zu helfen. Das ist etwas sehr Seltenes – und ich bin sehr froh, daß du mein Freund bist.«
Sie stand auf und begann den Tisch abzuräumen. »Ich werde zu Dr. Scholz gehen«, sagte sie dann, und nun klang ihre Stimme energisch und ließ erkennen, daß das Thema damit für sie beendet war.
*
Lena Schiller schüttelte ihre wilde rote Mähne und rief laut: »Und... one, two, three, four...« Dazu machte sie zu den stampfenden Rhythmen, die die große Halle des Sportstudios erfüllten, eine rasche Schrittfolge vor: Einmal, zweimal. »Und jetzt alle!« rief sie, und die etwa fünfzehn überwiegend jungen Frauen in bunten Sportanzügen setzten sich in Bewegung – zunächst noch etwas ungelenk, schon bald jedoch zunehmend sicher.
Lena gab Unterricht in Jazztanz für Anfängerinnen, dieses war erst die zweite Stunde. Noch gab es viel zu tun, aber sie war zuversichtlich, daß auch diese Gruppe, wie die meisten zuvor, schon in wenigen Wochen erstaunliche Leistungen vollbringen würde. Erst vor einer Woche hatte eine mollige, schon ein wenig ältere Frau, die seit einigen Monaten das Studio besuchte, zu ihr gesagt: »Wenn mir jemand vor einem halben Jahr gesagt hätte, daß ich es aushalte, eine Stunde lang wie eine Verrückte zu tanzen – also, das hätte ich nicht geglaubt!«
»Und... eins, zwei, drei, vier, Drehung, das Ganze von vorn!« Lena klatschte jetzt in die Hände, um den Rhythmus vorzugeben. Sie tanzte nicht die ganze Stunde mit – sie hatte mehrere Kurse an einem Tag zu geben, und konnte sich nicht jedes Mal völlig verausgaben.
Sie sah Natalie Schürmann hinter der Glasscheibe auftauchen, die die Stirnwand des großen Studios bildete. Sie machte ihr ein Zeichen, herauszukommen. Natalie hatte kürzlich geheiratet, ihren Namen aber behalten, da unter anderem auch das Studio ihren Namen trug. »Außerdem bin ich so daran gewöhnt«, hatte sie erklärt.
Lena bat eine ihrer Kolleginnen, kurz für sie einzuspringen, dann ging sie zu Natalie, um zu hören, was diese von ihr wollte. Natalie war, streng genommen, ihre Chefin, aber mittlerweile arbeiteten sie so lange und so gut zusammen, daß sie auch miteinander befreundet waren. »Was ist los, Natalie?«
»Ich störe dich«, stellte Natalie statt einer Antwort fest, und nun erst fiel Lena auf, wie blaß und müde die andere aussah. Dafür, daß sie ganz jung verheiratet war, wirkte sie bemerkenswert wenig glücklich... Lena ahnte, daß die Heirat mit Clemens keine Liebesheirat gewesen war, wußte jedoch nichts Genaues, denn darüber sprach Natalie nicht.
»Ach, ein paar Minuten habe ich schon Zeit. Ist etwas passiert?«
»Willst du mir etwas versprechen, Lena? Wirst du dich um den Laden hier kümmern, wenn ... wenn ich krank werden sollte?«
»Sicher, das weißt du doch«, antwortete Lena verwundert. »Aber warum solltest du krank werden? Seit ich dich kenne, warst du noch nie krank, Natalie.«
»Das kann sich schneller ändern, als man denkt«, murmelte Natalie. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln. »Ich weiß auch nicht genau, was mit mir los ist, Lena. Aber es ist mir eine Beruhigung zu wissen, daß ich mich hundertprozentig auf dich verlassen kann.«
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