unter den Bäumen einhergewandelt, während sie so sprachen.
"Nun wollen wir einmal deine Schützenkunst erproben, Junge", sagte der Trapper. "Puck, nimm deine Büchse auch." Der Zwerg sprang mit ganz ungeahnter Geschwindigkeit davon und kehrte, aus den Büschen auftauchend, bald mit seiner Waffe zurück.
"Blick den Strom hinauf, Paul, dort, wo der große Ahorn sich über das Wasser neigt, siehst du ihn?"
Der Knabe bestätigte es.
"Zwischen den Zweigen oben sitzt ein Raubvogel, schieß ihn herunter."
Paul, nicht ungeübt im Gebrauch der Büchse, hob die Waffe und zielte sorgfältig; neben ihm stand der Zwerg. Der Schuß krachte, und ein Adler erhob sich, durch den Knall aufgeschreckt, rasch in die Lüfte. Da entlud sich auch Pucks Büchse, und durch die Brust geschossen, fiel der Vogel nieder.
Paul sah verdrießlich drein.
"Gräme dich nicht, Junge, war ein ganz guter Schuß das, die Kugel schlug einen Fuß neben dem Adler ein, und sind wohl dreihundert Schritt bis dahin. Freilich solche Schützen, wie mein Puck, giebt es wenig in der Prairie, er schießt mitunter besser als ich.
Puck lachte vergnügt.
"Er mich gelehrt, Junge", sagte er zu Paul. "Grizzly sehr klug, kann alles."
"Wirst noch lernen, Paul, auch die flüchtige Antilope mit der Kugel niederzustrecken, wenn du einige Zeit hier bist. Fällt kein Meister vom Himmel."
Sie gingen bis zu dem Ahorn, auf den der Vogel eingefallen war, und fanden ihn tot zu dessen Fuße.
"Nimm die Federn, Puck. Können wir sie nicht brauchen, so machen wir unsern roten Freunden ein Geschenk damit. Es ist ein Steinadler und hat sich weit vom Gebirge entfernt; erscheinen selten so weit östlich von den Rocky Mountains."
"Kommen Indianer zu euch, Oheim?"
"Das Jagdgebiet der Cheyennes erstreckt sich bis hierher, und wir erhalten deshalb fast alljährlich Besuch von ihnen."
"Hast du auch schon mit ihnen gefochten?"
"Mit den Cheyennes? Nein; mit denen stehe ich auf gutem Fuße, doch haben die Roten hie und da den Knall meiner Büchse gehört. Vor drei Jahren wollte uns hier eine Räuberbande von Kiowas, welche Lust nach dem Inhalt meines Shanty verspürten, zu Leibe; haben sie aber gepfeffert, Puck und ich. Kannten den Grizzly und seinen Medizinmann, wie sie Puck allgemein nennen, nicht; mußten hernach sieben der Schufte in den Arkansas werfen. Haben sich nicht wieder hier blicken lassen seit der Zeit."
Der Verwachsene hatte dem Adler die Schwanz- und Schwungfedern ausgerissen und war zurückgegangen, um sie in seine Behausung zu tragen.
"Hat der Kleine, der Puck, auch gefochten, Oheim?"
"Wie ein Teufel, Junge, ist gefährlich, mit ihm anzubinden."
"Er sieht schrecklich aus."
"Ja, eine Schönheit ist er nicht", lachte der Trapper gutmütig, "und jeder, der den armen Jungen sieht, erschrickt, Rote noch mehr als Weiße; aber ich bin seit Jahren an sein seltsames Äußere gewöhnt. Übrigens habe ich diesem den Sieg über die Kiowas zu danken."
Fragend sah ihn Paul an.
"Nun, sie überfielen uns in tiefem Frieden, wir hatten kaum noch Zeit, uns in mein Shanty zu retten, und fechten können die Roten. Wir machten zwar im ersten Anlauf drei Sättel leer, Puck und ich, dann begannen die Schurken aber, uns mit Feuer auf den Leib zu gehen. Wir schossen zwar noch zwei nieder, ob sie gleich sehr vorsichtig waren; als es uns aber zu heiß drin wurde, stürzten wir hinaus. Mochten wohl mehr als ein gutes Dutzend von der Brut vor uns haben. Wäre uns doch wohl schlimm ergangen. Als aber die Roten Puck erblickten, der mit seinem langen Arm die Holzaxt schwang, überkam sie eine solche Panik, daß sie wie ein Rudel heulender Wölfe davonjagten. Sandte ihnen noch zwei Kugeln nach, die beide auch ihr Ziel erreichten. Du siehst, auch das unglückliche Äußere des Armen hatte sein Gutes."
