mit ihr?«

      »Diese Foozle? Die hab ich … No, Willy, ich bin nicht da, um dich vor dir zu entschuldigen.«

      »Und wo ist denn nur Blossie hin?«

      »Up! Zum letzten Mal! Gestern hast du mit den beiden Colts, mit Blossie und mir unten gesoffen. Um zwölf bist du mit ihr losgegangen. Um zwei Uhr war sie wieder unten. Und wie ich um vier bei dir anklopfe, ist Licht und ne tote Frau auf dem Teppich … Hollah, was … Weißt du noch, ob das Licht …«

      »Ob das Licht …?«

      »Ich hab das Licht abgedreht, wie ich raus bin.«

      »Ich erinnere mich. Du hast abgedreht.«

      »Gemini! Es hat aber gebrannt, wie wir zurückgekommen sind. Tsss!«

      Lautlos zog Jabert seinen Browning, schob sich nach hinten und zwängte sich eben zwischen Bett und Wand hoch, als er die hellere Stimme flüstern hörte, ob jemand da sei. Da wußte er, daß der andere unters Bett gekrochen war und jeden Augenblick seine Füße sehen konnte. Schnell hob er den Kopf: zwei Schritte vor ihm bewegte sich der Rücken eines Mannes.