Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman


Скачать книгу

galant den Stuhl zurecht, ehe er sich auch setzte.

      »Ach, Tom«, rief sie überwältigt aus, »so wie jetzt sollte es ewig bleiben.«

      »Das wäre schön«, bestätigte er, »aber ein ewiges Glück gibt es nicht. Menschen müssen im Laufe ihres Lebens Höhen und Tiefen durchleben, manche mehr, manche weniger. Der Traum vom ewigen Glück ist eine Illusion, außerdem wäre es gar nicht möglich. Bei einem andauernden ewigen Glück würde man verrückt, das wäre ein Zustand, den man gar nicht aushalten könnte.«

      »Ich könnte das«, widersprach sie.

      »Nein, mein Liebes, du könntest es auch nicht, niemand könnte es, das ist nämlich wissenschaftlich erwiesen.«

      »Nun gut, ich will nicht streiten. Wir können ja durch unsere Liebe, durch unser andauerndes Glück die Wissenschaft widerlegen.«

      »Einverstanden«, lachte er. »Glück ist ja vielschichtig. Neben dem absoluten Glück, dich an meiner Seite zu haben, macht mich im Augenblick auch das Essen glücklich. Hast du schon das Sashimi vom Lachs probiert?«, wollte er wissen.

      Sie strahlte ihn an.

      »Banause, in einem solchen Moment ans Essen zu denken, aber ja, ich habe es probiert und muss zugeben, dass es heute ganz besonders lecker ist, während der Thunfisch mich enttäuscht. Ich finde ihn ein wenig trocken.«

      »Kann ich dir erst sagen, wenn ich ihn probiert habe, aber vorher möchte ich mit dir anstoßen – auf uns, auf unsere Sterne und auf diesen unvergleichlichen Abend.«

      Sie tranken perfekt temperierten Chateau-Wein, der golden in ihren Gläsern funkelte.

      Für das, was Bettina in diesem Augenblick fühlte, dafür gab es keine Worte, um es zu beschreiben.

      Es war ein Augenblick der Ewigkeit …

      *

      Bettina hatte von Gregor Olsen nichts mehr gehört, seit sie zufällig zusammen auf dem Chateau Dorleac gewesen waren. Das war so vereinbart worden, und Gregor hielt sich auch strikt daran. Umso erstaunter war Bettina, ihn jetzt am Telefon zu haben.

      »Hallo, Gregor.«

      »Sei nicht böse, dass ich mich, entgegen unserer Vereinbarung bei dir melde«, sagte er nach der Begrüßung. »Nur, Toni hat mich übers Wochenende eingeladen. Darüber möchte ich dich informieren. Es könnte ja sein, dass wir uns über den Weg laufen.«

      Ach Gott, wie rührend!

      »Gregor, Toni ist nicht mein Leibeigener, und er ist mir auch keine Rechenschaft darüber schuldig, wann er wen einlädt, aber wenn du schon mal auf den Hof kommst, dann will ich dich auf jeden Fall sehen und begrüßen. Wir sind doch keine Feinde, die, wenn sie sich sehen, mit gewetzten Messern aufeinander losgehen.«

      »Nein, natürlich nicht. Aber du weißt, dass ich dich … mehr als nur nett finde, während du ganz klare Grenzen gesetzt hast. Du sollst nicht glauben, dass ich alles dransetze, um in deine Nähe zu kommen …, was nicht bedeutet, dass deine Nähe mir nicht gefällt.«

      Sie musste lachen.

      »Gregor Olsen, du denkst um die Ecke, du bist zwar ein ganz exzellenter Unternehmensberater, aber ein …«

      »Ich weiß«, seufzte er.

      »Wo hast du eigentlich so lange gesteckt?«, erkundigte sie sich. »Ich habe zwischendurch mal versucht, dich zu erreichen, weil ich eine Frage wegen des Chateaus hatte, doch da wurde mir gesagt, du seiest im Ausland. Stimmt das?«

      »Ja, ich bin gerade erst wieder aus China zurückgekommen«, bestätigte er.

