Günter Dönges

Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman


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      »Schießerei …!«

      »Auf wen?«

      »Keine Ahnung. Es soll ’ne Frau dabei draufgegangen sein.«

      Cliffs nächste Frage kam einfach nicht über die Lippen. Sie hatten sich zusammengepreßt, bildeten nur noch einen schmalen Strich. Er schob sich durch die Menge, sah dann ein, daß er verkehrt stand und arbeitete sich zurück auf die Straße. Dann machte er einen weiten Bogen und baute sich neben dem Krankenwagen auf.

      Es dauerte nur wenige Minuten, bis die beiden Männer mit der Trage aus dem Haus traten. Eine graue Decke verhüllte den Körper, der auf der Trage lag.

      Zwei Fotografen, die bisher im Hintergrund gelauert hatten, schoben sich plötzlich vor. Einer von ihnen riß das Laken vom Gesicht der auf der Trage liegenden Toten hinweg. Die graue Decke verschob sich dabei.

      Cliff reckte sich hoch, stellte sich auf die Zehen.

      Dann erkannte er das Gesicht seiner Schwester.

      Ein Irrtum war ausgeschlossen. Es war Susan. Ihr Gesicht war wachsbleich. In Höhe der Brust war ihr Kleid blutbefleckt. Sie war erschossen worden.

      Die Blitzlichter zuckten durch die Dunkelheit. Ein uniformierter Polizist schrie die beiden aufdringlichen Reporter an. Die Trage wurde in den Krankenwagen hineingeschoben.

      Cliff drehte sich langsam um. Er sah durch die Menschen hindurch, die neugierig und rücksichtslos nach vorn drängten. Er Heß sich zur Seite schieben, anrempeln und auf die Füße treten. Er wußte selbst nicht, wie er zurück auf die freie Straße kam.

      Wie im Traum ging er an den hell erleuchteten Geschäften der Straße entlang.

      Sie haben sie erschossen, ging es immer wieder durch seinen Kopf. Sie haben sie einfach umgebracht. Sie haben ihr keine Chance gelassen …

      Er fand erst wieder zu sich selbst, als er in einer Telefonzelle stand und die Nummer von Stan Harris wählte …

      *

      Nach einer Fahrt von etwa zwanzig Minuten hielt der Lieferwagen an. Türen knallten, dann wurde es für einen Augenblick still. Mike Rander ging zur hinteren Tür, bückte sich und schaute durch das kleine Schlüsselloch hinaus ins Freie.

      »Nichts«, meinte er enttäuscht.

      »Den nun aufkommenden Geräuschen nach zu urteilen, Sir, befinden wir uns in der Nähe des Hafens«, meldete Josuah Parker sich zu Wort. »Ich vermeinte, das Tuckern einiger Dieselboote und das Tuten eines Dampfers zu vernehmen.«

      »Schöne Aussichten«, antwortete Mike Rander. »Was uns jetzt fehlt, ist ein kleines Schlauchboot für die Westentasche. Wir werden es gebrauchen können.«

      »Sie glauben, man beabsichtigt, uns zu ertränken, Sir?«

      »Ich bin fast sicher, Parker.«

      »Das sind allerdings Maßnahmen, die ich unbedingt mißbillige«, erwiderte Josuah Parker gemessen. Bevor er seinem allgemeinen Unmut weiter Ausdruck verleihen konnte, waren Schritte vor der Tür zu hören. Wenig später wurde geöffnet. Rander und sein Butler blinzelten in das grelle Licht einer starken Taschenlampe.

      »Aussteigen …!«

      »Wenn Sie erlauben, Sir …!« Parker drängte sich etwas vor, stieg zuerst herunter auf den Boden und reichte Mike Rander hilfsbereit die Hand. Bedroht von den beiden Maschinenpistolen mußten der junge Anwalt und Josuah Parker über eine steile Steintreppe hinunter auf einen Schwimmsteg steigen. Im Licht der Taschenlampe waren die Umrisse einer Motorjacht zu erkennen.

      »Oh, ich fürchte, ein Schiff, gleich welcher Bauart, wird mir nicht sonderlich bekommen«, sagte Parker zu einem der Gangster. »Ich leide an der Seekrankheit.«

      »Die wird dich bald nicht mehr kratzen«, sagte der Gangster und lachte wiehernd. »Mann, deine Sorgen möchte ich haben …!«

      Parker umklammerte seinen Universal-Regenschirm, den man ihm gelassen hatte und stieg zögernd an Bord. Er verlor sofort das Gleichgewicht und rutschte über das kleine Treppchen an Deck.

