einziehen könnten. Doch soll das erst in acht Tagen geschehen; unterdes kann der Zimmermann mit Ruhe arbeiten, die Dunkelkammer, Simpsons meteorologische Ecke und die anderen Nebenräume herrichten. Von morgen ab müssen wir Ballast aufs Schiff schaffen, Gesteinsschutt, den wir ja hier reichlich haben, und in zehn Tagen soll die Depotreise beginnen.
Sonnabend, 14. Januar. Ich schlief die letzte Nacht an Bord und fand es dort viel kälter als im Lager; die Temperatur in den Kabinen hielt sich die ganze Nacht über unter dem Gefrierpunkt und das Wasser gefror im Kessel, sodass heute Morgen Feuer gemacht werden musste.
Als ich wieder an Land kam, war die Speisekammer so stattlich erweitert, dass sie all unser Hammelfleisch und einen großen Vorrat Robben und Pinguine aufnehmen kann. In der Hütte werden jetzt Schornsteine eingebaut; Küchenraum und Herd sind fertig, die Veranda am Eingang ebenfalls. Der Zimmermann hat nur noch allerlei Wünsche der einzelnen Bewohner auszuführen.
Morgen wird unser erster Ruhetag sein und dann beginnen die Vorbereitungen für die Depotreise. Ich habe schon heute allerhand Anordnungen dafür getroffen, die zur Führung der Hunde und Ponys nötigen Leute bestimmt usw. Ich habe auch schon meine Wünsche niedergeschrieben wegen des Tierfutters, das uns die »Terra Nova« im nächsten Jahr mitbringen soll. Bis dahin wird es sich entschieden haben, ob ich mein Ziel erreiche oder nicht.
Einzug ins Winterquartier
Sonntag, 15. Januar 1911. Ein prächtiger Ruhetag mit glänzendem Sonnenschein und ohne Wind! Wir standen heute erst spät auf, da das Frühstück nicht vor 9 Uhr angesetzt war. Um 10 strömten Offiziere und Matrosen vom Schiff herüber und ich hielt am Strand unseren ersten Feldgottesdienst ab, der auf uns alle einen tiefen Eindruck machte.
Campbell wollte mit Gran und Nelson über den Gletscher nach Kap Royds gehen und ich begleitete sie ein Stück, um mich zu vergewissern, ob der Weg stark mit Spalten durchzogen sei. Als wir dann aber oberhalb der schneefreien Hügel unseres Vorgebirges die Schneedecke erreichten, bot sich ein so guter und spaltenfreier Weg, dass ich einen tüchtigen Marsch mit ihnen machte und sie erst verließ, als ich überzeugt war, dass der Ausflug nach Kap Royds keine Gefahr habe, und die drei Gefährten sich angeseilt hatten und auf Schneeschuhen weiterliefen. Taylor und Wright gingen ihnen auf einem anderen Weg nach und hatten das gleiche Ziel.
Ich kehrte zum Lager zurück, um nach dem zweiten Frühstück mit einem Schlitten, neun Hunden und Meares als Lenker über das Meereis nach der Hüttenspitze zu wandern. Einen Weg über das Vorgebirge, der bis auf etwa 100 Meter mit dickem Schnee bedeckt war, hatte Meares ausgekundschaftet, und da die Hunde gut zogen, erreichten wir in schnellem Tempo die Gletscherzunge, wo einige vom Wind zerwühlte Schneewehen lagen, während sonst das Eis ziemlich schneefrei war. Als wir den Gletscher erstiegen hatten, sahen wir ein wenig rechts das alte, vom »Nimrod« auf Shackletons Expedition im Jahre 1908 angelegte Depot und gingen drauflos. Wir hatten vergebens gehofft, eine Schrotmühle zu finden; dagegen entdeckten wir viel Pressheu und mehrere Büchsen Mais. Das offene Wasser reichte tatsächlich schon bis an die Gletscherzunge.
Nun fuhren wir einen bequemen Abhang hinunter, sahen uns aber durch eine 5 Meter breite Spalte abgeschnitten, mussten also den Gletscher wieder hinauf und ein paar Hundert Meter nach links gehen. Auch hier trafen wir auf eine Spalte, konnten aber an ihrem Rand entlangziehen und hatten von da ab eine glatte Fahrt ohne Hindernisse bis zur Hüttenspitze. Erst vor ihr zeigten sich Tümpel offenen Wassers und eine lang gezogene Spalte, bei deren Überschreitung ich mir sehr nasse Füße holte. Allenthalben an den Spalten lagen Hunderte von Robben.
Meine alte, im Februar 1902 erbaute Hütte fanden wir zu unserem Verdruss mit Schnee gefüllt. Shackleton erzählt, die Tür sei vom Wind gesprengt gewesen und er habe sich durch das Fenster einen Eingang verschafft; außer ihm haben andere Mitglieder seiner Gesellschaft sie als Obdach benutzt. Aber sie haben, als sie fortgingen, das erbrochene Fenster offen gelassen und infolgedessen war fast die ganze Hütte mit eishartem Schnee gefüllt. An einen Unterschlupf war nicht zu denken! Meares und ich konnten nur eben ein paar Schritt weit über den Schnee klettern und den Kistenstapel in der Mitte untersuchen, wobei wir etwas von der Asbestverkleidung der alten magnetischen Hütte an uns nahmen; dann mussten wir sehen, wie wir uns einen geschützten Winkel zum Kochen unseres Kakaos zurechtmachen konnten.
