klopft.
„Ah, Max — — —.“
„Ich bin entzückter von dir als je. Du hast dich, gestatte mir die konventionelle Phrase, selbst übertroffen. Aber das empfinde ich! Gott, daß diese kalten Kerls das mitgenießen dürfen!? Aber Gott sei Dank, sie könnens nicht! Nur ich kann es, nur ich kann es, nur, nur ich! Wenn du mir das wenigstens glauben könntest, Hélèn, nur das wenigstens. Es wäre fast alles! Mehr brauchte man ja eigentlich gar nicht!“
„Ich glaube es dir, Max, sonst könntest du es unbedingt nicht so leidenschaftlich überhaupt vorbringen!“
„Diese schönen Blumen! Irgend jemand versucht es mit 50 Kronen mein Lebensglück zu zerstören!“
„Jawohl, Max, alle versuchen das, andere wollen es sogar noch billiger unternehmen und geschickter. Aber alles hängt bei uns Frauen von unserem guten Willen ab; und den habe ich nur für dich! Es ist vielleicht ein Zufall, aber es ist so, Max!“
Er führt ihre Hand tief gerührt zum Munde. Das Kind steht auf, küßt ihm ehrerbietigst die Hand.
„Wer ist dieses Kind?!?“
„Es ist das Töchterchen unserer Garderobiere! Sie kauert immer in der Ecke meiner Garderobe, hält alle meine Sachen in bester peinlichster Ordnung — — —.“
„Hast du die Tänzerin auch so lieb wie ich — —.“
„Das kann ich nicht wisse — — —.“
„Möchtest du ihr alles, alles verzeihen, sogar wenn sie dir ganz ohne Grund eine schreckliche Ohrfeige gäbe?!?“
„Ja, ich möchte es ihr ganz gewiß verzeihen, wegen ihres Tanzens, das ich gesehen habe. Ich möchte mir nur denken: Weshalb tust du das einem Menschen an, der dich so lieb hat?! Wenn du eine Ohrfeige austeilen willst, gib sie doch lieber einem, dem du gleichgiltig bist! Der spürt es doch weniger schmerzlich — — —.“
„Ich glaube, du bist eine gefährlichere Konkurrentin für mich als die Herren, die Blumen schicken — — —.“
Ab.
Es klopft.
Der Theatermeister.
„Herr Theatermeister, Sie haben wieder zu spät hell gemacht, wenn die Sonne bei meinem Tanze endlich sieghaft durchdringen sollte. Es ist schrecklich. Ich glaube, Sie machen es absichtlich — —.“
„Fräulein, so etwas lasse ich mir von niemandem sagen. Das ist eine Gemeinheit, Sie verzeihen schon — — —.“
Die Tänzerin legt ihren Kopf auf den Toilettetisch, beginnt bitterlich zu weinen. Das Kind erhebt sich langsam, macht einen Schritt gegen den Theatermeister, streckt sich, hebt den Arm, sagt: „Hinaus, Sie roher Mensch!“
Der Theatermeister geht langsam ab.
Das Kind kauert wieder in seiner Ecke. Die Tänzerin weint wie ein Kind. Dann trocknet sie ihre Tränen.
Sie wendet sich nach dem Kinde um.
„Niemand hat mich so lieb wie du, niemand — — —.“
Das Kind erhebt sich, steht kerzengerade: „Ich möchte alle töten, die Ihnen etwas Böses antun, Fräulein — — —!“
Ein Diener bringt eine Karte.
„Bitte — — —.“
Ein älterer Herr tritt ein.
„Mein Sohn hat sich gestern erschossen, Ihretwegen — — —. Konnten Sie ihm wirklich nicht helfen, daß er diese seelische Krankheit besiege?!?“
„Nein, ich konnte es nicht, obzwar ich ihm dezidiert sagte, daß er mir völlig unsympathisch sei!“
„Vielleicht hätten Sie es ihm eben nicht so dezidiert sagen sollen — — —.“
„Pardon, mein Herr, ich mußte es! Ich bin eine arme Tänzerin, ausgesetzt ununterbrochen allen Gefahren, die es überhaupt für eine Frau gibt! Überlassen Sie mir das heilige Recht, gegen Eindringlinge, gegen ‚Buschklepper der Seele‘, ‚Rowdys der Seele‘, mich zu wehren!“
„Ich bitte Sie um Verzeihung, Fräulein. Ich bin aber der unglückselige Vater — — —.“
Ab.
