Bewohner und mit der Ueberzeugung zurück, daß sich hier England für die Erweiterung seines Handels als auch der Kultur ein weites und günstiges Feld eröffne. Einer von Salt’s Begleitern, Pearce, blieb am Hofe des Ras zurück. Dieser ersten Reise folgte bald darauf, gegen das Jahr 1814, nachdem Salt’s Gönner, Lord Valentia, in den Pairsstand erhoben worden war, eine zweite Gesandtschaft unter Salt’s eigener Führerschaft. Diese hatte den Erfolg, daß das gute Vernehmen zwischen England und dem alten Ras gestärkt und durch Pearce’s längeren Aufenthalt die Bekanntschaft mit Abessinien vermehrt wurde. Wieder traten nun politische Wirren in Tigrié ein, welche England die Lust benahmen, weiter in die Angelegenheiten des Landes einzugreifen, bis im Jahre 1841 Kapitän Harris nach Schoa ging und jene politische Mission ausführte, von welcher wir eine ausführliche Schilderung weiter unten nach dessen 1844 zu London erschienenem dreibändigen Werke „The highlands of Aethiopia“ mittheilen.
Es konnte nicht fehlen, daß bei den merkwürdigen Sagen, die über Abessinien umgingen, und bei der Unbekanntschaft, die über dessen Volk und Natur noch herrschten, auch die Deutschen ihren Antheil an der näheren Erschließung des Landes nahmen, nachdem Ludolf mit so gutem Beispiele, wenn auch nur theoretisch, vorangegangen war. Den Reigen eröffneten zwei der besten deutschen Naturforscher: W. F. Hemprich und C. G. Ehrenberg, welche schon früher Nubien durchzogen hatten und nun, von der preußischen Regierung unterstützt, das Rothe Meer besuchten. Von Massaua aus durchwanderte Hemprich die Küstengebirge, während Ehrenberg nach den heißen Quellen von Eilat zog. Nach Massaua zurückgekehrt, traf ihn der harte Verlust, am 30. Juni 1825 seinen Begleiter Hemprich dem Fieber erliegen zu sehen. Trotzdem war die naturgeschichtliche Ausbeute der Expedition ungemein reich, da nicht nur eine Menge ganz neuer Thierformen entdeckt, sondern auch in den Oscillatorien, Wesen zwischen Thier und Pflanzen, die Farbe des Rothen Meeres erkannt worden war.
Die bedeutendste und ergebnißreichste Reise in Abessinien führte nach Bruce abermals ein Deutscher, Eduard Rüppell, geboren 20. November 1794 zu Frankfurt a. M., aus. Reich begütert und vortrefflich in naturwissenschaftlicher wie astronomischer Beziehung vorbereitet, hatte er nach einem kleineren Ausflug nach dem Orient, Nubien, Kordofan und das Peträische Arabien 1823–1825 besucht und sich dann Abessinien als Hauptziel seiner Forschungsthätigkeit erkoren. [pg 24]Am 17. September 1831 landete er auf Massaua an der abessinischen Küste, wo er den Rest des Jahres und den nächsten Frühling zu Ausflügen in die Umgebung, nach Arkiko, dem Thale Modat, den Dahalakinseln und nach den Ruinen von Adulis benutzte. Am 29. April 1832 trat er dann den Marsch nach dem inneren Hochlande an, welches vor ihm wissenschaftlich nur von Bruce und Salt beschrieben worden war. Wurde auch die ganze Reise glücklich zurückgelegt, so verlief sie doch nicht ohne große Gefahren, denn in Tigrié, wo gerade Ubié ans Ruder gelangt war, wütheten noch die grausamsten Bürgerkriege. Für diesen Herrscher hatte Rüppell ein sonderbares Geschenk, nämlich eine schwere Kirchenglocke bestimmt, deren Transport auf dem Rücken von Maulthieren viel Mühe verursachte, aber mit großer Freude angenommen wurde, da Glocken in Abessinien sehr selten sind. Um sich einen Schutz auf der Reise zu verschaffen, lieh Rüppell einem abessinischen Großhändler 600 Maria-Theresia-Thaler und zog nun durch den Tarantapaß auf Halai, die abessinische Grenzstation, zu. Schon hatte er sein Gepäck in Massaua zur Ueberfahrt nach dem Festlande zurechtgelegt, als ihm von einem betrunkenen türkischen Soldaten, der eine Pistole auf ihn abschoß, fast das Leben geraubt und die große, wohl vorbereitete Reise verhindert worden wäre. Von Halai wandte sich Rüppell in südlicher Richtung nach Atigrat am Fuße des hohen Alequa, kreuzte am 20. Juli das tiefe Thal des reißenden Bergstroms Takazzié und stieg hierauf in die hohen, oft von Schnee bedeckten, kühn geformten Alpen der Provinz Semién, wo er den fast 12,000 Fuß hohen Paß am Selkiberge überschritt und auf den Alpenwiesen in jener Region neben Ericabüschen jene seltsame, in ihrer Form an die Palmen erinnernde Pflanze, die Dschibarra, entdeckte, welcher Fresenius den Namen Rhynchopetalum montanum gegeben hat. Am 12. Oktober hielt er seinen Einzug in die Königsstadt Gondar, wo er der Absetzung des Königs Saglu Denghel beiwohnte und bis zum 18. Mai 1833 verweilte. Die Zwischenzeit benutzte er zu einem Ausfluge in die heißfeuchte Niederung (Kolla) von Workemeder und Ermetschoho, nördlich von Gondar, wo seine Elephantenjäger reichliche Beute fanden. Dann zog er dem Ostufer des Tanasees entlang, dessen Höhe über dem Meere er zum ersten male zu 5732 Fuß bestimmte. Weiterhin gelangte er dann zu der Stelle, wo unfern der berühmten Brücke von Deldei der Abai oder Blaue Nil dem Tanasee entströmt.
