Dietmar Wolfgang Pritzlaff

Bombenstimmung 2 - erweiterte Version


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      Ein Obdachloser schwankt mit mehreren prallgefüllten Einkaufstüten in das Caféhaus. Er hat die letzten Sätze vernommen und unterbricht Renate.

      OBDACHLOSER spricht angetrunken Scheiße, wat denn kein Schnaps. Seit ihr alten Schachteln bekloppt, oder wat? Da kommt doch dann kein Mensch zu eurem Scheiß.

      Obdachloser versucht seine Tüten abzustellen, wirft sie aber immer wieder um. Es scheppert. In den Tüten sind gesammelte leere Flaschen und Dosen. Eine Bedienung des Cafés will den Obdachlosen zur Tür aus dem Café führen. Der Obdachlose reißt sich immer wieder los, brabbelt teils unverständliches Zeug laut vor sich hin und kümmert sich um seine Tüten.

      BEDIENUNG Bitte seien Sie still. Unsere Gäste. Kommen Sie bitte...

      Die Bedienung fast den Obdachlosen am Arm und will ihn zur Tür ziehen.

      OBDACHLOSER Ich bin doch auch ein Gast, Scheiße. Ich will was saufen und so’n Stück Sahnetorte.

      MARIANNE greift ein Helmut, unser Helmut. Sie geht auf Helmut zu, zur BEDIENUNG Lassen Sie mal. Helmut ist ein Lieber, nicht wahr Helmut? Wir kennen uns doch.

      HELMUT Scheiße, was willst du alte Schnepfe? Was schreist du denn hier ...

      Die Bedienung bedient weiter die anderen Gäste. Guckt sich aber immer wieder nach Helmut um.

      MARIANNE Erkennst Du mich denn nicht, Helmut? Ich bin es doch, die liebe Marianne.

      Marianne nimmt die Tüten und will Helmut auf einen Platz in der Nähe ihres Tisches führen, der aber wehrt sich.

      HELMUT Kenn ich nicht. Schreit hinter Marianne her. Wo willste denn mit meinem Zeug hin? Verdammte Scheiße. Dat is meins. Gib mir die Sachen wieder, sonst hau ich dir aber mal ein paar aufs...

      MARIANNE gibt schnell Helmut die Tüten Ich will doch nur helfen, Helmut. Nun komm doch mal mit.

      HELMUT Scheiße, nein. Ich will nicht. Ich will saufen...

      MARIANNE Helmut, bitte. Komm doch mal. Lass uns mal sprechen.

      HELMUT Scheiße, ich will jetzt nicht quatschen, ich will sau... au... fen...

      RENATE kommt Marianne zur Hilfe Helmut, mich erkennst du aber? Na komm.

      Renate zieht Helmut am Ärmel. Helmut fühlt sich bedroht und will mit den vollen Tüten um sich schlagen.

      HELMUT Scheiße, noch mal. Du willst auch nur an meine Sachen. Geh weg du Ziege!

      MARIANNE zu RENATE Lass ihn mal für einen Moment. Der geht bestimmt gleich. Zu dem Obdachlosen Bist doch unser Helmut. Sie streichelt dem Obdachlosen über den Kopf

      HELMUT schreit Fass mich nicht an, Scheiße. Alle wollen mich anfassen. Immerzu anfassen. Ich will das nicht!

      RENATE Du lieber Gott, keiner will was von Dir. Zu MARIANNE Der hat es aber heute ganz schlimm, was?

      Marianne und Renate gehen wieder auf ihre Plätze. Helmut lässt sich endlich auf einen freien Stuhl an einem der für den Verein freigehaltenen Tische fallen, kramt in seinen Taschen und lallt vor sich hin.

      MARIANNE zu RENATE Ich denke, er wird sich benehmen. Wo waren wir stehen geblieben?

      HELMUT sehr laut Ich will den besten Schampus den sie haben, Fräulein. wedelt mit einem Hundert-Euro-Schein Scheiße, kommen sie mal zu mir?

      RENATE Ideen, wundervolle Ideen für unseren schönen...

      HELMUT Wollen sie mich hier nicht, oder wat? Scheiße. Ich habe Kohle dabei, also, ne Flasche Fusel, aber schnell.

      RENATE dreht sich zu dem Obdachlosen um Woher hat Helmut denn soviel Geld?

      BEDIENUNG zu dem Obdachlosen Was wünschen sie?

