Alexander von Ungern-Sternberg

Alexander von Ungern-Sternberg: Historische Romane, Seesagen, Märchen & Biografien


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es, und du wirst gehorchen. Mein Auftrag war übrigens nur Scherz! Das hättest du wissen sollen.«

      »Nur Scherz?« –

      »Nichts anderes!« sagte der Prinz. »Ich weiß, wie die Herzogin denkt, und es ist mir nicht im Traum eingefallen, ihre Tugend auf eine Probe zu stellen. Also nichts weiter davon!« –

      »Wie Sie befehlen, gnädiger Herr!« sagte Lorraine und zog eine so boshafte, heuchlerische Miene dabei, daß der Prinz sich wegwandte, um das Lachen zu verbeißen. Lorraine wollte gehen, der Prinz rief ihn zurück. Er kam, um seinem Herrn die Hand zu küssen; dieser riß ihn am Ohrläppchen, indem er rief: »Ah – also verliebt! Etwas Neues, Schurke! Du bist doch sonst nicht so leicht entzündet? Wie kommt das, he? Antworte!«

      »Ach, mein königlicher Herr!« rief der Favorit, indem er seinen Blick gen Himmel wandte und seinen Zügen den Ausdruck schmerzlichen Gefühls gab. »Wenn Eure Hoheit mir nichts erlauben, was soll aus mir werden? Wohin soll ich mich wenden? Verfolgt und gehaßt von meinen Kameraden, habe ich nichts als Ihre Gunst. Bin ich zu weit gegangen, ich bereue es!«

      »Es ist gut!« rief der Prinz, »die Sache ist vorbei. Doch höre, Lulu, lüge nicht, sage diesmal die Wahrheit. Wie weit warst du? Nun, sprich! Die Türe ist zu, es hört uns niemand.«

      »Sicherlich nicht allzu weit!« rief der junge Mann mit Lächeln. »Es bleibt für Eure Hoheit noch genug übrig.«

      »Die Bestie!« rief der Prinz, »man höre! Jetzt ist er der Großmütige, der mir mein Eigentum läßt. Doch genug! Der Stoß mit der Lichtschere sagt alles! Diese deutschen Weiber haben den Teufel im Leibe! Henriette war gefälliger. Doch der Baum fällt nicht auf den ersten Hieb. Für dich ist alles aus, hörst du! Ich habe nicht geglaubt, daß du sie hübsch fändest.«

      Der Chevalier stand noch da. Als der Prinz ihm winkte zu gehen, sagte er in einem bescheidenen Tone: »Darf ich eine Bitte wagen?«

      »Nun gut, was ist's?«

      »Eine Ehrensache,« rief der Jüngling. »Der Graf von der Pfalz, der Begleiter der Herzogin, hat mich gefordert. Darf ich mich mit ihm messen?«

      »Der Graf von der Pfalz?« wiederholte der Prinz. »Ei, seht doch! Ihr jungen Hähne! Man muß euch die Federn ausrupfen. Der hübsche, junge Bursche, der der Prinzessin gefolgt ist? Nein, das verbiete ich.«

      Der Chevalier zuckte die Achseln. »Ohne Zweifel schickt ihn mir die Herzogin über den Hals.«

      »O nein!« rief der Prinz lachend, »die hat das ihrige schon getan. Eine solche Ohrfeige! Tausend Teufel, die wiegt schon zwei Kämpfe auf, sollte ich meinen. Du bist dem jungen Herrn sonst auf irgendeine Weise unangenehm; daran liegt es. Sage ihm, ich ließe ihn zu mir entbieten! Hörst du? Ich will ihm die Narrheit aus dem Kopfe bringen.«

      »Wie Sie befehlen, gnädiger Herr; allein daß es nur nicht so aussieht, als fehle es mir an Mut. Ich fürchte den Teufel nicht, am wenigsten einen über den Rhein hergelaufenen Deutschen.«

      »Schon gut, jetzt geh!« rief der Prinz. »Nimm diesen Ring und trage ihn zum Andenken an diese Stunde. Hörst du, Bürschchen! Trage ihn zum Andenken an diese Stunde. Und keinen Zweikampf! Ei, ei, wo denkt Ihr hin; keinen Zweikampf!«

      27.

       Ein kleines Possenspiel

       Inhaltsverzeichnis

      Charlotte brachte ihre liebe Rätin aus deren Gemächern zu sich herüber. »Komm, liebes Mütterchen!« rief sie, »ich habe dir etwas zu sagen.«

      Die Rätin folgte. Sie wußte, es war wieder eine Klage. Sie sah die Prinzessin an, sie war mit dunkler Glut bedeckt, ihr Busen arbeitete heftig: diesmal mußte es etwas Wichtiges sein.

      Beide Frauen saßen sich gegenüber. Die Zimmertür war abgeschlossen.

      »Sieh mich bereit, diesen Hof zu verlassen,« hub die Herzogin an.

      Die Rätin tat, als hörte sie einen Scherz.

