erhielt, es sei ihnen der Auftrag geworden, alles mündlich zu bereden, erteilte er unverzüglich den Befehl, so rasch zu fahren, wie es die Pferde im stande seien. Zbyszko dachte gleichfalls an nichts anderes, als so schnell wie möglich Kunde von Danusia zu erhalten. Mit Ungeduld erfüllte es ihn daher, als ihnen noch zweimal eine Wache den Weg nach der Burg verlegen wollte, vor Ungeduld konnte er es kaum erwarten, bis die Zugbrücke über den Graben fiel, hinter dem sich auf den hohen Wällen ein Zaun mit zugespitzten Pfählen erhob. Zwar hatte er es sich früher oft in Gedanken ausgemalt, wie diese in solch schlimmem Rufe stehende Burg wohl aussehen möge, von der die Deutschen niemals sprachen, ohne das Zeichen des Kreuzes zu machen, jetzt aber hatte er nur für die Boten der Kreuzritter Augen, von denen er hören konnte, wo sich Danusia befinde, und wann sie ihre Freiheit wieder erlange.
Außer den zum Schutze beigegebenen Reitern und dem Schlittenlenker bestand die Gesandtschaft aus Szczytno aus zwei Personen: die eine davon war jene Frau, welche seiner Zeit den heilenden Balsam in den Jagdhof gebracht hatte, die andere ein junger Pilger. Das Weib kannte Zbyszko nicht, war es ihm auf dem Jagdhofe doch niemals zu Gesicht gekommen, der Pilger erschien ihm jedoch sofort wie irgend ein verkleideter Knappe. Jurand geleitete die beiden unverweilt in eine Eckstube, dann trat er vor sie hin, furchtbar, fast Schauder erregend anzusehen im Flammenschein, welcher von dem in dem Kamine brennenden Feuer auf ihn fiel.
»Wo ist mein Kind?« fragte er.
Schrecken erfaßte die Gefragten, als sie dem gefürchteten Manne Auge in Auge gegenüberstanden. Der Pilger bebte trotz seines kecken Gesichtes an allen Gliedern, und dem Weibe drohten die Füße den Dienst zu versagen. Unstät wanderten ihre Blicke von Jurand zu Zbyszko, um dann auf dem glänzenden Kahlkopfe des Paters Kaleb haften zu bleiben und schließlich wieder zu Jurand zurückzukehren, als ob sie fragen wollten, was der junge Ritter und der Priester hier zu thun hätten.
»O Herr!« hub nach einer Weile der Pilger an, »wir wissen nicht, nach was Ihr fragt, allein wir kommen in einer wichtigen Angelegenheit zu Euch. All die aber, welche uns sandten, befahlen uns ausdrücklich, mit Euch ohne Zeugen zu unterhandeln.«
»Vor diesen hier habe ich kein Geheimnis,« erklärte Jurand.
»Uns ist jedoch ihre Anwesenheit nicht erwünscht, wohledler Herr,« bemerkte die Frau, »und so Ihr auf deren Bleiben beharrt, würden wir Euch um nichts anderes bitten, als daß Ihr uns gestattet, morgen wieder den Rückweg anzutreten.«
Das finstere Gesicht Jurands, der an Widerspruch nicht gewöhnt war, weissagte nichts Gutes. Mit zorniger Gebärde strich er einigemale über seinen fahlgelben Schnurrbart; schließlich bezwang er sich aber doch wieder bei dem Gedanken, daß es sich um Danusia handle, während Zbyszko, dem es hauptsächlich darum zu thun war, so rasch wie möglich zu einem Ziele zu kommen, und der keinen Augenblick daran zweifelte, daß er von Jurand die ganze Unterredung erfahren werde, sofort bemerkte: »Wir werden Eurem Wunsche Folge leisten, bleibt nur.«
So sprechend, entfernte er sich mit Pater Kaleb. Kaum befand er sich indessen in dem Hauptgelasse, wo die von Jurand erbeuteten Schilde und Waffen aufgehängt waren, als sich Glowacz zu ihm gesellte.
»O Herr!« begann dieser, »das ist das gleiche Weib.«
»Welches Weib?«
»Das die Kreuzritter mit dem hercynischen Balsam geschickt haben. Ich erkannte sie auf der Stelle, und Sanderus erkannte sie gleichfalls. Offenbar ist sie damals nur geschickt worden, damit sie alles auskundschafte, und jetzt weiß sie gewiß, wo das Jungfräulein ist.«
»Dann werde ich es auch erfahren!« sagte Zbyszko. »Kennt Ihr vielleicht auch diesen Pilger?«
»Nein,« entgegnete Sanderus. »Kauft aber ja keinen Ablaß von ihm, o Herr, das ist kein richtiger Pilger. Wenn man ihn aus die Folter spannen würde, könnte man gar mancherlei von ihm hören.«
»Warten wir es ab!« erklärte Zbyszko.
