Scott Meyer

ABENTEUER LASS NACH


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lenkte ein: »Ach so, ich verstehe.«

      Der alte Mann sagte: »Könnt ihr das bitte wiederholen?«

      Gwen machte den Vorschlag: »Martin.«

      Martin murmelte: »Ich hasse es, als Letzter gewählt zu werden.«

      Der alte Mann sagte: »Könnt ihr das bitte wiederholen?«

      Sie starrten ihn schweigend an, da ihnen keine weitere Antwortmöglichkeit mehr einfiel. Nach einer längeren Pause sprach der alte Mann: »Ich sehe euch an, dass ihr Männer voll Heldenmut seid. Welcher unter euch wird seine Gefährten bei diesem Abenteuer anführen?«

      Martin fluchte: »Scheiß drauf.«

      Der alte Mann sagte: »Könnt ihr das bitte wiederholen?«

      Martin warf ihm einen finsteren Blick zu, dann begann er schweigend die unsichtbare Fläche, auf der sie standen, mit der Spitze seines Stabes abzutasten. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die Fläche vor ihm ihn tragen würde, machte Martin erfolgreich einen Schritt nach vorne. Roy folgte ihm, und die beiden machten sich daran, in die Nähe der Rucksäcke zu gelangen, um diese einzusammeln.

      Der alte Mann fragte sie weiter, wer sie denn anführen würde. Sie ignorierten ihn weiter, während sie schweigend die Rucksäcke untereinander aufteilten. Dann bildeten sie eine Art Polonaise. Gwen und Brit folgten ihnen, wobei sie darauf achteten, exakt in Martins und Roys Fußstapfen zu treten. Martin und Roy gingen voran und verschafften sich mithilfe ihrer Stäbe einen Eindruck vom Bereich vor ihnen und zu beiden Seiten. Auf diese Weise fanden sie langsam einen Weg hin zu stabilem, oder wenigstens sichtbarem, Untergrund.

      Nachdem sie festen Boden unter den Füßen hatten, den sie auch sehen konnten, verschwendeten sie keine weitere Zeit. Sie erlaubten es sich kurz, die Rückseite des alten Mannes anzugaffen, der immer noch in der Luft hing und sie in regelmäßigen Abständen aufforderte, einen Anführer zu benennen. Eilig verschafften sie sich einen Überblick über den Inhalt ihrer Rucksäcke. Brit, die Ältere, hatte sie mit Energieriegeln, Wasserfiltern, Reinigungstabletten, Feuerzeugen, Messern, noch mehr Campinggrundausstattung und Socken zum Wechseln versorgt. Rückblickend war es offensichtlich, weshalb sie vorgeschlagen hatte, alle sollten Jeans, Wanderstiefel und Mäntel anziehen.

      Schnell waren sie sich einig darüber, wie es weitergehen sollte. Es gab nur einen möglichen Weg. Sie wählten ihn ohne lange Diskussion.

      Unterwegs dachte Martin laut. »Dieses Abenteuer wurde ganz offensichtlich von jemandem angelegt.«

      »Das denke ich auch«, stimmte Brit ihm zu.

      »Und wer immer es angelegt hat«, fuhr Martin fort, »der hat Philip, Jeff, Tyler und Gary entführt, mich und Roy aber zurückgelassen.«

      »Jimmy haben sie auch mitgenommen«, erinnerte ihn Gwen.

      »Sicher, sicher«, gab Martin zu. »Nun, was ich sagen will, ist: Wer auch immer dahintersteckt, hat ganz bestimmte, ausgewählte Leute mitgenommen, nicht einfach alle, die gerade anwesend waren.«

      Brit kaute auf ihrer Lippe, während sie einen Moment lang überlegte. »Hmm. Jetzt wünschte ich, wir wären auf die Idee gekommen, dem alten Kauz zu sagen, dass einer von ihnen unser Anführer ist. Vielleicht wäre dann die Aufzeichnung weitergelaufen. Wir hätten vielleicht mehr Informationen bekommen.«

      »Ich bin irgendwie froh, dass wir es nicht getan haben«, sagte Martin. »Soweit wir wissen, hätte auch etwas Furchtbares passieren können. Möglicherweise läuft dieses Programm, für wen es auch immer geschrieben wurde, so nicht für uns. Wir könnten es dadurch leichter haben als sie. Vielleicht holen wir sie schneller ein.«

      Diesen optimistischen Gedanken ließen sie sich gerade durch den Kopf gehen, als sie hinter der nächsten Biegung auf die Überreste der Gruppe stießen, die den Wölfen zum Opfer gefallen war. Anders als diejenigen, zu deren Rettung sie hergekommen waren, waren sie nicht vor der Begegnung mit dieser abstoßenden Szenerie gewarnt worden, geschweige denn davor, dass es hier Wölfe gab. Jeder für sich durchlebte einen Moment stiller Panik, weil sie befürchten mussten, es handele sich um ihre Freunde. Schnell war aber klar, dass es hier eine andere Gruppe erwischt hatte. Zum einen waren sie offensichtlich bereits seit mehreren Tagen tot, zum anderen lösten sich die Leichen auf, als Roy sich ihnen näherte, um sie genauer zu untersuchen. Zudem hinterließen sie Schwerter und fein säuberlich zusammengelegte Kleidung und noch andere Gegenstände. Sie berieten kurz und nahmen dann Schwerter, Schilde, Dolche und ein paar der Pelze mit.

