Die beliebtesten Geschichten, Sagen & Märchen zur Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe)
sind Dienstmädchen Ihre größte Plage, und sie plagen Sie sogar schlimmer als die Leute, die ich die wandernden Christen nenne, obgleich es für mich ein Geheimnis ist (für dessen Aufklärung, wenn es durch irgendein Wunder geschehen könnte, ich dankbar wäre), weshalb sie auf der Erde umherwandern, nach Vermieterzetteln Ausschau halten und dann hereinkommen, sich die Zimmer ansehen und über den Preis handeln, obwohl sie sie gar nicht brauchen und im Leben nicht daran denken, sie zu nehmen. Es ist verwunderlich, daß sie so lange leben und dabei wohlauf sind, aber vermutlich erhält sie die viele Bewegung gesund, da sie so viel klopfen und von Haus zu Haus gehen und den ganzen Tag die Treppen hinauf und hinunter laufen. Und dann ist es im höchsten Grade erstaunlich, wenn sie so tun, als ob sie so überaus genau und pünktlich wären. Sie blicken auf ihre Uhr und sagen: »Könnten Sie mir die Zimmer bis übermorgen vormittag zwanzig Minuten nach elf reservieren, und angenommen meine Freundin vom Lande legt Wert darauf, könnten Sie dann eine kleine eiserne Bettstelle in das kleine Zimmer oben stellen?«
Als ich noch ein Neuling im Geschäft war, meine Liebe, pflegte ich mir's zu überlegen, bevor ich zusagte; ich verwirrte mich ganz mit Berechnungen und ermüdete mich mit nutzlosem Warten, aber jetzt pflege ich zu sagen: »Gewiß; ganz bestimmt«, da ich genau weiß, es ist eine wandernde Christin und sie kommt nie wieder. Ja, jetzt kenne ich die meisten wandernden Christen persönlich, ebenso wie sie mich, da jedes derartige Individuum, das in London umherwandert, die Gewohnheit hat, etwa zweimal jährlich zu erscheinen, und es ist ein sehr bemerkenswerter Umstand, daß das Übel erblich ist und die heranwachsenden Kinder es auch annehmen. Aber selbst wenn es anders wäre, so brauche ich nur von der Freundin vom Lande zu hören – was ein sicheres Zeichen ist –, um zu nicken und zu mir selbst zu sagen: Sie sind eine wandernde Christin, obwohl ich nicht wagen kann zu behaupten, daß es, wie ich gehört habe, Personen mit einem kleinen Vermögen sind, die eine Vorliebe für eine regelmäßige Beschäftigung und häufigen Wechsel des Schauplatzes haben.
Dienstmädchen, wie ich meine Bemerkung begann, sind eine Ihrer größten und dauernden Plagen, und es geht einem mit ihnen wie mit den Zähnen, die mit Krämpfen anfangen und niemals aufhören, Sie zu quälen, von der Zeit, wo sie durchbrechen, bis zur Zeit, wo sie abbrechen, und dabei erscheint es einem hart, sich von ihnen zu trennen, aber wir müssen alle unterliegen oder künstliche kaufen. – Selbst wenn man ein williges Mädchen bekommt, dann bekommt man in neun von zehn Fällen ein schmutziges Gesicht mit dazu, und natürlicherweise lieben es die Mieter nicht, wenn vornehme Besucher mit einem schwarzen Fleck über der Nase oder schmierigen Augenbrauen eingelassen werden. Wo sie das Schwarz herkriegen, ist für mich ein unergründliches Geheimnis, wie in dem Fall des willigsten Mädchens, das je in ein Haus kam, sie war halb verhungert, das arme Ding, und ein so williges Mädel, daß ich sie die willige Sophy nannte, früh und spät auf den Knien scheuernd und immer fröhlich, aber stets mit einem schwarzen Gesicht lächelnd. Ich sagte zu Sophy:
»Nun, Sophy, mein gutes Mädchen, setze dir einen bestimmten Tag für die Kamine fest, gehe stets der Schuhwichse aus dem Weg, kämme dein Haar nicht mit Pfannenböden und rühre die abgebrannten Kerzendochte nicht an, dann muß es doch notwendigerweise ein Ende nehmen.«
Doch das Schwarz blieb, und stets auf ihrer Nase; und da diese aufgeworfen und an der Spitze breit war, so hatte es den Anschein, als ob sie damit prahlte, und es hatte auch eine Warnung zur Folge von einem ruhigen, aber ein wenig reizbaren Gentleman und ausgezeichneten wöchentlichen Mieter mit Frühstück und Benutzung eines Wohnzimmers auf Verlangen, der zu mir sagte:
»Mrs. Lirriper, ich bin so weit gekommen zuzugestehen, daß die Schwarzen Menschen und Brüder sind, aber nur wenn die Farbe natürlich ist und nicht abgerieben werden kann.«
Infolgedessen gab ich der armen guten Sophy andere Arbeit und verbot ihr strikt, die Tür zu öffnen, wenn es klopfte, oder auf ein Klingelzeichen herbeizulaufen, aber unglücklicherweise war sie so willig, daß sie nichts davon zurückhalten konnte, die Küchentreppe hinaufzufliegen, so oft eine Klingel ertönte. Schließlich fragte ich sie.