      HELMUT Ah, so ist’s recht. Beschissene Scheiße. Ja, wenn se das Scheiß-Geld sehen, werden se scheiße-nett, wa?

      BEDIENUNG Also?

      HELMUT Scheiße, noch mal, erst mal drei Schnaps und von der Sahnetorte ein dickes Stück und dann eine Flasche Schampus, bitte...

      BEDIENUNG verdreht die Augen Kommt sofort.

      MARIANNE Wir könnten doch auch Spiele organisieren für die Kleinen. Dann wird es ein richtiger Familientag.

      RENATE Eine wunderbare Idee, und zu gewinnen gibt es auch was. Schreib das auch in den Rundbrief, Marianne.

      Der Obdachlose kramt noch immer in seinen Taschen. Dann hält er eine Geldbörse in der Hand und wühlt in den Scheinen die hervorquellen.

      MARIANNE Ja, das werde ich sofort notieren. Und Eis für die Kleinen, wäre auch nicht schlecht. Ein Eiswagen...

      RENATE unterbricht MARIANNE Schau mal Marianne. Sie deutet zu Helmut hin Helmut hat genauso eine Geldbörse, wie du sie hattest.

      Marianne dreht sich zu Helmut um.

      MARIANNE Nein, nein, Renatchen, da täuschst du dich.

      RENATE Schau doch erst Mal richtig hin.

      MARIANNE Ich habe keine verloren.

      RENATE Natürlich hast du. Überleg doch mal. Na? Jetzt, verstehst du, oder?

      MARIANNE Das ist nicht... oder? Du meinst...?

      RENATE Das ganze Geld. Das ist doch das Geld unseres Vereins, oder etwa nicht?

      MARIANNE Renate, du hast Recht. Lauter Das ist meine Geldbörse.

      Marianne steht auf, geht zu Helmut und will ihm die Börse entreißen. Er hält sie aber fest.

      MARIANNE Wo hast du die Börse her? Du hast sie mir gestohlen, mit den vielen Spendengeldern. Die wollte ich doch noch einzahlen. Helmut, das hätte ich nicht von dir gedacht.

      HELMUT Geh weg, verdammte Scheiße, ich habe was bestellt. Es schmeckt mir nicht, wenn du blöde Gans da rum stehst.

      Marianne versucht immer wieder an die Börse zu kommen.

      RENATE von ihrem Platz aus Du musst die Polizei holen.

      MARIANNE Nein, nein, das regeln wir selber.

      RENATE Der ist betrunken Marianne, da erreichst du mit Worten gar nichts.

      MARGOT Schau mal an seinem Handgelenk... Das ist meine goldene Uhr, die ich schon so lange vermisst habe. Ich dachte, ich hätte sie... Ja, zum Kuckuck, wo hast du denn die Uhr her?

      RENATE steht auf und geht zu Helmut, sie nimmt eine der Tüten und geht wieder zu ihrem Platz Schauen wir doch mal, was wir noch so finden.

      HELMUT will aufstehen und hinter Renate her, schafft es aber nicht, er ist zu betrunken Scheiße! Gib mir meine Tüte wieder, du Hexe.

      Helmut reißt an dem Tischtuch. Eine kleine Vase fällt zu Boden und geht zu Bruch. Renate zieht eine Kette aus der Tüte.

      RENATE Sieh mal an, die gehört mir.

      Renate holt eine Brosche hervor.

      MARIANNE Die hat mir mein verstorbener Mann geschenkt, Gott hab ihn selig.

      Renate holt ein goldenes Feuerzeug hervor.

      RENATE Da ist es also und ich habe tagelang geweint, bitterlich. Ich habe so gesucht. Renate stellt die Tüte zur Seite. Da ist bestimmt noch mehr in den anderen Tüten.

      Renate geht wieder zu Helmut. Marianne versucht immer noch an die Geldbörse zu kommen. Die Bedienung kommt in dem Moment und will servieren. Anneliese nimmt die zweite Tüte. Helmut greift die Tüte, doch Renate reißt sie ihm weg. Helmut schwankt auf dem Stuhl, hält sich an der Bedienung fest und sie lässt das Tablett fallen. Aus Reflex schlägt Bedienung Helmut.

      BEDIENUNG nimmt etwas Abstand von dem Obdachlosen Das wirst du alles bezahlen. Wir sind ja hier nicht bei den Hottentotten.

      MARIANNE