      Bald darauf führte der Weg sie aus dem Wald hinaus und begann, sich den steilen Berghang hinaufzuschlängeln. Sie liefen, so schnell sie konnten, wobei sie sich auf der linken Seite des Pfades hielten, nahe der Felswand und einige Zentimeter weiter weg vom Abgrund, der den Pfad zu ihrer Rechten begrenzte.

      Nach einer knappen Stunde versperrten zwei hintereinanderstehende Wölfe ihnen den Weg. Martin lief vorneweg und erstarrte, als er die Wölfe erblickte.

      Die Wölfe waren äußerlich identisch, verhielten sich aber ziemlich unterschiedlich. Der hintere Wolf blieb aufrecht stehen, wirkte wachsam, aber desinteressiert. Der vordere Wolf kauerte sich sofort zusammen, knurrte, dann sprang er Martin an die Kehle. Martin blockte ihn mit seinem Stab ab. Die Kiefer des Wolfes schlossen sich um den Stab und der Wolf landete wieder auf dem Weg. Martin und der Wolf spielten eine Weile Tauziehen mit dem Stab, bevor Martin ihn dem Wolf entwinden konnte. Erneut wollte der Wolf Martin an die Gurgel gehen. Diesmal versuchte Martin, ihn mit seinem Arm abzuwehren und verpasste dem Wolf dabei eine Rückhand, was ziemlich cool gewesen wäre, wenn es Absicht gewesen wäre. Der Schwung des Wolfes trug ihn weiter und er landete mit dem schmutzigen Fell seiner Flanke mitten in Martins Gesicht. Der Wolf rollte an Martin hinunter und fiel zu Boden, schnellte wieder auf die Füße und wurde sofort vom Stab getroffen, sodass er über die Klippe stürzte.

      Der zweite Wolf machte sich klein, knurrte und wollte Martin an die Kehle, genau wie der erste. Anstatt ihn aus Versehen mit der Hand zu treffen, schlug Martin diesmal ganz bewusst mit seinem Stab nach dem Wolf. Wie sein Gefährte vor ihm krachte der Wolf auf den Boden. Dieses Mal versetzte Martin ihm einen Tritt, bevor der wieder auf die Füße kam. Der Wolf versuchte, mit seinen Krallen Halt an der Felskante zu finden, stürzte dann aber für immer aus Martins Leben.

      Gwen sagte: »Wow.«

      Martins Brust schwoll ein wenig vor Stolz.

      Gwen fuhr fort: »Diese Wölfe waren offenbar sehr leicht zu töten.«

      Martin wurde wieder ein bisschen kleiner. »Nun, vielleicht habe ich es nur leicht aussehen lassen.«

      »Vielleicht«, meinte Roy. »Könnte sein, dass wir von deinem Schlachtruf ›Ai-yi-yi‹ geblendet waren.«

      »Ich habe nicht ›Ai-yi-yi‹ gerufen, oder?«, fragte Martin.

      Roy klärte ihn auf: »Hast du, aber es wundert mich nicht, dass du es nicht bemerkt hast, so wie du in Rage warst, Berserker und so.«

      »Ich bezweifle, dass das die letzten Wölfe waren, die wir zu Gesicht bekommen«, äußerte Brit.

      »Jepp«, pflichtete Roy ihr bei. »Und die nächsten werden wahrscheinlich nicht so einfach zu töten sein. Wir sollten von nun an in einer Reihe gehen, Martin an erster und ich an letzter Stelle.«

      Roy drückte sich flugs an Brit vorbei und begann, weiter bergauf zu stapfen. Brit nahm die Verfolgung auf.

      »Hey, warum das denn?«, wollte sie wissen. »Ich habe dich was gefragt. Warum müssen du und Martin vorne und hinten sein?«

      Gwen folgte Brit und ließ Martin die Nachhut bilden.

      »Hey, Roy«, insistierte Brit. »Ich habe dich was gefragt. Warum müssen du oder Martin vorne und hinten sein?«

      Roy antwortete ihr nicht. Brit wiederholte die Frage. Als Roy beim dritten Mal immer noch so tat, als hätte er sie nicht gehört, verlegte sich Brit darauf, ihn leicht zu schubsen.

      »Hey, ich habe dich was gefragt«, wiederholte sie.

      Roy blieb stehen und drehte sich zu