»Dank Euch und Eurer Großzügigkeit, zu einem nicht unerheblichen Teil. Die Zedernstämme, die Ihr uns auf dem Seeweg schicktet, sind die schönsten, die meine Augen je erblickten.«
»Ich hieß die besten Arbeiter im gesamten Libanon das Holz schlagen. So versprach ich es Eurem Vater gegen Ende seines Lebens. Er kam zu mir und sagte: Hiram, ich strebe danach, die schönsten und besten Materialien anzusammeln, damit mein Sohn und Erbe ein Haus für den Gott Israels bauen kann. Mein Sohn ist nur ein Kind; was weiß er von solchen Dingen? Ich möchte, dass Ihr mir Euer bestes Holz schickt, von Zeder und Tanne und Sandelholzbaum, sodass ich es Salomon zur Verfügung stellen kann. Im Gegenzug werde ich Euch alle Nahrung geben, die Ihr für Euer Haus und die Häuser Eurer Diener verlangt.«
Salomon griff nach einer Dattel und biss hinein. »Ich befahl meinen Männern, Eure Kamele mit Weizen, Öl und Honig zu beladen. Wenn Ihr mehr wünscht, so schickt mir Nachricht, und ich werde es bereitstellen.«
»Eure Freundlichkeit überwältigt mich.«
»Es ist nicht der Rede wert.«
Hiram nagte an einer Lammrippe, bis nur noch der Knochen übrig war. Als er fertig war, tauchte er seine Finger in eine mit Rosenwasser gefüllte Tonschale. »Sagt mir, Salomon, was kann ich außerdem für Euch tun?«
Salomon lehnte sich zurück und warf Zadok einen verstohlenen Blick zu.
Der Priester nickte leicht, um anzudeuten, dass die Frucht zum Pflücken reif war.
»Da gibt es etwas«, sagte der junge König.
Hiram beugte sich vor. »Nennt es mir.«
»Gold.« Er zögerte. »Ich benötige tausend Talente Gold von höchster Qualität, um das Zedernholz damit zu überziehen, das das Allerheiligste vom Boden zur Decke auskleiden wird, und um die Cherubim herzustellen, die die Bundeslade schützen werden, und für die Kette, die sich vor dem Altar befinden wird. Was es auch kostet, das Haus des Herrn aufs Äußerste zu verherrlichen, ich werde das Opfer bringen.«
»Ihr verlangt sehr viel. Tyros – nein, der ganze Libanon – besitzt nicht so viel Gold.«
»Ich spreche nicht von Eurem eigenen Vorrat, sondern von Eurer Fähigkeit, es zu beschaffen. Ihr besitzt eine Schiffsflotte … und Eure Männer kennen das Meer, wie meine es nicht tun. Ich kann einhundert Diener schicken, um zusammen mit Euren Seeleuten zur Quelle des feinsten Goldes zu segeln: nach Ophir.«
»Ophir ist sehr weit weg, mein Herr Salomon. Die Reise dorthin und wieder zurück wird wenigstens drei Jahre dauern. Und die Gewässer sind sehr tückisch.«
Salomon legte eine Hand auf die Schulter seines Verbündeten. »Wagen wir es nicht, werden wir nichts erreichen. Dort gibt es genügend Schätze für unser beider Königreiche. Ich sage, wir sollten Anspruch darauf erheben.«
Hiram presste die Lippen zusammen und wurde still.
Zadok beugte sich zum Ohr des Königs und flüsterte: »Bietet ihm Städte in Galiläa an.«
Salomon sog scharf den Atem ein. Zadok fügte hinzu: »Zwanzig davon.«
Überrascht wandte sich der König an seinen Priester. Zadok bestätigte seine Äußerung mit einem Nicken und hoffte, Salomon würde die Vernunft dahinter erkennen: Das bergige Gebiet Galiläas, wenngleich schön und fruchtbar, wäre einem seefahrenden Volk fremd. Hiram wäre von der Größenordnung des Geschenks beeindruckt genug, um es als Gegenleistung für seine Dienste zu akzeptieren. Später, wenn er feststellte, dass er nicht in der Lage war, es sich zunutze zu machen, würde Salomon ihm anbieten, es nutzbar zu machen – zu einem Preis.