      Die Fürstin wiederholte den vorigen Satz.

      »Aber, liebes Lottchen, teures Prinzeßchen!« rief endlich kopfschüttelnd die Alte; »wie soll ich das verstehen? Verläßt man auch so mir nichts dir nichts einen Hof? Und wohin sollen wir uns wenden?«

      »Gleichviel, wohin!« rief die Prinzessin in Tränen ausbrechend. »Zu meinen Eltern darf ich nicht, so laß uns denn zu meiner Tante ins Kloster.«

      Die gute Frau schüttelte das Haupt. »Was ist denn vorgefallen?« fragte sie, mit besorgten Blicken in das Antlitz ihres geliebten Kindes schauend.

      »Ich bin beschimpft!« rief die Gefragte, »beschimpft, wie man nur beschimpft werden kann.« Die Rätin fragte weiter und endlich, in Bruchstücken von Tränen und Verwünschungen unterbrochen, erfuhr sie die Geschichte der Nacht. Auch sie fand die ganz tollkühne, seltsame Unternehmung im höchsten Grade beschimpfend für die Ehre der Prinzessin, und es war ihr nur lieb, als sie vernahm, daß die Klugheit Charlotte bewogen hatte, den Prinzen nichts von dem merken zu lassen, was in ihr vorging.

      »Aber, teures Kind,« hub sie nach einer Pause an, »bist du deiner Sache auch ganz gewiß?«

      »Teure Mutter,« rief die Prinzessin unter Tränen, »ich war ja schon ganz bereit, die schimpfliche Zusammenkunft auf ein Spiel des Ungefährs zu schieben! Ich bat ihn ja um Verzeihung wegen des Stoßes, den ich ihm gegeben, da kam der Prinz, und das kurze Gespräch, das er mit dem jungen Wüstling hatte, und von dem er nicht ahnte, daß ich es anhörte, belehrte mich eines anderen. Also preisgegeben war ich! Hingeopfert dem Schelmenstück eines frechen Burschen von noch nicht ganz siebzehn Jahren! Es hätte gelingen können, was dann? Die Zügellosigkeit dieses Menschen ließ alles befürchten.«

      »Da kenne ich Euch!« rief die Rätin. »Zwölf Männer bringen nichts bei Euch zuwege, sprecht nicht so! Ihr wollt mich nur ängstlich machen.« –

      »Gut!« rief die Prinzessin. »Ich bin ein deutsches Mädchen! Es ist wahr! Ich weiß die Kräfte zu brauchen, die ich von der Natur erhalten. Du hast recht! Man hätte mich erst in Stücke reißen sollen, ehe ich um die Breite eines Haares gewichen wäre! Aber er! War es nicht sein Wille, seine Absicht, daß ich hätte weichen sollen?«

      »Ich kann es mir nicht denken,« beschwichtigte die Rätin. »Das Ganze war ein Scherz! Und noch ist es zweifelhaft, ob er wirklich darum gewußt hat?«

      »O, davon bringt mich niemand ab!« rief die Prinzessin.

      »So vergib es! Tu so, als wäre, was geschehen, ein kecker, unerlaubter Spaß gewesen. Es wird nicht wieder geschehen. Die Art, wie du dich benommen, ist die richtige gewesen,« rief die Rätin. »Die Drohung mit dem König war am Platze. Der Herzog fürchtet und respektiert den König wie einen Vater. Damit kannst du ihn im Zaum halten. Aber ich bitte dich, nichts vom Davongehen! Um Gotteswillen, nur das nicht! Wir armen Frauen müssen viel ertragen, und man muß uns erst viel bieten, ehe wir weichen. Ich könnte dir Geschichten erzählen, besonders von Ehemännern, die sie an ihren jungen Weibern probierten. Das Geschlecht ist zu wild und zu gewohnt zu herrschen. Wir kommen erst nach und nach, und indem wir immer dieselbe Tugend der Geduld und Klugheit üben, zur Herrschaft! Er weiß nun, was er an dir hat, daß du auf diese Weise nicht mit dir spielen läßt; er wird es fein bleiben lassen, dich zum zweiten Male in Zorn zu bringen. Auch der junge Mensch weiß es, denn eine Ohrfeige ist eine sehr deutliche Sprache.«

      »Frechheit über Frechheit!« rief die Prinzessin. »Was hätte nun kommen sollen, wenn das Bubenstück gelungen wäre! Glaubte er mit einem Weibe leben zu können, das gleich so anfängt? Wollte er mich loswerden? Wollte er mich beim Könige verklagen? Gott weiß es! So viel aber ist mir klar: mit diesen Menschen muß man eine feste, sichere Sprache führen. Wenn ich an diesem Hofe bleibe, so soll man mich kennenlernen.«

      »Da sage ich Amen dazu!« rief die Rätin. »Tu, was dir gut dünkt, es wird stets das Richtige sein, nur laß das Weggehn bis zuletzt, wenn