Am 18. Mai 1833 brach Rüppell von Gondar auf, um über die alte Krönungsstadt Axum, wo er eine wichtige altäthiopische Inschrift entdeckte, und über Adoa, die Hauptstadt Tigrié’s, wieder nach Massaua zurückzukehren, das er am 29. Juni glücklich erreichte. Seine Ausbeute, die er von dieser Reise mit heimbrachte, war eine ungemein reiche, denn nicht nur hatte er viele Orts- und Höhenbestimmungen vorgenommen, die der Karte Abessiniens ein wesentlich anderes Gepräge geben, sondern auch archäologische, historische und ethnographische Forschungen angestellt, vor allem aber die zoologische Kenntniß des Landes bereichert, wie seine „Neue Wirbelthiere zur Fauna Abyssiniens gehörig“ und seine „Uebersicht der Vögel Nordostafrika’s“ beweisen.
[pg 25]
Rhynchopetalum montanum. Im Hintergrunde der Bachit, im Vordergrunde Klippspringer.
Originalzeichnung von Robert Kretschmer.
[pg 26]
Seine „Reise in Abyssinien“ erschien 1840 zu Frankfurt a. M. Für alle seine Arbeiten wurde ihm denn auch die wohlverdiente Auszeichnung zu Theil, daß ihm die Londoner geographische Gesellschaft die große goldene Medaille verlieh. Seine reichen Sammlungen vermachte er seiner Vaterstadt Frankfurt, wofür diese ihm eine lebenslängliche Pension aussetzte.
Auf Rüppell folgten 1835 zwei Franzosen, die Stiefbrüder Tamisier und Combes, mit dem angeblichen Zwecke des einen, Menschenkenntnisse zu sammeln, des andern, sich für die Poesie zu begeistern. Sie kamen unter vielen Gefahren bis Schoa. Beide Herren waren Mitglieder der Sekte der Saint-Simonisten und haben nach ihrer Rückkehr 1846 zu Paris vier starke Bände („Voyage en Egypte, en Nubie etc.“) einer sehr romantischen und wenig glaubhaften Erzählung ihrer Erlebnisse und Abenteuer veröffentlicht. Mit nicht viel mehr Glück machte im Jahre 1836 Baron von Katte einen kurzen Ausflug nach Adoa in Tigrié, kehrte jedoch bald wieder zurück und beschenkte Deutschland mit einer Reiseschilderung, an deren Genauigkeit der gewissenhafte Rüppell gar manches auszusetzen hat. („Reise in Abyssinien im Jahre 1836“. Stuttgart und Tübingen 1838.)
Im Januar 1837 traf dann der deutsche Botaniker Schimper in Adoa, damals der Hauptstadt Ubié’s, ein. Wilhelm Schimper wurde im Jahre 1804 zu Mannheim geboren. Zuerst als Drechslerlehrling, dann als Unteroffizier, fand er keine Befriedigung seines Wissensdranges, weshalb er sich nach München wandte, um dort Botanik zu studiren. Nachdem er eine tüchtige Ausbildung erlangt, trat er größere Reisen nach dem Orient an; er besuchte, vom württembergischen Reiseverein unterstützt, Algerien, Aegypten, die Sinaihalbinsel und Arabien, von wo er überall reiche Sammlungen nach Hause brachte. Im Jahre 1835 ging er, um seine durch Fieber untergrabene Gesundheit wiederherzustellen, über Massaua in die abessinischen Hochlande, wo er bei Ubié in Adoa eine freundliche Aufnahme fand und seinen wissenschaftlichen Sammlungen nachgehen konnte. Sein Einfluß bei diesem Fürsten stieg immer mehr, sodaß Schimper als Statthalter zuerst einen Distrikt an der Gallagrenze, dann den Distrikt Antitscho in Tigrié zu verwalten hatte. Mit einem Worte, er wurde die rechte Hand Ubié’s, als dessen Baumeister und Minister er sich unentbehrlich zu machen wußte. Schimper war bereits früher in Rom zum Katholizismus übergetreten, weshalb er die Lazaristenmissionen unter de Jacobis in Abessinien unterstützte, was er um so leichter mit Einfluß auszuführen wußte, als er mit einer Tochter des Landes sich vermählt hatte. Auch begann er für Frankreich zu wirken, von wo aus er Unterstützungsgelder bezog, um dafür seine Sammlungen an den Jardin des plantes in Paris einzusenden. Nach dem Sturze Ubié’s hatte Schimper anfangs viel Ungemach auszustehen, doch kam er später bei Theodoros wieder in Gnade. Im Jahre 1861 schrieb Theodor von Heuglin über ihn: „Mein alter Freund Schimper wird bald wieder im Stande sein, seine botanischen und zoologischen Sammlungen fortzusetzen, die in den letzten fünf