Isolde Kurz

Gesammelte Werke


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Gas­sen.

       Ein al­tes Schloss ist un­ser Ziel zu­letzt.

       Wer bist du, schö­ne Maid? Ich kann’s nicht fas­sen,

       Und wo­hin füh­rest du mich jetzt?

       Doch küs­send spricht die Klei­ne: Lass das Sor­gen,

       Ich bin ein Mär­chen, nur für dich er­dacht.

       Ich bin ein Traum, o träu­me bis zum Mor­gen!

       Der Vor­hang fällt, und es ist Nacht. – –

       Am Mor­gen, als es kaum be­ginnt zu ta­gen,

       Irr’ ich um­her. Wo bin ich? Wär’ mir’s klar!

       Ja – wo ich bin, das kann ich je­den fra­gen,

       Al­lein, wer sagt mir, wo ich war?

      Aus der­sel­ben leicht­her­zi­gen Ton­art geht

      Der Lie­be Furcht

       In der Nacht nach je­nem Tag

       Sprach mein Lieb mich von sich drän­gend:

       Wa­rum rückst du mir so nah?

       Ach, ich fürch­te mich vor dir.

       An dem Tag nach je­ner Nacht

       Sprach mein Lieb sich an mich schmie­gend:

       Wa­rum willst du von mir ge­hen?

       Ach, ich fürcht’ mich ohne dich.

      Aber die Lie­be hat auch in­ni­ge­re Töne: Da ist ein er­grei­fen­des Er­le­ben des Arz­tes:

       Und seh’ ich dich mit ro­ten Wan­gen,

       So wird mir in der See­le weh,

       Mich fasst ein un­nenn­ba­res Ban­gen,

       Du blei­che Maid, ach Gott, ich seh’,

       Ich seh’, ich seh’ die wei­ße Rose

       In Pur­pur krank­haft schön er­blühn,

       Dem un­ab­wend­bar blas­sen Lose

       In has­ti­ger Glut ent­ge­gen­glühn.

       Ich seh’s und ach, ich kann nicht weh­ren,

       Du blei­ches Lieb, der Fie­ber­glut,

       Ich wein’, ich wei­ne her­be Zäh­ren,

       Die Krank­heit kenn’ ich, ach, zu gut.

      Da ist das spä­te Wie­der­se­hen mit ei­ner Ju­gend­nei­gung:

       Ein Bild tritt wie­der

       In mei­ne Ruh:

       Herz mei­ner Lie­der,

       An­ni­na, du.

       Da­hin, ver­gan­gen

       Ist un­se­re Zeit.

       Wa­rum so be­fan­gen

       Nahst du mir heut?

       Was blickt durch Trä­nen

       Dein Aug’ mich an?

       Frucht­lo­ses Seh­nen,

       Ver­lor­ner Wahn.

       Uns wies das Le­ben

       Ge­trenn­ten Stand,

       Was drückst mit Be­ben

       Du mei­ne Hand!?

       Ent­schwun­de­ne Tage,

       Ver­k­lung­nes Glück

       Bringt kei­ne Kla­ge,

       Kein Wunsch zu­rück.

      Her­zen wie die­ses ver­zeh­ren sich in lau­en Frie­dens­ta­gen, da sie nicht fin­den, wo­für sich sel­ber wür­dig ver­geu­den, und we­der Freund noch Feind ih­rer wert ach­ten. Aber der Jüng­ling ist nun zum Man­ne ge­reift und flüch­tet sich in die Stren­ge der Pf­licht, die fort­an mit ihm ge­hen wird und ihm durch sich sel­ber loh­nen, so­lan­ge er lebt:

      Auf ei­nem Be­rufs­gang

       Es bläst der Wind, der Re­gen gießt in Strö­men,

       Die schwar­ze Wol­ke stellt sich vor den Mond,

       Im Dun­keln heißt die Pf­licht den Weg mich wei­ter neh­men!

       So sei ich durch mich selbst be­lohnt.

       Ich will die Schmer­zen küh­len

       Und mei­ner See­le Not

       Im Kampf mit Wind und Wet­ter,

       Im Rin­gen mit dem Tod.

      Die­se Kehr­sei­te der Schwel­ge­rei, den Tag und Nacht zur äu­ßers­ten Leis­tung und Selbst­ver­leug­nung ge­spann­ten Hel­fer­wil­len, muss man im Auge be­hal­ten um zu be­grei­fen, wie stark die Ker­ze fort und fort an bei­den En­den ge­brannt hat. Aber end­lich, da das Fie­ber nach­lässt, wird ihm sei­ne Poe­sie zu der war­men Asche in der, wenn man sie auf­rührt, ein so rei­zen­des Fun­ken­spiel sich schlän­gelt. Jetzt ist nichts Per­sön­li­ches mehr da­bei, eine hei­te­re Lau­ne treibt mit den Din­gen und dem ei­ge­nen Ich ih­ren Scherz wie in dem:

      Heim­ritt

       Zäumt mir mei­nen Pe­ga­sus

       Mit den lan­gen Ohren,

       Weil ich heut noch rei­ten muss

       In das Land der To­ren.

       Grau­er, hast auf die­sem Weg

       Dich noch nie ver­lo­ren,

       Kenn’ ich selbst doch Weg und Steg,

       Bin ja dort ge­bo­ren.

       Und so reit’ ich wie­der heim,

       Weil ich Heim­weh habe,

       Wechs­le nun­mehr auch den Reim

       Und den Schritt zum Tra­be.

       In der Frem­de leg­t’ ich brach

       Mei­ne bes­te Gabe;

       War wie and­re klug und, ach,

       Ernst­haft wie ein Schwa­be.

       Bin nun all des Erns­tes satt,

       Geb dem Tier die Spo­ren.

       Im Ga­lopp zur Nar­ren­stadt!

       Noch ist nichts ver­lo­ren.

       Fri­sches Le­ben, Saus und Braus,

       Bin wie neu­ge­bo­ren,

       Ewig bleib’ ich jetzt zu Haus

       In dem Land der To­ren.

      Gera­de in der leich­ten un­per­sön­li­chen Gat­tung fin­det er sei­nen vol­len Per­sön­lich­keits­s­til, dass, wer ihn kann­te, zu­wei­len eine münd­li­che Re­de­wei­se her­aus­hört. So in dem lie­bens­wür­di­gen:

      Rin­gel­rei­hen

       (zu ei­nem von sei­nem Töch­ter­chen

       ge­mal­ten Bild­chen)

       El­fen­kin­der so rund und klein

       Tan­zen in lus­ti­gem Rin­gel­reihn

       Wohl um die schwei­gen­de Eule.

       Denkt sich die Eule: bin ich ihr Gott?

       Oder bin ich nur Kin­der­spott?

       Ob ich jetzt lach’ oder heu­le?

      Aber die Kro­ne sei­nes Hu­mors sind die Ge­s­pens­ter­lie­der, eine an­de­re Art von To­ten­tanz, worin der ärzt­li­che Dich­ter die ver­schie­dens­ten mensch­li­chen Ty­pen ihr teils ba­rockes, teils