Брэм Стокер

Dracula


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die Ne­bel­fet­zen flat­ter­ten durch den Licht­ke­gel; und dann, mi­ra­bi­le dic­tu,2 schoss zwi­schen den Piers, in ra­sen­der Eile von Woge zu Woge, der frem­de Scho­ner mit vol­len Se­geln vor dem Wind in den si­che­ren Ha­fen. Der Schein­wer­fer folg­te mit sei­nem Licht, und ein Schau­er durch­rie­sel­te alle; am Steu­er war ein Leich­nam an­ge­bun­den, der, mit ge­senk­tem Haup­te, bei je­der Be­we­gung des Schif­fes hin- und her­ge­schwenkt wur­de. Kei­ne an­de­re Ge­stalt war an Deck sicht­bar. Ein grau­si­ges Ent­set­zen kam über alle, als man sich klar wur­de, dass das Schiff, wie durch ein Wun­der, nur ge­steu­ert von der Hand ei­nes to­ten Man­nes, den Ha­fen er­reicht hat­te. Je­den­falls ging al­les ra­scher vor sich, als es sich schil­dern lässt. Der Scho­ner hielt nicht an, son­dern flog quer durch den Ha­fen und fuhr auf einen Hau­fen Sand und Kies auf, den die Ge­zei­ten und so man­cher Sturm in der Süd­we­ste­cke des Ha­fens an­ge­spült hat­ten und der die Lo­kal­be­zeich­nung »Tate Hill Pier« führ­te. Es war je­den­falls eine un­ge­heu­re Er­schüt­te­rung, als der Scho­ner auf die Sand­bank auf­lief. Jede Spie­re, je­des Tau und je­des Stag war an­ge­spannt, und kra­chend ka­men ein­zel­ne Sten­gen3 durch das Tau­werk her­un­ter. Das selt­sams­te war, dass in dem Au­gen­blick, als das Auf­lau­fen er­folg­te, ein großer Hund, wie er­schreckt durch den Stoß, auf Deck kam und vor­wärts ren­nend vom Bug auf den Sand sprang. Er lief di­rekt auf die stei­len Klip­pen zu, wo der Kirch­hof über dem Fuß­weg zum Pier so schroff ab­fällt, dass ei­ni­ge der Grab­stei­ne – der Volks­mund nennt sie dort through-sto­nes oder th­ruff-steans – über den ab­ge­stürz­ten Klip­pen­rand vor­ra­gen, und ver­schwand im Dun­kel, das den vom grel­len Licht des Schein­wer­fers ge­blen­de­ten Au­gen noch schwär­zer er­schi­en.

      Es be­fand sich im Au­gen­blick nie­mand auf Tate Hill Pier, da alle in der Nähe da­von Woh­nen­den ent­we­der sich schon zu Ruhe be­ge­ben hat­ten oder als Zuschau­er drau­ßen auf den Hö­hen wa­ren. So war der auf der Ost­sei­te des Ha­fens dienst­tu­en­de Küs­ten­wart, der in höchs­ter Eile dem klei­nen Pier zu­streb­te, der ers­te, der an Bord des Wracks ging. Die Leu­te am Schein­wer­fer dreh­ten, als sie die Ha­fen­mün­dung noch­mals ab­ge­sucht hat­ten, ohne et­was zu ent­de­cken, das Licht auf das Wrack und hiel­ten es dort fest… Der Küs­ten­wart klet­ter­te also hin­auf, und als er an das Steu­er­rad kam, beug­te er sich vor, um es ge­nau zu un­ter­su­chen. Da prall­te er zu­rück, wie un­ter dem Ein­druck ei­nes plötz­li­chen Schre­ckens. Dies schi­en die all­ge­mei­ne Neu­gier an­zu­fa­chen, und der gan­ze Men­schen­schwarm be­gann zu lau­fen. Es ist ein schö­nes Stück We­ges von der West­klip­pe, an der Zug­brücke vor­bei, zum Tate Hill Pier, aber ihr Kor­re­spon­dent ist ein ziem­lich gu­ter Läu­fer, und so ge­lang es ihm denn, als ers­ter von al­len den Schau­platz der Ka­ta­stro­phe zu er­rei­chen. Als ich an­kam, fand ich zwar schon eine An­zahl Men­schen auf dem Pier ver­sam­melt, die der Küs­ten­wart und meh­re­re Po­li­zis­ten dar­an ver­hin­der­ten, an Bord zu ge­hen. Durch die Lie­bens­wür­dig­keit des ers­ten Boots­man­nes er­hielt ich als ihr Kor­re­spon­dent die Er­laub­nis, das Deck zu be­tre­ten. So war es nur eine klei­ne Grup­pe, der es ver­gönnt war, den to­ten See­mann, der wirk­lich ans Steu­er ge­bun­den war, in der Nähe zu se­hen.

      Es war kein Wun­der, dass der Küs­ten­wart über­rascht, viel­mehr ent­setzt war, denn wohl nicht oft im Le­ben wird ei­nem solch ein An­blick zu­teil. Der Mann war mit den Hän­den, eine über der an­de­ren, an ei­ner Spei­che des Ra­des fest­ge­bun­den. Zwi­schen den Hand­flä­chen und dem Hol­ze war ein Kru­zi­fix ein­ge­klemmt. Die Ket­te des Ro­sen­kran­zes, an der es be­fes­tigt war, wand sich um die Knö­chel und die Rad­spei­che, und al­les wur­de fest­ge­hal­ten durch die bin­den­den Schnü­re. Der arme Kerl mag wohl ei­ni­ge Zeit ge­ses­sen ha­ben, aber das Flat­tern und Schla­gen der Se­gel hat das Steu­er­rad so hin- und her­ge­wor­fen und ihn mit­ge­zo­gen, dass die Schnü­re, mit de­nen er ge­fes­selt war, das Fleisch bis auf die Kno­chen durch­schnit­ten. Es wur­de der Sach­ver­halt ge­nau fest­ge­stellt, und ein Arzt, der un­mit­tel­bar hin­ter mir ge­kom­men – Herr Dr. J. M. Caffyn, East El­li­ot Place 33 – kon­sta­tier­te, als er den Mann un­ter­sucht hat­te, dass er schon min­des­tens zwei Tage tot sein muss­te. In sei­ner Ta­sche be­fand sich eine Fla­sche, die sorg­fäl­tig ver­korkt, aber leer war, bis auf eine klei­ne Pa­pi­er­rol­le; wie sich dann her­aus­stell­te, war es eine Er­gän­zung zum Log­buch. Der Küs­ten­wart er­klär­te, der Mann müs­se sei­ne Hän­de selbst fest­ge­bun­den und dann mit den Zäh­nen die Schnü­re an­ge­zo­gen ha­ben. Die Tat­sa­che, dass ein Küs­ten­wart der ers­te an Bord war, wird spä­ter die Ver­hand­lung vor dem See­ge­richt ver­ein­fa­chen; ein Küs­ten­wart kann kein Ber­ge­geld be­an­spru­chen, wie der Pri­vat­mann, der als ers­ter ein Wrack be­tritt. Trotz­dem rühr­ten sich schon die ju­ris­ti­schen Zun­gen, und ein jun­ger Rechts­stu­dent be­teu­er­te laut, dass die Rech­te des Schiffs­eig­ners un­rett­bar ver­lo­ren sei­en, da in die­sem Fal­le das Ge­setz über die tote Hand in Kraft tre­te; denn ohne Zwei­fel sei das Steu­er­rad, das Sym­bol der Herr­schaft über das Schiff, von der Hand ei­nes to­ten Man­nes ge­führt wor­den. Es ist wohl un­nö­tig, be­son­ders zu be­to­nen, dass der tote Steu­er­mann mit al­ler Rück­sicht von dem Plat­ze ge­tra­gen wur­de, wo er in Ehren sei­ne Wacht ge­treu bis in den Tod ge­hal­ten hat­te – eine Stand­haf­tig­keit, so edel wie die des jun­gen Ca­sab­lan­ca – und im Lei­chen­hau­se bis zum Ein­tref­fen der Ge­richts­kom­mis­si­on auf­ge­bahrt wur­de. Schon ist der furcht­ba­re Sturm vor­über und sei­ne Wild­heit be­ginnt sich zu le­gen; die Men­ge zer­streut sich heim­wärts und der Him­mel rö­tet sich über den Wäl­dern von Yorks­hi­re. Ich wer­de recht­zei­tig für die nächs­te Aus­ga­be wei­te­re De­tails über das Wrack schi­cken, das im schreck­lichs­ten Sturm auf so wun­der­ba­re Wei­se den Weg in den Ha­fen fand.

      Whit­by