Patricia Vandenberg

Dr. Norden Staffel 8 – Arztroman


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machen.«

      Stella erschrak. Sie hatte nicht damit gerechnet, ernsthaft verletzt zu sein.

      »Wie ist das möglich? So schlimm war der Sturz nun auch wieder nicht.«

      »Aber leider auch nicht so harmlos wie gedacht.« Nachdem er die Bilder gespeichert hatte, reichte er ihr ein Papiertuch, damit sie das Gel abwischen konnte.

      Stella Baumann dachte kurz nach und seufzte endlich ergeben.

      »Dann bringen wir es hinter uns«, forderte sie Danny auf.

      Zu ihrer Verwunderung schüttelte er den Kopf.

      »Tut mir leid. Aber ein CT ist hier nicht rentabel. Dazu muss ich Sie in die Behnisch-Klinik schicken.«

      Augenblicklich verzog sich Stellas hübsches Gesicht.

      »War ja klar, dass ich aus der Nummer nicht mehr so schnell rauskomme.« Sie musterte Danny aus schmalen Augen. »Wie viel Provision bekommen Sie, wenn Sie einen Patienten an die Klinik weiterreichen?«, fragte sie bitter.

      »Entschuldigen Sie mal. Ich habe Sie lediglich untersucht und meine Meinung kundgetan«, wehrte sich Danny energisch gegen diesen Verdacht.

      Sein schroffer Ton brachte sie zur Vernunft.

      »Tut mir leid!« Ihre Züge wurden weicher. »Es ist nur so, dass ich es ein bisschen eilig habe.« Sie warf das Papiertuch in den Abfall und zog das Sportshirt herunter, über dem sie eine Trainingsjacke trug. »Ich muss nämlich beruflich ins Ausland. Deshalb würde ich gern wissen, worauf ich mich zeitlich einstellen muss.«

      Doch so leicht war Danny nicht umzustimmen. Er legte den Ultraschallkopf wieder in den Halter, stellte die Gel-Flasche an ihren Platz zurück und riss den Papierstreifen mit den Bildern ab, um ihn in die Patientenakte zu legen.

      »Zu diesem frühen Zeitpunkt kann ich mich leider noch nicht festlegen«, erwiderte er knapp.

      Stella verdrehte die Augen. Sie ärgerte sich darüber, dass sich der Arzt nicht von ihrem treuherzigen Blick versöhnlich stimmen ließ.

      »Meine Güte! Sind Sie immer so gesprächig?« Trotz der Schmerzen, die wieder aufflammten, rutschte sie von der Liege. Sie stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihn feindselig an.

      Diesmal verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Danny lächelte.

      »Naja, nicht immer!«, witzelte er und ging zu dem kleinen Tisch in der Ecke, auf dem ein Telefon stand. Sein erwartungsvoller Blick ruhte auf Stella Baumann. »Also, was ist?« Er hielt den Hörer hoch. »Soll ich einen Termin ausmachen?«

      »Sieht so aus, als hätte ich keine Wahl.« Sie zuckte mit den Schultern und sah Danny Norden dabei zu, wie er die Nummer der Klinik wählte.

      *

      Nach und nach löste sich die Menschentraube auf. Die Studiobesucher kehrten an die Geräte zurück. Einen Moment lang blieb Moritz Baumann im Gang stehen und starrte auf die Tür, durch die seine Schwester mit dem Arzt verschwunden war.

      »Wollen Sie hier Wurzeln schlagen oder nehmen Sie meine Herausforderung an?«

      Er drehte sich zu Tatjana um, die es sich anders überlegt hatte und zu ihm zurückgekehrt war. Dannys Flirt schrie nach Vergeltung. Dieses Benehmen konnte sie auf keinen Fall einfach so auf sich sitzen lassen.

      »Also? Was ist?« Aus geheimnisvoll dunkelblauen Augen blitzte sie Moritz an.

      »Ehrlich gesagt habe ich keine Lust mehr auf Training«, gestand er, obwohl das Angebot verlockend war. In ihrem bauchfreien Sportdress sah die junge Frau wie der Sündenfall persönlich aus. »Ich würde gern wissen, was mit meiner Schwester ist.«

      »Aber sie will Sie offenbar nicht an ihrem Schicksal teilhaben lassen«, gab Tatjana zu bedenken.

      Moritz seufzte.

      »Da haben Sie allerdings recht.« Missmutig starrte er vor sich hin.

      »Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.« Sie wollte sich umdrehen, als er sie zurückhielt.