Das Kind stürzt zu den Füßen der Tänzerin hin: „Was haben Sie da angestellt, Fräulein?!?“
„Kind, das verstehst du nicht, das verstehst du nicht — — —. Das Leben stellt so viel Schreckliches mit uns an, und wir, wir können es nicht hindern — —.“
Das Kind kauert weinend in seiner Ecke.
Der Theatermeister erscheint:
„Fräulein, es kommt gleich Ihr Tanz in der Krinoline — — —.“
„So, ich danke Ihnen. Bringen Sie aber die Beleuchtung richtig diesmal.“
„Gewiß Fräulein — — —.“
„Und du, Kind, warte auf mich hier. Ich kann dich nicht mehr entbehren — — —.“
Vorhang.
ZWEI SKIZZEN
Das kleine Leben
Ich sah Arbeiter an einer Telegraphenstange arbeiten, die im Hochwald der Nachtsturm zerbrochen hatte, von 7 Uhr morgens bis 6 Uhr abends. Es frappierte mich, wie sorgenlos sie waren, keine Spur eines Gedankens darüber, ob es denn dafürstehe, auf die Welt gekommen zu sein, um abgebrochene Telegraphenstangen im Hochwald, der dem Fürsten gehört, wieder praktikabel zu machen. Im Gegenteil, sie schienen es für das Wichtigste von der Welt zu halten, daß die Telegraphenstange sobald als nur irgend möglich wieder hergestellt werde. Es waren Telegraphenstangenärzte. Um sie herum waren Gimpel und Eichkätzchen auf Altfichten, Regen kam, Nebel und wieder Sonne; aber immer war alles konzentriert auf die Errichtung der Telegraphenstange. Ihr gehörte ihre ganze Sorge, sie war ein Teil des Weltgetriebes. Es gab Genies unter diesen Arbeitern, die alles mit einem Schlag erfaßten, was zu tun war; dann waren Bedächtige, Vorsichtige; und dann waren Tagarbeiter nach vorgeschriebener Pflicht. Die ganze Menschheit also war eigentlich um diese Telegraphenstange im fürstlichen Hochwald versammelt. Ich ging vorüber und verteilte Trabukos, a la Kaiser Josef, nur billiger. Weshalb nicht?! Das Prager Tagblatt hatte mir doch gerade für Nachdruckhonorare 9 Kr. geschickt. Nachdrucken ist doch schon Ehre genug. Das Geld setzte ich teilweise in Mäzenatentum und in Menschheitsbeglückung um. Die Arbeiter waren ganz verblüfft. Einer sagte: „Auf der Liechtensteinstraße hat der Sturm einen halben Meter dicke Bäume abgeschlagen!“ Diese Mitteilung war eine Art von Revanche für meine Liebenswürdigkeit. „Ist es möglich?!“ sagte ich freundlich erstaunt, und ging befriedigt von dannen.
Liebesgedicht
Niemand beachtete dich, edle, verschwiegene Goldrote, in dienender Stellung.....
Ich zog dich hervor aus deinem Versteck und segnete dich.
Da wurden die anderen aufmerksam, schickten Blumen und Briefe....
Da zog ich mich zurück.
„Sind Sie eifersüchtig?!“ sagte sie.
„Nein, aber ich hasse die elende Dummheit der Männer, die erst einen alten kranken glatzköpfigen Bettler brauchen.... Wer, wer sagte mir, daß man um Sie sich grämen dürfe...?!?“
„Aber um Gotteswillen, irgend jemand muß einen doch entdecken, wozu sind denn die Dichter da?!?“
ERZIEHUNG
Ich