Kaum hatte sich indessen die Thüre hinter Zbyszko und dem Pater Kaleb geschlossen, so näherte sich die Pilgerin rasch dem Gebieter von Spychow und flüsterte ihm zu: »Eure Tochter ist von Räubern entführt worden.«
»Von Räubern, die das Kreuz auf dem Mantel tragen.«
»Nein. Aber es gelang den Brüdern, das Mägdlein zu befreien, und jetzt ist es bei ihnen.«
»Wo ist sie, frage ich!«
»Sie steht unter dem Schutze des Bruders Szomberg!« erwiderte das Weib, die Arme über die Brust kreuzend und sich demütig vor Jurand neigend.
Als Jurand den Namen des entsetzlichen Henkersknechtes von Witolds Kindern nennen hörte, wurde er bleich wie der Tod. Die Augen schließend, sank er auf die Bank nieder, indem er sich mit der Hand den kalten Schweiß von der Stirne trocknete.
Bei diesem Anblick schlich der Pilger, der bis jetzt seine Angst nicht zu bemeistern vermocht hatte, von der Seite herbei, ließ sich auf die Bank nieder, zog die Füße nach und schaute voll Hochmut und Dünkel auf den Gebieter von Spychow.
Dann trat ein langes Schweigen ein.
»Der Bruder Markwart bewacht sie gemeinsam mit dem Bruder Szomberg!« ergriff schließlich das Weib wieder das Wort. »Das Jüngferchen steht daher unter sicherem Schutze, es wird keine Kränkung erleiden müssen.«
Die Pilgerin näherte sich rasch dem Gebieter von Spychow und flüsterte ihm zu: »Euere Tochter ist von Räubern entführt worden.«
»Was habe ich zu thun, damit sie mir zurückgegeben werde?« fragte Jurand.
»Euch vor dem Orden zu demütigen!« erwiderte der Pilger voll Hochmut.
Als Jurand diesen Ausspruch vernahm, erhob er sich langsam von seinem Sitze, trat auf den Pilger zu, beugte sich zu ihm herab und sagte mit dumpfer, furchtbarer Stimme: »Ihr habt zu schweigen!«
Eine furchtbare Angst bemächtigte sich aufs neue des Pilgers. Wohl wußte er, daß es seinerseits nur einer Drohung, nur einiger Worte bedurfte, um Jurand völlig darnieder zu schmettern, allein er fürchtete, es werde ihm beim ersten Worte, das ihm über die Lippen komme, etwas Entsetzliches zustoßen. So schwieg er denn. Mit zitternden Knien, sonst aber fast unbeweglich, wie erstarrt vor Schrecken, saß er da, die großen runden Augen auf das furchterregende Antlitz des Gebieters von Spychow gerichtet.
Letzterer wandte sich aber nun wieder dem Weibe zu.
»Habt Ihr ein Schreiben bei Euch?« fragte er.
»Nein, o Herr, wir haben kein Schreiben bei uns. Was wir zu melden haben, befahl man uns, mündlich zu thun.«
»So sprecht denn.«
Und sie wiederholte noch einmal, damit sich Jurand ja alles gut ins Gedächtnis einpräge: »Der Bruder Markwart bewacht sie gemeinsam mit dem Bruder Szomberg, deshalb mäßigt Euern Groll, o Herr. Ihr geschieht kein Leid. Denn wenn gleich Ihr seit vielen Jahren dem Orden schwere Kränkungen zugefügt habt, gedenken doch die Brüder Böses mit Gutem zu vergelten, wofern ihre gerechten Forderungen erfüllt werden.«
»Was fordern sie von mir?«
»Sie verlangen, daß Ihr den Herrn de Bergow freigebt.«
Jurand atmete tief auf.
»Ich liefere ihnen de Bergow aus!« erklärte er.
»Wie auch die andern Gefangenen, die Ihr in Spychow habt.«
»Außer den Knechten sind dies die beiden Knappen von Majneger und von de Bergow.«
»Ihr müßt sie freilassen, o Herr, und sie für ihre Gefangenschaft entschädigen.«
»Verhüte Gott, daß ich feilsche, wenn es sich um mein Kind handelt.«
»Das erwartet auch der Orden nicht anders von Euch,« fuhr das Weib fort, »allein dies ist noch nicht alles, was mir befohlen ward, Euch zu melden. Euere Tochter, o Herr, ist von irgend welchen Leuten und sicherlich deshalb entführt worden, um Lösegeld von Euch zu erhalten … Den Brüdern aber gelang deren Befreiung – und jetzt verlangen sie nichts weiter von Euch, als daß Ihr ihnen die