      »Du kommst herum …, China, wie spannend.«

      »Wenn du dort angestrengt arbeiten musst, ist das nicht so prickelnd, die Chinesen sind keine einfachen Geschäftspartner. Aber was wolltest du wegen des Chateaus wissen? Ist der Verkauf jetzt relevant? Wenn es so ist, kann ich dir aus dem Handgelenk drei, vier ernsthafte Interessenten schütteln.«

      »Nicht mehr nötig, Jörg wird zum Glück nicht verkaufen. Er hat sich entschlossen, Chateau Dorleac selbst zu bewirtschaften.«

      »Eine sehr, sehr vernünftige Entscheidung, ein solches Sahnestückchen findet man so leicht nicht mehr. Und der Betrieb arbeitet doch wieder ertragreich, was sich durchaus steigern lässt, es ist noch genug Kapazität vorhanden.«

      »Jetzt hast du dir aber die ganze Mühe umsonst gemacht, Gregor.«

      »Umsonst? Ich hatte das große Glück mit einer bezaubernden Frau unvergleichliche Tage auf einem traumhaften Anwesen verbringen zu dürfen. Ich träume noch heute davon.«

      Sie ging darauf nicht ein.

      »Und was liegt jetzt bei dir an?«, erkundigte Bettina sich.

      »Nicht viel. Ich bin dabei, mein Leben zu ordnen und werde diese Großaufträge nicht mehr annehmen. Flucht ist kein Ausweg. Man kann nicht davonlaufen, sondern schleppt seine Probleme immer mit. Wird Zeit, dass ich anfange, meine Leichen aus dem Keller zu lassen.«

      Was bestimmt nicht einfach sein wird, hätte Bettina am liebsten gesagt. In Frankreich hatte Gregor ihr erzählt, dass seine Frau die Kinder und sich selbst umgebracht hatte. An so etwas konnte man zerbrechen, war er nicht, aber einfach war es nicht, damit fertig zu werden. Denn an so etwas konnte man nicht rational herangehen wie an die Sanierung eines Betriebes, das war eine emotionale Sache, bei der nichts vorausberechenbar war.

      »Ich wünsche dir Glück dabei«, sagte sie leise.

      »Danke, Bettina, doch da wir gerade beim Glück sind … Von Toni habe ich erfahren, dass du jetzt heiraten wirst. Aber du musst mir da helfen …, er sprach von einem Thomas. Da hat er sich doch geirrt, oder? Dein Auserwählter heißt doch Jan, wenn ich mich recht erinnere.«

      »Ach, Gregor, das ist eine lange Geschichte, die ich dir erzählen werde, wenn du hier sein wirst. Richtig ist, dass ich Thomas heiraten werde, meine große Liebe. Richtig ist aber auch, dass ich zwischenzeitlich mit Jan van Dahlen verlobt war.«

      Sie lachte, weil sie sich seine Verwirrung vorstellen konnte.

      »Das hättest du von mir nicht gedacht, richtig? Dieses Landei Bettina Fahrenbach und dann ein so verwirrendes Liebesleben. Aber jetzt ist alles klar, Thomas würde ich gegen keinen Mann der Welt eintauschen, nicht einmal gegen einen Robert Redford in seinen besten Zeiten.«

      Sie unterhielten sich noch eine Weile.

      Nachdenklich legte Bettina schließlich ihr Telefon weg.

      Es war ein schönes Gespräch gewesen, aber Gregor Olsen war auch ein ausgesprochen netter Mann. Hoffentlich fand er bald eine mitfühlende Frau, an deren Seite er das ganze Elend seiner Vergangenheit ein wenig vergessen konnte.

      Tom hatte davon gesprochen, dass es ein dauerhaftes Glück nicht gäbe, aber ein solches Unglück wie Gregor musste man doch auch nicht haben. Da war es doch wohl eher so, dass man vor lauter Unglück verrückt werden konnte. Dass dauerhaftes Glück verrückt machen würde, wollte sie ohnehin nicht glauben. Sie hatte Tom nur nicht widersprechen wollen, weil der Abend so wunderschön gewesen war, den sie nicht durch den leises­ten Missklang hatte trüben wollen. Außerdem war er viel zu schön gewesen, um über so Abstraktes zu diskutieren.

      Sie war glücklich, unbeschreiblich, und mehr wollte sie nicht.

      *

      Obwohl es ja erst die standesamtliche Hochzeit war, die bevorstand, war Bettina aufgeregt wie ein kleines Mädchen an Weihnachten.

      In erster Linie freute sie sich, Toms Frau zu werden, aber auch darauf, dieses wunderschöne Outfit anzuziehen.

      Sie träumte gerade wieder davon, als Linde hereingepoltert kam.

      Sie hatten sich längst ausgesprochen, die kleine Unstimmigkeit war vergessen.

      »Na, das ist aber eine Überraschung«, rief Bettina, »mit dir hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Um diese Zeit bist du doch normalerweise in deinem Gasthof.«