Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman


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Eltern hatten schweigend zugehört. Sebastian nickte zu Adrians Worten.

      »Dann ist vielleicht doch noch was zu retten.«

      Er schaute den Bauern und dessen Frau an.

      »Aber erst einmal müssen wir uns unterhalten.«

      Friedrich Reindl nickte. Sie setzten sich an den Tisch, der Hausherr und seine Frau an der einen Seite, Sebastian Trenker und Adrian Greininger an die andere.

      »Es stimmt«, begann der Bauer, »der Hof ist net mit ganz legalen Mitteln in unseren Besitz übergegangen.

      Mein Cousin, der damals Leiter der Bank in St. Johann war, wußte von meinen Träumen, einen eigenen Hof zu haben, und versprach, an mich zu denken, wenn ein Objekt zum Verkauf anstünde. Es kommt ja hin und wieder vor, daß ein Hof zwangsversteigert wird, wenn der Besitzer sich übernommen hat und seine Schuld net abbezahlen kann. Allerdings gab es damals keinen Hof, der gepaßt hätt’. Dabei pressierte es, der Bauer, bei dem wir zu jener Zeit gearbeitet hatten, wollt’ selbst verkaufen, verlangte aber zuviel Geld. Viel mehr, als wir hatten, und mein Cousin uns noch vielleicht hätt’ dazufinanzieren können.

      Aber da war der Greiningerhof. Mit Hypotheken belastet. Kurt vertröstete uns, es wär’ nur noch eine Frage der Zeit, bis er unter den Hammer käme. Doch so lang’ wollt’ ich net warten und drängte meinen Cousin, etwas zu unternehmen. Unter ein paar fadenscheinigen Gründen kündigte er sämtliche Hypotheken und bestand auf sofortige Rückzahlung. Uns war klar, daß der Greininger niemals diese Summe würd’ aufbringen können, und darauf fußte ja auch unser Plan.

      Kurt setzte eine letzte Frist, und dann bot ich dem Greiningerbauer einen Betrag an. Viel weniger, was der Hof wert war, aber genug, daß er seine Schulden bezahlen konnte. Nur übrig blieb ihm davon nix.«

      »Net einmal, daß er sich ein anständiges Zuhause hätt’ kaufen können«, entfuhr es Adrian bitter.

      Der Bauer senkte schuldbewußt den Blick und schwieg.

      »Ich hab’ gleich gesagt, daß es net gutgehen kann«, ließ Hedwig Reindl sich vernehmen. »Unrecht Gut gedeihet net. Eines Tages mußte ja alles herauskommen…«

      Ihr Mann nickte.

      »Glauben S’ mir, Herr Greininger, ich bereu’, was ich getan hab’. Damals hab’ ich nur an mich gedacht, ohne Rücksicht auf das Schicksal anderer. Auch ich würd’s ungeschehen machen, wenn ich könnt’, aber dazu ist’s wohl zu spät.«

      Er richtete seinen Blick auf Adrian.

      »Ich bin bereit, den Hof zum damaligen Preis an Sie zurückzugeben«, sagte er. »Was Sie durchgemacht haben, dafür kann ich keinen Schadenersatz leisten. Aber wenn es das ist, was Sie wollen, dann sollen Sie den Hof wiederhaben.

      Nur… lassen S’ Tina net dafür büßen. Das Madl kann nichts für die Fehler seiner Eltern.«

      Adrian schluckte.

      Dieses Geständnis bedeutete ihm sehr viel. Acht Jahre hatte er darauf gewartet, solche Worte zu hören.

      Den Hof zurück? Wollte er ihn wirklich haben, oder war es ihm nicht vielmehr darauf angekommen, auf andere Weise Genugtuung zu erhalten? War es nicht wichtiger für ihn, daß der Bauer sein unrechtes Tun einsah?

      »Ich will den Hof gar net haben«, stieß er hervor. »Behalten S’ ihn und werden S’ glücklich, wenn Sie’s können. Die Schuld, die Sie auf sich geladen haben, nimmt Ihnen ohnehin niemand ab. Jeden Morgen, wenn Sie aufwachen, werden S’ sich daran erinnern, daß er unrechtmäßig in Ihren Besitz übergegangen ist, und jeden Abend, wenn S’ ins Bett geh’n, werden S’ sich fragen, ob Sie wirklich ruhig schlafen können in der Nacht.«

      Er schüttelte vehement den Kopf.

      »Nein, ich will ihn net zurück. Aber Tina wird meine Frau, ob’s Ihnen nun paßt oder net.«

      Sebastian schmunzelte. Er war glücklich über den Verlauf der Unterredung. Friedrich Reindl hatte gestanden und sein Unrecht eingesehen. Adrian bekundete seine Liebe zu Tina.