»O Sophy, Sophy, um des lieben Himmels willen, woher kommt es bloß?«
Darauf brach dieses arme, unglückliche, willige Geschöpf in Tränen aus und erwiderte:
»Ich nahm eine Menge Schwarz in mich auf, Ma'am, als ich ein kleines Kind war, da sich damals niemand um mich kümmerte, und ich denke, das muß es sein, was da herauskommt.«
Da es nun bei dem armen Ding immer weiter herauskam und ich andererseits sonst nichts an ihr auszusetzen hatte, sagte ich zu ihr:
»Sophy, was hältst du von dem Vorschlag, daß ich dir nach New South Wales verhelfe, wo es vielleicht nicht bemerkt werden wird?«
Und ich habe es nie bereut, dieses Geld ausgegeben zu haben. Es erwies sich als gut angelegt, denn sie heiratete auf der Fahrt den Schiffskoch (er war selbst ein Mulatte), und sie lebte gut und glücklich, und soviel ich gehört habe, wurde es unter jenen neuen gesellschaftlichen Zuständen bis zu ihrem Todestag nicht bemerkt.
Wie es Miß Wozenham weiter unten auf der anderen Seite der Straße vor ihren Gefühlen als Dame (was sie nicht ist) verantworten konnte, Mary Anne Perkinson aus meinem Dienst abspenstig zu machen, das muß sie selbst am besten wissen – ich weiß es nicht, und mir liegt auch nichts daran, zu erfahren, was für Lebensansichten Miß Wozenham hat. Aber diese Mary Anne Perkinson, wenn sie sich auch so häßlich gegen mich benahm, während ich stets gut zu ihr war, war ihr Gewicht in Gold wert, wenn es sich darum handelte, den Mietern Respekt einzuflößen, ohne sie zu vertreiben. Denn die Mieter klingelten viel weniger nach Mary Anne, als sie nach meiner Erfahrung je nach Mädchen oder Herrin geklingelt hatten, was viel bedeuten will, besonders wenn schielende Augen und eine Gestalt wie ein Sack voll Knochen dazukommen, aber es war ihre unerschütterliche Ruhe, die jene einschüchterte, und diese Ruhe kam daher, weil ihr Vater im Schweinehandel Unglück gehabt hatte. Mary Annes respekteinflößendes Äußeres und ihre strenge Weise wurden sogar mit dem pingeligsten Tee-und-Zucker-Gentleman fertig (denn er wog beides jeden Morgen in einer Waagschale), mit dem ich es je zu tun gehabt habe, und kein Lamm war nachher sanfter als er. Aber später erfuhr ich, daß Miß Wozenham einmal zufällig an meinem Haus vorüberging und zusah, wie Mary Anne die Milch von einem Milchmann übernahm, der jedes Mädel in der Straße in die rosigen Wangen kniff (ich denke deshalb nichts Böses von ihm), aber von ihr so eingeschüchtert wurde, daß er so steif wie die Statue bei Charing Cross war. Miß Wozenham begriff sofort, welchen Wert Anne für das Pensionsgeschäft hatte, und ging so weit, ein Pfund mehr Vierteljahrslohn zu bieten. Infolgedessen sagte Mary Anne, ohne daß es den geringsten Wortwechsel zwischen uns gegeben hätte, auf einmal zu mir: »Wenn Sie sich für den nächsten Ersten nach einer Neuen umsehen wollen, Mrs. Lirriper, ich habe es bereits getan.« Das kränkte mich, ich sagte es ihr, und daraufhin kränkte sie mich noch mehr, indem sie andeutete, daß das Unglück ihres Vaters im Schweinehandel sie zu derartigen Handlungsweisen gebracht habe.
Meine Liebe, ich versichere Ihnen, es ist bitter schwer zu entscheiden, welcher Art Mädchen man den Vorzug geben soll, denn wenn sie rasch sind, werden sie von ihren Beinen geklingelt, und wenn sie langsam sind, haben Sie selbst darunter zu leiden, weil in einem fort Klagen kommen, und wenn sie hübsche Augen haben, so stellen ihnen die Herren nach, und wenn sie auf ihr Äußeres halten, dann setzen sie die Hüte der Mieterinnen auf, und wenn sie musikalisch sind, dann probieren Sie es bloß einmal, sie von Musikkapellen und Leierkastenmännern wegzubringen, und gleichgültig, welche Köpfe Sie an ihnen bevorzugen, ihre Köpfe werden stets zum Fenster hinausgucken. Und dann, was den Herren an den Mädchen gefällt, das gefällt den Damen nicht, was für alle Beteiligten ein ständiger Zankapfel ist, und dann kommt den Mädchen die Wut, obwohl ich hoffe, daß es nicht oft in dem Maße der Fall ist wie bei Caroline Maxey.
Caroline war ein hübsches, schwarzäugiges Mädchen und hatte ein Paar kräftige Fäuste, wie ich zu meinem Schaden erfuhr, als sie losbrach und um sich schlug. Das geschah zum ersten und letzten Mal durch die Schuld eines jungen Ehepaares, das sich London ansehen wollte und im ersten Stock wohnte. Die Dame war sehr hochmütig, und es hieß, sie mochte Caroline wegen ihres hübschen Äußeren nicht leiden, da sie selbst in dieser Beziehung nichts übrig hatte, aber auf jeden Fall machte sie Caroline das Leben schwer, obwohl das keine Entschuldigung war. So kommt Caroline eines Nachmittags