Günter Dönges

Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman


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wurde, weil der Schütze vermutete, dahinter den Träger der Taschenlampe zu finden, so mußte er arg enttäuscht werden.

      Sie schritten Stufe für Stufe nach oben.

      Der erste Treppenabsatz war erreicht.

      Parker bog nach rechts ab.

      Er hatte sich die Lage der beiden erleuchteten Fenster genau eingeprägt. Hinter diesen Fenstern mußte sich die Überraschung befinden, die man ihnen per Telefon angekündigt hatte.

      Plötzlich blieb Parker stehen.

      Mike Rander prallte gegen seinen Butler und unterdrückte ein ziemlich herzhaftes Schimpfwort. Ihm paßte dieser Nachtmarsch überhaupt nicht. Die Gefahr, in eine Falle zu laufen, war viel zu groß. Sie befanden sich auf fremden Terrain. Ein etwaiger Gangster aber kannte sich hier aus und brauchte nur ruhig abzuwarten, bis Parker und er in der richtigen Schußposition waren.

      Parker setzte sich wieder in Bewegung.

      Mike Rander folgte notgedrungen. Und hatte das Pech, mit der linken Schuhspitze an einer Dielenerhebung hängenzubleiben. Er verlor das Gleichgewicht, fiel Parker ins Kreuz und landete dann polternd auf dem schmutzigen Bretterboden.

      Er zog unwillkürlich den Kopf ein und erwartete jetzt das häßliche Rattern einer Maschinenpistole. Falls irgendwo in der Dunkelheit ein Schütze lauerte, dann wußte dieser Mann mit tödlicher Sicherheit, wohin er seine Schüsse lenken mußte.

      Nichts ereignete sich …! Alles blieb vollkommen ruhig.

      »Das ist ja fast unfair«, flüsterte Rander und stand schnell wieder auf. »Jetzt hätte doch geschossen werden müssen!«

      »Vielleicht kommen Sie noch auf Ihre Kosten, Sir«, antwortete Josuah Parker.

      Er hatte inzwischen eine Tür erreicht und drückte sie schwungvoll auf. Das scharf gebündelte Licht seiner Kugelschreiber-Taschenlampe glitt suchend durch die Dunkelheit. Und blieb an einer Gestalt haften, die vor einem Schreibtisch saß und den Kopf auf den aufgelegten Arm gesenkt hatte.

      »Was ist los?« wollte Mike Rander wissen und schob sich neben seinen Butler. Er konnte nicht genügend sehen.

      »Ich gestehe ehrlich, ein wenig überrascht zu sein«, meinte Josuah Parker und trat näher. »Wenn mich nicht alles täuscht, handelt es sich bei dem am Schreibtisch sitzenden Mann um den gesuchten Mr. Stan Harris …!«

      *

      Parker hatte sich nicht getäuscht.

      Der Mann am Schreibtisch war der Berufsgangster Stan Harris. Er bedeutete keine Gefahr mehr. Er war aus nächster Nähe durch zwei Brustschüsse getötet worden.

      Während Mike Rander den Zugang zum Zimmer kontrollierte, untersuchte Parker den Toten. Nach wenigen Sekunden schon richtete er sich wieder auf.

      »Stan Harris muß erst vor kurzer Zeit erschossen worden sein«, berichtete er seinem jungen Herrn. »Sein Körper ist noch warm, Sir.«

      »Ob sein Mörder sich in diesem Bau noch herumtreibt?«

      »Diese Frage, Sir, wage ich nicht eindeutig zu beantworten«, gestand Butler Parker. »Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Schußwaffen hinlenken, die ich im Schulterhalfter und in der Jackettasche des Toten fand.«

      »Einpacken, Parker! Lt. Dickson wird Ihnen dafür dankbar sein. Ich denke, wir räumen jetzt das Feld!«

      »Falls das Telefon auf dem Schreibtisch funktioniert, Sir, könnte ich die Polizei verständigen. Ihre Erlaubnis selbstverständlich vorausgesetzt.«

      »Natürlich, geht in Ordnung …!«

      Mike Rander war nicht ganz bei der Sache. Er glaubte, im Treppenhaus ein Geräusch gehört zu haben. Er war sich allerdings nicht ganz sicher.

      Er wollte sich gerade abwenden, um Parker etwas zuzurufen, als er wieder dieses seltsame Geräusch hörte. Es erinnerte den jungen Anwalt an ein Scharren und Kratzen.