      Er hörte hinter sich das Lachen der beiden Gangster, die sich blendend amüsierten. Mike Rander enthielt sich jeder Stellungnahme. Er wußte aus Erfahrung, daß sein Butler alles andere als lächerlich oder hilflos war. Wie er ihn kannte und einschätzte, befaßte Parker sich bereits mit ausführbaren Plänen, um den Gangstern einen Streich zu spielen.

      »Runter in die Kabine …!« lautete das nächste Kommando.

      Einer der Gangster trat zur Seite und stieß den Butler auf den Niedergang zu, der nach unten führte. Parker rutschte erneut aus, landete in der Kajüte und sah sich optimistisch um. Dabei fiel sein Blick auf einen Mann, der an der Wand stand und ebenfalls mit einer Maschinenpistole bewaffnet war. Er war etwa dreißig Jahre alt, mittelgroß und für sein Alter bereits viel zu korpulent. Die harten Augen und ein maskenhaftes Grinsen zeigten an, daß mit ihm nicht zu spaßen war.

      »Rüber an die andere Wand«, schnauzte der Gangster den Butler an.

      »Ihr Ton ist nicht besonders fein«, erklärte Parker ungnädig.

      Mike Rander landete nun auch in der Kajüte. Er mußte sich neben seinem Butler aufstellen. Der junge Mann mit den harten Augen ließ sich auf einem Stuhl nieder. Er starrte die beiden Gefangenen interessiert an.

      »Also, fangen wir an, bevor der Boß kommt«, sagte er schließlich. »Was hat euch die Dalby alles erzählt? Immer schön der Reihe nach, Leute, nur nicht drängeln.«

      »Darf ich höflichst fragen, was Sie gern zu hören wünschen?« erkundigte sich Josuah Parker und deutete einen leichten Kratzfuß an.

      »Alles …«, schnauzte der Mann zurück. »Kommt mir bloß nicht mit Mätzchen …!«

      »Lassen Sie ihn. Er ist ein alter Mann«, schaltete sich Mike Rander vermittelnd ein.

      »Alt …? Der ist abgetakelt«, lachte der junge Mann verächtlich auf. »Gut, reden Sie, Rander …!«

      »Miss Dalby wollte meinen juristischen Rat«, berichtete der Anwalt ruhig und sachlich. »Sie sagte, sie sei in ein Verbrechen verstrickt.«

      »Jetzt wird’s gut. Wovon hat sie geredet …?«

      »Ich müßte meine Steno-Notizen haben«, bedauerte Mike Rander.

      »Quatsch! Solange hat sie überhaupt nicht reden können. Als sie zum erstenmal mit Ihnen sprach, kam ich dazwischen. Das war im Schnellimbiß, wo ich sie abfing. Später haben Sie sie dann in ihrer Wohnung angerufen. Da stand ich neben ihr. Ich will wissen, ob sie irgendwelche Namen genannt hat. Mehr nicht …«

      Es gab eine Unterbrechung.

      Einer der Gangster, die Rander und Parker hierher gebracht hatten, war draußen an Deck geblieben. Er stieß einen Pfiff aus. Der korpulente Gangster und seine Partner sahen unwillkürlich zum Niedergang hinüber.

      »Das wird der Boß sein«, sagte der Gangster zum Korpulenten.

      »Dann los mit dem Kahn! Wir wollen es hinter uns bringen!«

      »Das soll der Boß mir sagen, nicht du …!« Der Gangster sprach gereizt.

      »Werde bloß nicht üppig«, gab der Korpulente ebenso gereizt zurück.

      »Halte doch deinen großen Mund«, war die Antwort. »Der Boß gibt die Befehle, nicht du, merk dir das endlich mal …!«

      »Wir reden noch darüber«, drohte der Korpulente.

      Mike Rander schüttelte unmerklich den Kopf, als Josuah Parker sich müde und verbraucht auf seinen Universal-Regenschirm stützte. Noch war es zu früh, das Blatt zu wenden. Mike Rander wollte erst den Boß dieser Gang kennenlernen. Dann konnte Josuah Parker von ihm aus mit der Befreiungsaktion beginnen.

      Schritte auf dem Niedergang.

      Sekunden später erschien ein schlanker, durchtrainierter Mann in der Kajüte. Er trug einen grauen