Ludwig Thoma

Ausgewählte Lustspiele von Ludwig Thoma (Volksstücken und Bauernschwänke)


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schreiend: So? Is dös vielleicht nix, wenn ma nausg’schmissen wird…

      Bonholzer: Halt di zruck, Babett!

      Babette: Sei doch du staad! Du siechst as freili net, wie ma da behandelt werd…

      Mama tritt dicht vor Babette hin, halb drohend, halb bittend: Verstehst du denn nicht? Es kommt Besuch!

      Babette läßt die Stimme fallen: Is für den der Herd net brocha…?

      Siebente Szene

       Inhaltsverzeichnis

      Von rechts tritt Herr Max Schmitt ein. Ein junger Herr, so an fünfundzwanzig Jahre alt, mit Großheubacher Eleganz für feierlichen Besuch angezogen. Schwarze Beinkleider zum Gehrock, Glacéhandschuhe, die er, auf Anstand bedacht, nicht auszieht. Sein Haar ist in der Mitte gescheitelt. Der kleine Schnurrbart ist nach Haby behandelt, ein Spitzbärtchen mildert aber das martialische Aussehen. Ein goldener Zwicker, dessen Schnur sorgfältig über das Ohr gelegt ist, zeugt von Bildung; um den Stehkragen, der den Adamsapfel frei läßt, ist eine Lavallièrekrawatte geknöpft. Lackstiefel verraten Sinn für Eleganz. Er tritt schüchtern ein und ist sichtlich betroffen von der Anwesenheit des Ehepaares Bonholzer.

      Mama Häßler eilt mit überströmender Herzlichkeit, die infolge ihrer Aufregung noch gesteigert ist, auf Schmitt zu und streckt ihm beide Hände entgegen.

      Mama: Wie das lieb ist von Ihnen, Herr Schmitt, daß Sie nun kommen! Das Kind hat mir ja gesagt…

      Häßler auch ungemein herzlich: Sehr erfreut, lieber Herr Schmitt, Sie bei uns zu sehen… Ida hat uns davon gesagt…

      Schmitt der verlegene Blicke nach Bonholzer geworfen hat: Ja… Jawohl… Fräulein Ida… Ihr Fräulein Tochter sagte, daß ich mir erlauben dürfe…

      Mama: Ach Gott! Ich sage Ihnen, wie das Kind von dem gestrigen Abend entzückt war! Sie konnte sich zu Hause noch lange nicht beruhigen…

      Schmitt: Ja… jawohl. Er wirft wieder einen verlegenen Blick nach Bonholzer. Zwischen dem Ehepaar hat sich ein stummes Gebärdenspiel entwickelt. Bonholzer bedeutet seiner Frau, daß es schicklich sei, zu gehen. Babette bedeutet ihrem Mann, daß sie erst recht bleibe.

      Häßler rettet die Situation: Ach, Verzeihung, Herr Schmitt, meine Schwester und ihr Mann aus Dornstein… haben uns heute mit ihrem Besuche überrascht… Herr Großkaufmann Schmitt von hier… tja… Verlegen und mit gemachter Freundlichkeit zu Babette: Wollt ihr noch… äh… einen Augenblick bleiben… oder?

      Babette anzüglich: No… wenn ihr ein schon gar nicht fortlaßt, was kann man machen? Zu Bonholzer: Bleiben ma halt, Josef!

      Mama tritt zu dem Ehepaar, gezwungen höflich: So gebt doch eure Schirme!

       Sie nimmt die Schirme, wobei sie Babette mit Hoheit und doch vorwurfsvoll ansieht und stellt die Schirme hinaus, ohne das Zimmer zu verlassen.

      Häßler zu Schmitt: Ihren Zylinder, lieber Herr Schmitt… Er nimmt ihn ab und legt ihn auf den nächsten Stuhl.

      Schmitt: Ich würde es bedauern, wenn ich die Herrschaften stören würde…

      Mamarasch einfallend: Wie können Sie denken!… Und meine Schwägerin will ja ohnehin Gänge machen…

      Babette: Dös könna ma auch verschieb’n…

      Mama: Wie ihr wollt… aber jedenfalls, Herr Schmitt, mit Betonung, Ihren lieben Besuch haben wir ja erwartet… und jetzt wollen wir uns setzen…

       Sie setzt sich an den runden Tisch und weist Herrn Schmitt einen Platz neben sich an.

      Häßler zu den Bonholzers, indem er auf Stühle deutet: Wenn Ihr wollt?

      Babette: So eine seltene Ehre darf man nicht ausschlag’n.

      Häßler gezwungen lächelnd: Du bist komisch, Babette.

      Babette sehr anzüglich: Ich?

       Sie setzt sich neben Bonholzer, der seinen Zylinder neben sich auf den Boden stellt.

      Mama zu Häßler, indem sie auf den Stuhl neben Herrn Schmitt weist: Papa, den Stuhl mußt du für Idchen freilassen.

       Häßler tut es.

      Schmitt: Darf ich fragen, wie sich Ihr Fräulein Tochter befindet?

      Mama: O sehr gut… Sie ist heute noch wie verklärt.

      Schmitt Sieht sich etwas hilflos um.: Und…

      Mama lieblich: Ida wird gleich kommen; sie ist noch in der Küche beschäftigt.

      Babette auflachend: Beim brochenen Herd!

      Mama freundlichst: Wie?

      Babette: Ich frag bloß, ob s’ den brochenen Herd flicken muß?

      Mama milde lächelnd: Es gibt ja auch noch andres zu tun. Wendet sich von Babette ab zu Schmitt: Das Kind ist so häuslich und kaum wegzubringen von ihrer Arbeit!

      Häßler zu Schmitt: Wir alle sind Ihnen noch Dank schuldig für den schönen Abend in der Harmonie.

      Schmitt sich vorbeugend: Ich hoffe, Herr Regierungsrat haben sich gut unterhalten…

      Häßler. Aber glänzend…

      Schmitt: Es ist für uns eine Ehre, auch in hohen Beamtenkreisen Anklang zu finden.

      Häßler strömt eine ungemeine Jovialität aus: Lieber Herr Schmitt… ich kann Ihnen nur eines sagen: ich habe mich nie wohler gefühlt, und ich fühle mich nie wohler als in den kernigen echten Bürgerkreisen.

      Babette: Dös muß aber neuerer Zeit sein!

      Häßler milde, verweisend: Wie meinst du, Babette?

      Babette: Ich mein, daß d’ früher allaweil über die Bürger g’schimpft hast…

      Häßler lächelnd: Ich?

      Babette kommt in Eifer: No, wie oft hat unser Mutter g’sagt, du sollst dich in acht nehma mit deine Äußerungen! Weilst du’s nie anderst g’heißen hast als wie ungebildete Protzen…

      Häßler muß milde bleiben: Vielleicht habe ich in meiner Jugend noch mehr Dummheiten gesagt… und ich fürchte fast, du hast dir alles gemerkt…

      Babette: Was ma so oft hört, kann ma sich scho merk’n.

      Häßler bricht ab: Tja… ja… Zu Schmitt Ich erinnere mich schon lange nicht mehr an einen so hübschen, ich möchte sagen, gemütvollen Abend…

      Schmitt: Und hat Ihr Fräulein Tochter…

      Mama schelmisch: Oh! Ich darf Ihnen nicht verraten, wie sie auf der Heimfahrt geschwärmt hat…

      Häßler: Sind Sie noch lange geblieben?

      Schmitt lebhafter: Nein! Nachdem die Herrschaften sich entfernt hatten, mochte ich nicht länger bleiben…

      Mama