      »Ich schlag’ vor, daß du noch bis morgen wartest und dann zu ihr fährst«, sagte er an den jungen Burschen gewandt. »Und wenn du willst, dann begleite ich dich.«

      Als er diesen Vorschlag machte, ahnte er allerdings noch nicht, daß es doch nicht so einfach werden würde…

      *

      Zufrieden fuhr der Bergpfarrer nach St. Johann zurück. Adrian Greininger war noch auf dem Hof geblieben. Tinas Eltern hatten ihn darum gebeten. Auf die Frage, was mit den Papieren geschehen sollte, die im schwarzen Koffer in der Hotelsuite lagen, hatte Adrian geantwortet, sie würden in den Reißwolf gesteckt. Jetzt saßen die drei zusammen und setzten ihre Aussprache fort. Sebastian war sicher, daß er nicht mehr dabei gebraucht wurde.

      Im Pfarrhaus erwartete ihn indes eine schlimme Botschaft.

      »Bischof Meerbauer liegt im Krankenhaus«, empfing ihn Sophie Tappert. »Sein Sekretär hat angerufen, wegen des morgigen Termins.«

      »Um Himmels willen, was fehlt ihm denn?« fragte Sebastian Trenker. »Hat Pater Antonius Näheres gesagt?«

      »Die Galle«, antwortete seine Haushälterin. »Zwölf Steine mußten entfernt werden. Inzwischen geht es Seiner Exzellenz schon wieder besser. Er hat die Operation gut überstanden. Von der Intensivstation haben s’ ihn schon wieder verlegt.«

      »Na, Gott sei Dank«, nickte Sebastian und schaute auf die Uhr. »Da werd’ ich am besten gleich mal zu ihm fahren.«

      Er setzte den Gedanken gleich in die Tat um. Auf dem Weg zum Krankenhaus dachte er an seinen letzten Besuch im Bischöflichen Ordinariat und daran, daß Ottfried damals schon krank gewirkt hatte. Aber wie er seinen Vorgesetzten kannte, vermutete der Bergpfarrer, daß er das niemals zugegeben hätte.

      Gleichzeitig fiel ihm wieder ein, daß am Samstag der Wagen Bischof Meerbauers durch St. Johann gefahren war, und ein fürchterlicher Verdacht stieg in ihm auf…

      Sollte Ottfried etwa…?

      Nein, schüttelte Sebastian den Kopf. Oft genug hatten er und sein Bischof über die ominösen Mittel gesprochen, die der alte Brandhuber den Leuten anzudrehen versuchte. Mehr als einmal war der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann schon Thema dieses Gespräches gewesen, und Ottfried hatte laut erklärt, daß solche Praktiken eigentlich verboten werden müßten. Sebastian konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß er ausgerechnet jetzt zu einem Mittel des Brandhubers gegriffen haben würde.

      Aber er wußte auch um die Angst des Bischofs vor einer Operation. Nur ungern unterzog er sich überhaupt einer ärztlichen Untersuchung. Vielleicht war sein Verdacht doch nicht so ganz unberechtigt, überlegte er.

      Auf dem Parkplatz standen unzählige Autos. Sonntag nachmittag kamen wohl die meisten Besucher. Sebastian hatte seinen Wagen abgestellt und betrat die Halle, die eher der Lobby eines Hotels entsprach, als der eines Krankenhauses. Er fragte nach dem Zimmer des Bischofs und bekam die gewünschte Auskunft.

      Wenig später trat er an das Bett des Vorgesetzten. Bleich und mit geschlossenen Augen lag Ottfried Meerbauer darin.

      »Was machst du bloß für Sachen?« fragte der Bergpfarrer. »Hättest’ net schon viel eher auf den Rat deines Arztes hören können? Dr. Ambacher hat dir doch bestimmt schon mehrfach gesagt, daß die Gallensteine raus müssen, oder?«

      Der Bischof hob matt die Hand.

      »Du hast ja recht«, winkte er ab. »Aber was ich jetzt am wenigsten brauch’, sind Vorwürfe.«

      »Ich weiß«, nickte Sebastian. Wie geht’s dir?«

      »Ach, noch ein bissel erschöpft von der Operation, aber Schmerzen hab’ ich keine mehr.«

      »Na, da bin ich aber froh.«

      Sebastian nahm sich einen Stuhl und setzte sich an das Bett. Sie unterhielten sich, und Ottfried Meerbauer hörte erleichtert, daß die unangenehme