      »Halt, wo wollen Sie hin?«

      »Wenn Sie nach Hause fahren und mein Sparringspartner auch weg ist, trainiere ich eben allein.«

      »Ich kann jetzt unmöglich heimgehen. Dort fällt mir die Decke auf den Kopf«, erklärte Moritz. »Kann ich Sie dazu überreden, auf das Training zu verzichten und stattdessen einen Drink an der Bar mit mir zu nehmen?«

      Dieses Angebot klang verlockender, als es war.

      Tatjana lachte.

      »Sie waren noch nicht oft hier, was?«, sagte sie ihm auf den Kopf zu. »Sonst wüssten Sie, dass es an der Fitness-Bar nur Eiweißshakes und isotonische Gesundheitscocktails gibt. Nomen est Omen!«

      »In Ihrer Gesellschaft ist mit Sicherheit sogar ein Gemüsesmoothie köstlich.« Moritz sah Tatjana bittend an. »Also was ist? Tun Sie mir den Gefallen?«

      Im Normalfall hätte Tatjana ein derart plumpes Kompliment mit einem Lachanfall quittiert. Doch der Ärger über Danny änderte alles.

      »Wie könnte ich jetzt noch nein sagen?« Sie hängte sich bei ihm ein, um mit ihm hinüber an die Bar zu schlendern. »Sind Sie schon lange in der Stadt? Ich hab Sie noch nie hier im Studio gesehen«, fragte sie im Plauderton.

      »Seit knapp einem Jahr. Aber ehrlich gesagt sind Stella und ich schon wieder auf dem Absprung.« Moritz wartete, bis sich Tatjana auf einen Barhocker geschwungen hatte. Erst dann setzte auch er sich. Sie bestellte einen grünen Smoothie, während sich Moritz für einen Vanille-Eiweißshake entschied.

      »Sie arbeiten zusammen?«, fragte sie dann.

      »Nicht nur das. Zufälligerweise haben wir sogar den gleichen Job«, gab Moritz bereitwillig Auskunft. »Wir haben beide Tourismusmanagement studiert und nach vielen Stationen jetzt die Chance, gemeinsam ein First-Class-Hotel in Dubai zu übernehmen. Das ist ein so ehrgeiziges Projekt, dass explizit zwei Manager gesucht wurden, was ja eher selten vorkommt. Aufgrund unserer Erfahrung als Team waren Stella und ich die erste Wahl«, berichtete Moritz voller Stolz. Er nippte an seinem weißen Shake und verzog das Gesicht.

      Tatjana bemerkte es nicht. Ihre Gedanken waren davongeflogen. In eine andere Zeit, zu einem anderen Ort.

      »Dubai.« Dieser Name war Musik in ihren Ohren. »Ich habe mit meinem Vater viel Zeit im Orient verbracht. Am liebsten denke ich an die Souks zurück, die Märkte, auf denen man alles kaufen kann, was das Herz begehrt. Und noch viel mehr.« In schillernden Farben erzählte sie von den Gewürzfrauen, die ihre aromatische Ware in großen Säcken feilboten. Sie beschrieb die Teppichhändler, die bei einem Glas Chai – heißem, schwarzem, stark gesüßtem Tee – Geschäfte machten. Sie berichtete von Gauklern und Marktschreiern, von Bettelkindern und Geschäften voller Gold- und Silberschmuck.

      Moritz lauschte fasziniert. Auch er hatte viel von Afrika gesehen und in Marokko einen Eindruck der bunten Vielfalt bekommen. Doch keinesfalls hätte er solche Bilder erfinden können, wie Tatjana sie vor seinem geistigen Auge malte. »Niemals werde ich diese warmen, arabischen Nächte vergessen, voller Duft und Musik und Stimmen. Diese einzigartige Atmosphäre muss man selbst erlebt haben.« Langsam tauchte sie aus ihren Erinnerungen auf und sah Moritz aus verträumten Augen an. »Jetzt, da ich versuche, Ihnen die Stimmung zu beschreiben, kommt mir jedes Wort unzureichend vor.«

      Fasziniert von ihrer Ausstrahlung und der Intensität ihres Berichts hatte Moritz schweigend zugehört.

      »Das sehen Sie falsch. Sie haben das Zeug zur Erzählerin. Ich habe das Gefühl, als wäre ich schon selbst dort gewesen.« Seine Bewunderung war echt.

      In ihrer Verwirrung sah Tatjana so verführerisch aus, dass er sie am liebsten geküsst hätte. Natürlich tat er es nicht. Er wusste, was sich gehörte. Endlich bemerkte sie das Verlangen in seinen Augen und lachte verlegen.

      »Jetzt hab ich die ganze Zeit nur von mir gesprochen.« Bevor er protestieren konnte, fuhr sie fort. »Bitte erzählen Sie mir was von sich.