      Parker war ebenfalls aufmerksam geworden. Mit wenigen Schritten stand er neben seinem jungen Herrn.

      »Da ist doch was«, meinte Rander und hielt unwillkürlich den Atem an.

      »Wenn Sie gestatten, Sir, werde ich den seltsamen Geräuschen nachspüren.«

      »Ich komme natürlich mit, Parker.«

      »Selbstverständlich, Sir. Ich wäre Ihnen allerdings sehr verpflichtet, wenn Sie mir den Rücken decken könnten.«

      Parker betrat ohne Zögern den dunklen Korridorgang. Das Licht der Kugelschreiber-Taschenlampe hatte er diesmal ausgeschaltet. Mit der nachtwandlerischen Sicherheit einer Katze bewegte er sich durch die Dunkelheit. Vor einer Tür blieb er stehen. Daß es sich um eine handelte, sagten ihm seine tastenden Fingerspitzen, die wie immer in Handschuhen staken.

      Vorsichtig drückte er die Türklinke herunter.

      Nichts rührte sich.

      Das seltsame Geräusch war nicht mehr zu hören.

      »Wie abgeschnitten«, wisperte Mike Rander.

      Er hatte das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, als ein röchelndes Gurgeln zu vernehmen war.

      Es kam aus dem Zimmer, in dessen Tür sie standen.

      Parker betrat den Raum, dann schaltete er seine Taschenlampe ein. Er ging damit ein großes Risiko ein. Falls sie von einem Gangster erwartet wurden, bot Parker nun ein wunderbares, nicht zu verfehlendes Ziel.

      Nun, der erwartete Schuß blieb aus.

      Der scharf gebündelte Strahl der Taschenlampe wanderte durch den Raum. Es handelte sich um ein spärlich eingerichtetes Büro. Außer einem Schreibtisch, einigen Stühlen und einem Aktenschrank gab es noch ein zerschlissenes Ledersofa, das an der Längswand stand.

      Auf diesem Sofa lag ein Mann, der auf den Lichtstrahl nicht reagierte. Er stieß das röchelnde Gurgeln aus und schien sich im Stadium des Erstickens zu befinden.

      Parker trat neben das Sofa, leuchtete das Gesicht des Mannes an und war sehr betroffen, ohne es aber zu zeigen.

      »Wer ist denn das?« fragte Mike Rander, der nachfolgte.

      »Sie werden es kaum glauben«, antwortete Josuah Parker, »wenn ich mich nicht sehr irre, sind wir hiermit auf den verschwundenen Mr. Steve Morris gestoßen.«

      »Das ist eine Überraschung!« Rander beugte sich vor, um besser sehen zu können. »Ist auch er angeschossen worden?«

      »Ich möchte eher annehmen, daß es sich um Gift handelt«, meinte der Butler und hob eine kleine Gaspistole auf, die neben dem Sofa auf der Erde lag. Er schnüffelte intensiv an der kleinen Öffnung. »Ohne mich festlegen zu wollen, Sir, würde ich sagen, daß es sich um ein Atemgift handelt. Es scheint sich um einen fast gelungenen Selbstmordversuch zu handeln!«

      *

      »Nun ja, ob er durchkommen wird, ist noch sehr fraglich«, sagte Lt. Dickson am Mittag des folgenden Tages. Er besuchte Mike Rander in dessen Dachgartenwohnung. »Ersparen Sie mir alle medizinischen Erklärungen, Rander! Morris kann von Glück sagen, daß er von Ihnen sofort ins Krankenhaus gebracht wurde.«

      »Haben Sie die Schußwaffen dieses Stan Harris untersuchen lassen?«

      »Halten Sie sich fest, Rander! Ich kann mit einer handfesten Überraschung auf warten.«

      »Solch eine Überraschung hatte ich – ehrlich gesagt – erwartet«, machte Parker sich bemerkbar. Er trug wieder die unvermeidliche Butlerkleidung und servierte eisgekühlte Drinks.

      »Na, womit rechnen Sie denn?« wollte Lt. Dickson wissen.

      »Darf ich annehmen, daß die Waffe gefunden worden ist, mit der Miss Susan Dalby erschossen wurde?«

      »Toll …!« Lt. Dickson sah den Butler verwirrt an. »Stimmt haargenau, Parker. Stan Harris trug sie mit sich herum. Er dürfte der Mörder von Miss Dalby sein.«

      »Und