Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker)


Скачать книгу

Pfund Sterling zu zahlen. Na, die hatte ich ja sicher noch an Bord. Der Kerl staunte nicht schlecht, als ich sagte, er solle nur gleich mit Schaufel und Ledersäcken kommen!

      Und drei Wochen später würde ich 15 000 Pfund daran verdient haben, 100 000 Taler, und das ist doch gewiß, wie Karlemann sagte, ein hübscher Feng Geld.

      Dann fand ich auch gleich noch einen anderen Makler, der mir für 400 Pfund Sterling ebensoviele Tonnen Kohlen abnahm. Als aber das Geschäft nun schon perfekt geworden, da bot mir der Kerl einen Dreimonatswechsel an, und dabei hatte ich, eigentlich mir ganz unbewußt, schon unterschrieben, daß ich die Kohlen auf meine Kosten an Land befördern müsse.

      Aber was ich denn wolle, der Wechsel sei doch so gut wie bares Geld, ich könne ihn sofort bei jedem Bankier umsetzen … na, kurz und gut, man machte mich unschuldigen Jüngling, auf gut deutsch gesagt, mit schönen Redensarten besoffen, ich quittierte und steckte den Wechsel zusammengefaltet in die Westentasche.

      Ich mußte ja noch mindestens 40 000 Pfund an Bord haben, der Ueberschuß reichte schon zur Versicherung der Baumwolle; denn anders wollte ich es doch lieber nicht machen, und vor meinen geistigen Augen sah ich immer den ganzen Meeresboden mit Gold und Diamanten bedeckt – mit meinem Gold und meinen Diamanten. Uns konnte doch gar nichts entgehen.

      Während schon die Kohlen ausgeladen wurden und in die großen Boote hineinprasselten, zählten wir in Gegenwart des Maklers auf dem großen Tische in der Kajüte die 36 700 Goldstücke auf.

      Herr du meine Güte, war das eine Arbeit!

      Zwei Kohlenzieher schleppten das Gold heran, drei Mann mußten immer auf dem großen Tische von den Goldstücken drei Quadratmeter große Karrees bilden. Der Makler, der das Gold immer in die Ledersäcke strich, hatte es am leichtesten.

      Na, wenn ich daran zurückdenke! Wie das dabei zuging! Ich bin fest überzeugt, daß der Makler manches Goldstück ungezählt mit einstrich, ich konnte nicht einmal verhindern, daß die beiden Arbeiter, die er mitgebracht, manchmal ihre Pfoten in das noch ungezählte Gold steckten.

      Aber egal, nur immer fort damit! Wir hatten ja noch genug von dem Zeug. Für mich wurden die Goldfüchse überhaupt immer mehr zu wertlosen Zahlmünzen.

      Wenn meine Striche im Notizbuch stimmten, so waren schon 25 000 Stücke aufgezählt worden, und der Goldvorrat neigte sich in beängstigender Weise dem Ende zu.

      »Blodwen, sind’s denn auch wirklich noch 40 000 gewesen?«

      »Nu sicher,« war ihre vergnügte Antwort.

      »Mir kommt es aber doch fast vor, als ob … als ob … « ich hob schnüffelnd die Nase in die Luft, »als ob es hier recht brenzlich röche.«

      »Du, Richard, ich merk’s auch – das riecht hier recht – recht nach – nach – nach … «

      »Nach verbrennter Boomwoll,« ergänzte der Bootsmann.

      »Feuer! Feueeer!!!« erscholl da auch schon der Ruf, und wir hätten gleich die Lampe auspusten können, so hell wurde es plötzlich in der Kajüte. »Die Hafenschuppen brennen!!«

      Na, ich will mich kurz fassen. Hier bezahlte ich die Baumwolle, und drüben verbrannte sie. Unversichert.

      »30 000,« sagte der Makler und schaufelte wieder ein Quadrat ein.

      Ja, was sollte ich tun? Ich konnte doch dieses Feuer nicht ausspucken. Das ganze Magazin brannte.

s405

      Und wie ich mich noch so hinter den Ohren kratze, bekommt Blodwen plötzlich den Lachkrampf. Und nicht vor Aerger, kein nervöser. Nein, sie lachte aus Herzensgrunde, wie ich sie noch nie hatte lachen hören, sie wälzte sich auf dem Sofa. Und schließlich mußte ich selber mitlachen.

      Aber bald wurde ich wieder ernst.

