Und wenn ich sie nun angehört, welchen Trost hätt ich dann davon?
Konrad.
Wenn auch nicht augenblickliche Hilfe, doch Geduld zum Leiden.
Don Juan.
Ich wundre mich, wie du, der, wie du selbst sagst, unterm Saturn geboren bist, dich damit abgibst, ein moralisches Mittel gegen ein tödliches Übel anzupreisen. Ich kann nicht verbergen, wer ich bin; ich muß ernst sein, wenn ich Ursache dazu habe, und über niemands Einfälle lachen; essen, wenn mich hungert, und auf niemands Belieben warten; schlafen, wenn mich schläfert, und um niemands Geschäfte mich anstrengen; lachen, wenn ich lustig bin, und keinen in seiner Laune streicheln.
Konrad.
Ei ja; aber Ihr solltet Euch nicht so zur Schau tragen, bis Ihr's ohne Widerspruch tun könnt. Erst neulich habt Ihr Euch mit Eurem Bruder überworfen, und jetzt eben hat er Euch wieder zu Gnaden aufgenommen; da könnt Ihr unmöglich in seiner Gunst Wurzel schlagen, wenn Ihr Euch nicht selbst das gute Wetter dazu macht. Ihr müßt Euch notwendig günstige Witterung für Eure Ernte schaffen.
Don Juan.
Lieber wollt ich eine Hundsrose im Zaun sein, als eine edle Rose in seiner Gnade: und für mein Blut schickt sich's besser, von allen verschmäht zu werden, als ein Betragen zu drechseln und jemands Liebe zu stehlen. Soviel ist gewiß, niemand wird mich einen schmeichlerischen Biedermann nennen, niemand soll mir's aber dagegen absprechen, daß ich ein aufrichtiger Bösewicht sei. Mit einem Maulkorb trauen sie mir, und mit einem Block lassen sie mich laufen: darum bin ich entschlossen, in meinem Käfig nicht zu singen. Hätt ich meine Zähne los, so würd ich beißen: hätt ich meinen freien Lauf, so täte ich, was mir beliebt. Bis dahin laß mich sein, was ich bin, und such mich nicht zu ändern.
Konrad.
Könnt Ihr denn von Eurem Mißvergnügen keinen Gebrauch machen?
Don Juan.
Ich mache allen möglichen Gebrauch davon, ich brauche es eben. Wer kommt denn da? Was gibt's Neues, Borachio? –
Borachio kommt.
Borachio.
Ich komme von drüben von einem großen Abendschmaus: der Prinz, Euer Bruder, wird von Leonato königlich bewirtet, und ich kann Euch vorläufig erzählen, daß eine Heirat im Werke ist.
Don Juan.
Könnte mir das nicht ein Fundament werden, irgendein Unheil drauf zu bauen? Wer ist denn der Narr, der sich an ewige Unruhe verloben will?
Borachio.
Ei, es ist Eures Bruders rechte Hand.
Don Juan.
Wer? der höchst ausbündige Claudio?
Borachio.
Eben der.
Don Juan.
Ein schmuckes Herrchen! Und wer? und wer? Was sein Absehn? –
Borachio.
Nun Hero, Leonatos Tochter und Erbin.
Don Juan.
Das kaum flügge Märzhühnchen? Wie kommst du dazu? –
Borachio.
Ich habe das Ausräuchern der Zimmer zu besorgen; und als ich eben in einem dumpfigen Saal damit beschäftigt bin, kommen der Prinz und Claudio Hand in Hand, in sehr ernsthafter Unterredung. Ich duckte mich hinter die Tapete, und da hört ich, wie sie Abrede nahmen, der Prinz solle um Hero für sich werben, und wenn er sie bekomme, sie dem Grafen Claudio geben.
Don Juan.
Komm, komm, laß uns hinüber; das kann meinem Grimm Nahrung werden. Dieser junge Emporschößling hat den ganzen Ruhm meiner Niederlage; kann ich den nur auf einem Wege kreuzen, so will ich mich allerwegen glücklich schätzen. Ihr seid beide zuverlässig und steht mir bei? –
Konrad.
Bis in den Tod, gnädger Herr.
Don Juan.
Gehn wir zu dem großen Gastmahl! Ihre Fröhlichkeit ist desto größer, weil ich zugrunde gerichtet bin. Ich wollte, der Koch dächte wie ich! Wollen wir gehn und sehn, was zu tun ist? –
Borachio.
Wir sind zu Euerm Befehl, mein gnädiger Herr.
(Alle ab.)
ZWEITER AUFZUG
ERSTE SZENE
Halle in Leonatos Hause
Leonato, Antonio, Hero und Beatrice treten auf
Leonato.
War Graf Juan nicht zum Abendessen hier?
Antonio.
Ich sah ihn nicht.
Beatrice.
Wie herbe dieser Mann aussieht! Ich kann ihn niemals ansehn, daß ich nicht eine volle Stunde Sodbrennen bekäme.
Hero.
Er hat eine sehr melancholische Gemütsart.
Beatrice.
Das müßte ein vortrefflicher Mann sein, der gerade das Mittel zwischen ihm und Benedikt hielte: der eine ist wie ein Bild und sagt gar nichts, und der andre wie der «gnädigen Frau» ältester Sohn und plappert immer fort.
Leonato.
Also die Hälfte von Signor Benedikts Zunge in Don Juans Mund, und die Hälfte von Don Juans Schwermut in Benedikts Gesicht. –
Beatrice.
Und dazu ein hübsches Bein und ein feiner Fuß, Onkel, und Geld genug in der Tasche, solch ein Mann müßte jedes Mädchen in der Welt erobern, wenn er's verstände, ihre Gunst zu gewinnen.
Leonato.
Auf mein Wort, Nichte, du wirst dir in deinem Leben keinen Mann gewinnen, wenn du eine so böse Zunge hast.
Antonio.
Ja wahrhaftig, sie ist zu böse.
Beatrice.
Zu böse ist mehr als böse: auf die Weise entgeht mir eine Gabe Gottes, denn es heißt: «Gott gibt einer bösen Kuh kurze Hörner, aber einer zu bösen Kuh gibt er gar keine.»
Leonato.
Weil du also zu böse bist, wird Gott dir gar keine Hörner geben.
Beatrice.
Richtig, wenn er mir keinen Mann gibt, und das ist ein Segen, um den ich jeden Morgen und jeden Abend auf den Knien bitte. Himmel! Wie sollte ich wohl einen Mann mit einem Bart im Gesicht aushalten: lieber schlief ich auf Wolle.
Leonato.
Du kannst dir ja einen Mann aussuchen, der keinen Bart hat.
Beatrice.
Was sollte ich mit dem anfangen? Ihm meine Kleider anziehn und ihn zum Kammermädchen machen? Wer einen Bart hat, ist mehr als ein Jüngling, und wer keinen hat, weniger als ein Mann: wer mehr als ein Jüngling ist, taugt nicht für mich, und wer weniger als ein Mann ist, für den tauge ich nicht. Deshalb will ich lieber sechs Batzen Handgeld vom Bärenführer als Lohn nehmen und seine Affen zur Hölle führen.
Leonato.
Du gehst also zur Hölle?
Beatrice.
Nein, nur an die Pforte. Da wird mir der Teufel entgegenkommen, mit Hörnern auf dem Kopf, wie ein alter Hahnrei, und sagen: