Die bekanntesten Lustspiele William Shakespeares (Zweisprachige Ausgaben: Deutsch-Englisch)
Gut, ich will mich einmal auf einen Tag verheurathen um ein Probe zu machen. Aber hier kommt euer Sclave, sein Herr wird also nicht weit weg seyn.
Englisch
ZWEYTE SCENE
Dromio von Ephesus zu den Vorigen.
Adriana.
Sag', ist dein zaudernder Herr nun bey der Hand?
Dromio von Ephesus.
Nein, er ist mit zwo Händen bey mir, und davon sind meine zwey Ohren Zeugen.
Adriana.
Sag', redtest du mit ihm? Sagt' er dir seine Meynung?
Dromio von Ephesus.
Ja, ja, er sagte mir seine Meynung auf mein Ohr; Dank seiner Hand; es wurde mir sauer sie zu begreiffen.
Luciana.
Sprach er so zweydeutig, daß du seine Meynung nicht fassen konntest?
Dromio von Ephesus.
Nein, er schlug so gerade zu, daß ich seine Ohrfeigen nur gar zu gut faßte; und doch sprach er so zweydeutig, daß ich kaum verstehen konnte, was sie bedeuten sollten.
Adriana.
Aber sag', ich bitte dich, wird er heim kommen? Es scheint, er bekümmert sich viel darum, seinem Weib gefällig zu seyn.
Dromio.
Versichert, Frau, mein Herr ist nicht recht gescheidt; das hat seine Richtigkeit; wie ich ihn bat, er möchte heim zum Mittag-Essen kommen, so fragt' er mich nach tausend Mark an Gold; es ist Essenszeit, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; euer Essen verdorrt, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wollt ihr heim kommen, sagt' ich; mein Gold, sagt' er; wo sind die tausend Mark, die ich dir gab, Galgenschwengel? Das Ferkel, sagt' ich, ist ganz verbraten; mein Gold, sagt' er. Meine Frau, sagt' ich; an den Galgen mit deiner Frau! Ich weiß nicht wer deine Frau ist; zum Henker mit deiner Frau!
Luciana.
Sagte wer?
Dromio.
Sagte mein Herr. Ich weiß nichts, sagt' er, von keinem Haus, und von keinem Weib und von keiner Frau, sagt' er; so daß ich also meine Commißion, die meiner Zunge aufgegeben werden sollte, Dank sey ihm! auf meinen Schultern heimtrage; denn mit einem Wort, er gab mir Schläge.
Adriana.
Geh wieder zurük du Sclave, und hol' ihn heim.
Dromio.
Geh wieder und laß dich noch einmal prügeln? Ich bitt' euch schönstens Frau, schikt einen andern Abgesandten.
Adriana.
Zurük, Sclave, oder ich will dir den Schädel entzweyschlagen.
Dromio.
Und er wird den Bruch mit andern Schlägen wieder ganz machen; das wird gut gehen.
Adriana.
Pake dich, du wortreicher Schlingel, hohl deinen Herrn heim.
Dromio.
Bin ich dann so rund mit euch als ihr mit mir, daß ihr mich so wie eine Kugel vor euch her stoßt? Ihr stoßt mich fort, und er wird mich wieder zurükstossen; wenn ich in einem solchen Dienst ausdauren soll, müßt ihr ein ledernes Futteral über mich machen lassen.
(Er geht ab.)
Englisch
DRITTE SCENE
Luciana.
Fy, wie entstellt diese Ungeduld euer Gesicht!
Adriana.
Er kan seinen Liebling seiner angenehmen Gesellschaft nicht berauben, und ich muß indeß daheim sizen, und zum Verhungern nach einem freundlichen Blik schmachten. Hat denn das Alter die anziehende Schönheit schon von meiner armen Wange genommen? Wenn es ist, so hat Er sie verderbt. Ist mein Gespräch troken, und mein Wiz stumpf? Seine Unfreundlichkeit ist der harte Marmor, woran er seine Schärfe verlohren hat. Gefallen ihm andre besser, weil sie schöner aufgepuzt sind? Das ist nicht mein Fehler; er ist Herr über mein Vermögen. Was für Ruinen können an mir gefunden werden, die er nicht gemacht hat? Würde nicht ein einziger sonnichter Blik von ihm, meine verwelkte Schönheit wieder herstellen? Aber ach! er verschmäht ein Weib, von der er ohne Maaß geliebt wird, und sucht, ausser seinem Haus, ein Vergnügen – –
Luciana.
Sich selbst peinigende Eifersucht! Fy, jagt sie fort.
Adriana.
Nur gefühllose alberne Tröpfe können bey solchen Beleidigungen gleichgültig bleiben; ich bin gewiß, seine Augen haben irgendwo einen andern Gegenstand den sie anbeten. Warum würd' er sonst nicht hier seyn? Schwester, ihr wißt, er versprach mir eine goldne Kette. Wollte der Himmel, es wäre nur das was er mir vorenthielte – – Ich sehe wol, ein Kleinod, so schön es immer gefaßt seyn mag, verliehrt endlich seine Schönheit, wenn wir's immer tragen; und so wie das Gold selbst, ungeachtet seiner Dauerhaftigkeit, durch beständiges Berühren sich endlich abnuzt, so ist kein Gemüth so edel, das nicht durch langwierige Untreu und Falschheit endlich seinen Glanz verliehre. Wenn meine Schönheit in seinen Augen keinen Reiz mehr hat, so will ich ihren Rest wegweinen, und weinend sterben.
Luciana.
Was für alberne Geschöpfe kan nicht die Eifersucht aus diesen verliebten Seelen machen!
(Sie gehen ab.)
Englisch
VIERTE SCENE
Verwandelt sich in eine Strasse.
Antipholis von Syracus tritt auf.
Antipholis.
Das Gold, das ich dem Dromio gab, ist im Centaur sicher verwahrt; und der allzu sorgfältige Tropf ist weggegangen, um mich zu suchen, aus Besorgniß, es möchte mir etwas zugestossen seyn. Wenn ich die Umstände der Zeit und meines Wirths Erzählung mit einander vergleiche, so kan ich den Dromio nicht gesprochen haben, seitdem ich ihn zuerst vom Markte fortschikte. Ha, hier kömmt er eben recht.
Dromio von Syracus tritt auf.
Wie gehts, junger Herr? Seyd ihr noch so spaßhaft? Wenn ihr Liebhaber von Ohrfeigen seyd, so treibt wieder den Narren mit mir. Ihr wißt nichts vom Centaur? Ihr habt kein Gold empfangen? Eure Frau schikte euch, mich zum Mittag-Essen nach Hause zu ruffen? Mein Haus war zum Phönix? Warst du toll, daß du mir so unsinnige Antworten gabst?
Dromio von Syracus.
Was für Antworten, Herr? Wenn sagt' ich dergleichen?
Antipholis.
Nur eben, nur eben, es ist noch keine halbe Stunde.
Dromio von Syracus.
Hab ich euch doch bis izt mit keinem Auge gesehen, seitdem ihr mich mit dem Golde, so ihr mir gabt, in den Centaur schiktet.
Antipholis.
Galgenschwengel, du leugnetest ja, daß du das Gold empfangen habest, und redtest mir von einer Frau, und von einem Mittag-Essen; doch ich hoffe, du hast gefühlt, wie wohl es mir gefallen hat.
Dromio