      »30 000 Pfund,« sagte der Makler nochmals und hatte seine schmierigen Pfoten schon wieder zum Einkratzen bereit.

      Und in dem Eisenkasten, den die Kohlenzieher immer hereinschleiften, befanden sich nur noch wenige Goldfüchse.

      »Na, vorwärts, Jungen, heran mit einem neuen Kasten!«

      »Is nix mehr da, Käpt’n.«

      Ich bekam einen kleinen Hexenschuß. Aber es konnte ja gar nicht möglich sein.

      »Auf der Steuerbordseite.«

      »Der Kasten ist leer.«

      »Unter der Koje auf Backbord steht auch noch einer.«

      »Den haben wir zuerst leer gemacht.«

      »Ach, Unsinn!«

      »Weiß Gott, Käpt’n, is gar nix mehr da.«

      Von dem Hexenschuß etwas kreuzlahm, begab ich mich in unsere Kabine, in welcher wir das letzte Geld aufbewahrt hatten, in langen, eisernen Kästen, die sich unter je einer Koje befanden, mit Kissen gepolstert.

      Die Heizer hatten beide Kästen hervorgeschoben – beide waren leer. Das war ein Faktum. Ein Verdacht gegen die beiden Leute konnte in mir gar nicht auftauchen, und daß ich so in die verödeten Geldkisten stierte, hatte auch keinen Zweck.

      »Können wir uns denn wirklich so verzählt haben?« fragte da Blodwen, die mir gefolgt war.

      »Verzählt? Bei dem Makler dürfte es ungefähr stimmen.«

      »Ich meine so verzählt mit unseren 40 000 Pfund?«

      »Ja, hattest du sie denn gezählt?«

      »Ich nicht, du?«

      »Nee, ich ooch nicht.«

      »Aber es müssen doch noch 40 000 gewesen sein.«

      »Woher weißt du das?«

      »Ich denke nur so.«

      Ja, ich dachte auch nur so. Das zeigt wohl zur Genüge, wie es bei uns zuging.

      »Es können doch weniger gewesen sein,« meinte dann Blodwen kleinlaut, »wir haben manchmal hineingegriffen.«

      Ja, das hatte ich allerdings getan, ohne jemals nachzuzählen. Aber gleich eine Differenz von 6000 Pfund …

      »Müssen wir denn die Baumwolle wirklich bezahlen, wo doch nun sicher alles verbrennt?«

      In dieser Beziehung hatte ich Lebenserfahrung genug, um ihr erklären zu können, daß wir hier unbedingt zu zahlen hatten, da half uns nun kein Schwanzwedeln und gar nichts.

      »Halt,« rief da Blodwen, »ich habe ja hier noch ein Säckchen!«

      Das Säckchen war ein ganz ansehnlicher Sack, fast tausend Goldstücke enthaltend, den sie unter einer Matratze zum Vorschein brachte.

      Das war schon etwas, und nun kam uns zum Bewußtsein, daß wir noch längst nicht verloren waren, Blodwen visitierte ihren Schreibtisch und ich meinen Geldschrank und andere Schubladen, und so brachten wir noch 4000 Pfund zusammen, meist Papier, so daß uns jetzt nur noch rund tausend Pfund fehlten.

      Dann untersuchten wir die Taschen unserer verschiedenen Kleider und verminderten das Defizit immer mehr; denn überall kam noch etwas zum Vorschein. Dann legte ich mich, von einer Ahnung erfüllt, auf den Bauch und kratzte unter den Kojen mit einem Besen, und als ich wirklich einige Goldfüchse zum Vorschein brachte, fing auch Blodwen unter den anderen Möbeln zu stochern an, zeitigte auch wirklich einiges Geld, und zwar meist Goldstücke, zutage, die sich bei unserem Hantieren mit dem schnöden Mammon dort unten verkrümelt hatten.

      Richtig, es war eine ganz erkleckliche Anzahl von Goldfüchsen, welche auf diese Weise noch zum Vorschein kamen; aus einem Rockfutter schnitt ich noch zwei solcher roten Dinger und noch einen Schilling und zwei Pence extra heraus. Dann aber hatten sich unsere bisher unbewußten Kassen auch vollkommen erschöpft, nirgends mehr wollte sich etwas finden lassen, ich fingerte schon in den Westentaschen herum, von denen die rechte noch immer meinen silbernen Zahnstocher barg, während in der linken »Ach, Blodwen,