Montag, 16. Januar. Die Nacht war unter diesen Umständen wenig erfreulich und wir standen ziemlich spät auf. Als wir dann aber in scharfem Südostwind, doch bei hellem Sonnenschein den Hügel hinaufgingen, war mein Ärger verraucht, wenn auch die Instandsetzung der Hütte eine böse Arbeit für uns werden wird. Auf dem alten Observationshügel, in der Schlucht: Überall lag viel weniger Schnee, als ich erwartet hatte, und auf den Kraterhöhen zeigte sich ein ungeheures schneeloses Tafelland, das mich in früheren Tagen, als ich 1903 zum ersten Mal hier war, entzückt hätte. Der Teich war aufgetaut, und Fadenalgen grünten im Süßwasser. Ein Loch, das wir damals in den Wall des Teiches gegraben hatten, war noch dort, eine Entdeckung, die Meares machte, indem er bis an den Gürtel hineinfiel und sehr nass wurde. Auf der Südseite sahen wir jenseits der Prahmspitze, wie ehemals, die Presseisrücken; ein neuer Rücken erstreckte sich etwa 3 Kilometer entfernt um Kap Armitage herum. Die alten Thermometerröhren guckten noch aus dem Schneehang heraus, als ob sie gestern erst hineingesteckt worden seien, und ein Kreuz, das wir zum Gedächtnis unseres damals verunglückten Gefährten Vince errichtet hatten, hätte auch erst gestern aufgestellt sein können – so frisch war die Farbe und so deutlich die Inschrift. Wir luden die Asbestbekleidung auf unseren Schlitten, um sie Simpson mitzubringen, und erreichten auf demselben Weg um die Teestunde unser Lager, wo die Ausstattung der Hütte und der Nebenräume unterdes erfreulich fortgeschritten war. Auch Campbell und seine Gefährten waren von ihrem Sonntagsausflug nach Kap Royds ohne Unfall heimgekehrt.
Die heutige Wanderung hat mir aber doch zu denken gegeben. Wenn auch das Eis dieser beiden Buchten schon zeitig im März zufrieren mag – um diese Zeit schon Ponys hinüberzuführen, dürfte denn doch recht schwer werden. Wir müssen uns deshalb darauf gefasst machen, auf unserer Depotreise länger vom Winterquartier abgeschnitten zu werden, als ich mir gedacht hatte.
Dienstag, 17. Januar. Heute war feierlicher Einzug in die Hütte. Wir sind alle geradezu überwältigt von ihrer praktischen Anlage und ihrer Bequemlichkeit. Es ist wirklich eine Freude, zu sehen, wie jeder eifrig dabei ist, seinen Winkel in Ordnung zu bringen; noch ein paar Tage und unsere Hütte wird das gemütlichste Haus von der Welt sein. Vierzehn Tage erst sind wir im McMurdo-Sund und schon so weit, dass ich ruhig die Depotreise antreten kann; so über Erwarten schnell sind wir mit allem fertig geworden!
Gestern schneite es die ganze Nacht hindurch und heute ist alles weiß; draußen beim Schiff soll der Schnee 15 Zentimeter hoch liegen und Südwind und Schneegestöber währen den ganzen Tag.
Mittwoch, 18. Januar. Wie ich voraussah: Der »Terra Nova« war eine unruhige Nacht beschieden. Um 1 Uhr begann das Eisfeld schnell zu bersten und das Hantieren mit den Eisankern war eine endlose Arbeit. Gerade als ich die Nachricht erhielt, dass angeheizt sei, sahen wir, wie das Schiff ins Treiben geriet. Doch konnte es sich am Morgen wieder am Eisrand festmachen, und zwar einige hundert Meter näher dem Lager. Ich ging nun hinüber, und auf meinen Rat fuhr Pennell langsam um die Ecke herum in die Bucht hinein. Jetzt liegt unser Schiff in nächster Nähe, 180 Meter vom Eisfuß und 350 Meter von der Hütte entfernt. Südsturm kann ihm über das Vorgebirge weg nicht gefährlich werden; Nordwind könnte es höchstens etwas zu nahe ans Ufer treiben, wo nur 5 ½ Meter Tiefe gelotet wurde. Allerdings ist in diesem Schlupfwinkel, bei dem ausgedehnten Eisfeld, ohne vorherige Anzeichen kaum starker Seegang zu erwarten. Aber allzu sicher dürfen wir doch nicht sein. Überraschungen sind erfahrungsgemäß nie ausgeschlossen. Kommandant Penneil eignet sich übrigens zu seiner Aufgabe ganz vortrefflich; er ist jederzeit heiter und unermüdlich wachsam und jeder, auch der kompliziertesten Situation gewachsen, sodass ich blindes Vertrauen auf ihn setzen kann.
Im Winterquartier (Cherry-Garrard, Bowers, Oates, Meares, Atkinsons)
Bowers ist unerschöpflich in Vorschlägen zur Ausstattung der Hütte; jetzt hat er an