Der Knabe staunte über die trockene Ruhe, mit welcher der Mann von einem so verzweifelten, blutigen Kampfe erzählte, so gleichgültig, als ob er von einer Jagdpartie spräche, noch mehr darüber, daß der Zwerg solche Tapferkeit entwickelt hatte. Er sah sich um, und da er Puck nicht gewahrte, sagte er: "Der Mensch ist geistig gestört, nicht wahr?"
"Ei bewahre, bewahre, Junge", sagte eifrig der Alte, "er ist nicht nur geistig normal entwickelt, sondern besitzt eine nicht gewöhnliche Intelligenz und daneben die Schlauheit eines geriebenen Wilden. Seine Zunge ist schwerfällig und gehorcht ihm nicht immer, er spricht oftmals und besonders wenn er erregt ist, nur mit Mühe, und dies mag wohl den Eindruck hervorrufen, daß es ihm an Verstand fehle; aber unterhalte dich nur öfter mit ihm, und du wirst dich vom Gegenteil überzeugen. Als ich dies arme Menschenkind fand, stammelte es nur unartikulierte Laute, aber ich gewahrte bald, daß eine lebendige Seele in dem mißtgestalteten Körper wohne, daß nur der mangelhafte Bau der Sprachwerkzeuge die Ursache seiner Lautbildung sei, und habe dann viele Tage damit zugebracht, ihn sprechen zu lehren, was auch endlich gelang. Er spricht jetzt alles, wenn auch schwerfällig. An langen Wintertagen, wenn wir hier eingeschneit waren, habe ich ihm mein geringes Wissen beigebracht, ihm von Gott und Jesus Christus erzählt, von Sonne, Mond und Sternen, von fremden Ländern und Menschen, von den Dingen, die uns umgeben, und dies haftet alles fest in seinem Geiste. Lesen kann er längst, nur zum Schreiben wollen sich die Finger nicht bequemen, so redliche Mühe er sich auch gegeben hat. Du wirst finden, daß er für einen Prairiemenschen überraschende Kenntnisse besitzt."
"Wie wunderbar", sagte Paul.
"Dabei hängt er mit so treuer Liebe an mir, daß er sich an langsamem Feuer zu Tode rösten ließe, wenn er glaubte, mir damit einen Gefallen zu erweisen."
"Eine seltsame Erscheinung."
"Ja, das ist wohl wahr."
"Und wie alt ist Puck?"
"Ja, genau weiß ich es nicht. Als ich das jämmerliche, unentwickelte Kind fand, schätzte ich sein Alter auf vier bis fünf Jahre, es kann aber auch wohl möglich sein, daß der verkrüppelte Zwerg damals schon sieben bis acht Jahre zählte, ja es ist sogar das wahrscheinlichere, und dann wäre Puck, wie ich ihn in einem Anfall von Laune nach dem Elf in Shakespeares 'Mittsommernachtstraum' getauft habe, nahezu zwanzig Jahre alt."
Gleich darauf schloß sich ihnen der Zwerg an.
Grizzly wandte sich an Puck mit den Worten: "Wollen wir unserm Gast unsern Marstall zeigen?"
Der nickte, und alle drei wandten sich vom Flusse ab, schritten quer durch den schmalen Waldsaum, und standen bald über dem vertieften Bette des Arkansas auf der Prairie.
Unweit von ihnen war ein schlankes Pferd an langem Lasso angepflockt und weidete ruhig das Gras ab.
"Wir lassen die Pferde ganz frei laufen, Paul, doch muß immer eines von ihnen zur Hand sein für den Fall, daß die andern aus weiter Entfernung herbeigeholt werden müssen." Er ließ seine scharfen Augen über die Ebene schweifen. "Dort sind sie, Puck", setzte er, nach Westen deutend, hinzu, "und kaum eine Weile weit."
Der Zwerg, der seiner geringen Körperlänge wegen nicht so weit sehen konnte, schritt eine leichte Erdanschwellung hinan, wohin ihm die andern folgten.
In der angegebenen Entfernung sahen sie fünf Pferde weiden. Puck legte die Finger an den Mund und entlockte ihnen einen schrillen, weithin tönenden Pfiff.
Er drang bis zu den Tieren, denn diese hoben die Köpfe und lauschten.
Ein zweiter Pfiff, und in raschem Galopp kamen vier der Pferde angesprengt, während das fünfte stehen blieb.
Ein dritter Pfiff beschleunigte noch die Gangart der Tiere, aber auch er verfehlte seine Wirkung auf das fünfte Roß.
"Der Blitz gehorcht immer noch nicht, Oheim", wandte sich Puck an den Trapper, auf das ferne Pferd deutend, "ich will ihn lehren."
Schon nahten im sausenden Galopp die vier Rosse, von denen drei von ungewöhnlicher Größe und Stärke waren, und hielten schnaubend vor der Gruppe an.
Grizzly