Salomon drehte sich überaus langsam zu seinem Gast zurück. »Selbstverständlich erwarte ich keine Gefälligkeit. Ich habe die Absicht, dafür zu bezahlen. Ihr wart ein guter Freund, mein Herr Hiram. Ich wünsche, Euch mit Grund und Boden in meinem eigenen Staat zu entlohnen. Erweist Ihr mir die Ehre, sie anzunehmen, so will ich Euch zwanzig Städte im Land Galiläa übertragen, in den Bergen Naftalis, sehr nahe Eures Königreichs.«
Hiram richtete sich auf. »Das ist ein großzügiges Angebot von Euch, mein Herr.«
»So sagt, dass Ihr es annehmt.«
Der tyrische König nahm einen großen Schluck Wein und stellte den leeren Becher nachdrücklich auf die Tafel. »Ja. Ich werde Euer Geschenk annehmen. Meine Flotte wird in zwei Wochen nach Ophir in See stechen. Macht Eure Männer bereit.«
»Ihr werdet hundert meiner Besten bekommen.«
Die beiden Könige fassten die Schultern des jeweils anderen und legten ihre Stirnen aneinander.
Als Hiram sich löste, huschte ein Ausdruck der Sorge über sein Gesicht.
»Was habt Ihr, Bruder?«, fragte Salomon.
Er hielt seinen Becher in die Höhe und ein Diener eilte mit dem Weinschlauch zu ihm. »Es stellt sich die Frage nach Ägypten. Die Ägypter beherrschten lange Zeit den Handel mit Ophir. Wie Ihr wisst, haben Sie einen unersättlichen Appetit auf Gold. Es wird schwer werden, über eine so große Menge zu verhandeln, wie Ihr sie benötigt. Der Pharao teilt seine Rohstoffe ungern.«
»Überlasst den Pharao mir. Nehmt Eure Vorbereitungen auf und ich werde dafür sorgen, dass wir in Ophir gut empfangen werden.« Salomon gab einem seiner Diener ein Zeichen. »Musik!«
Zwei junge Männer, von denen einer eine Leier und der andere eine Harfe trug, betraten den Bankettsaal und setzten sich im direkten Sichtfeld von Salomon und seinem Ehrengast auf niedrige Schemel. Der Harfist zupfte die Saiten und erschuf einen süßen, engelsgleichen Klang. Zadok schloss die Augen und lauschte dem melodischen Gebet an den Himmel. Jede einzelne Note klang in seinem tiefsten Innern nach. Er sandte stumme Worte der Dankbarkeit für die erfolgreichen Verhandlungen, die Israel letzten Endes größeren Reichtum einbrächten und Jahwe Ehre bereiteten. Alle Anzeichen sprachen dafür, dass Gottes Versprechen an sein Volk durch den Sohn Davids erfüllt werden würde. Tränen bildeten sich hinter seinen Lidern, als ihn immense Freude und Dankbarkeit dafür erfüllten, dass er den Anbruch des bedeutendsten Zeitalters in der Geschichte der Hebräer erleben durfte.
Der Leierspieler fiel mit einer trauervollen Kadenz ein, die sich in ein schnelles Schlagen auflöste, das geradezu spielerisch war. Die Stimmung im Saal hob sich augenblicklich. Zadok blickte links neben sich. Der junge König war wie gebannt, wie es oft geschah, wenn Musik gespielt wurde. Sie war ein Geschenk seines Vaters, diese Liebe zur Melodie. »Wenn ich Leier spiele, bin ich Gott am nächsten«, hatte König David immer gesagt. David hatte das Instrument beherrscht und in seinen Händen war es zum Werkzeug der Anrufung des Göttlichen und der Bezwingung der Gottlosen geworden.
Als der erste Psalm endete, erwiderte Salomon Zadoks Blick. »Der Leierspieler muss mit uns kommen.«
Der Priester glaubte, die Antwort zu kennen, fragte aber dennoch. »Wohin, mein Gebieter?«
»Morgen reiten wir nach Zoan und zum Palast von Psusennes II. Wir werden dem Pharao Gaben aus Gold, Silber, Wein, Olivenöl und goldenem Honig bringen.«
»Mein Gebieter, es ist meine Pflicht, Euch zu warnen. Die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten sind angespannt …«
Salomon hob die Hand. »Es wird Zeit für Veränderungen. Was wir jetzt brauchen, sind Verbündete, keine Feinde. Ägypten ist schwach. Seinem Herrscher mangelt es an Weitsicht. Der Handel ist beinahe zum Erliegen gekommen und der Reichtum des Staates ist versiegt. Der Pharao kann nicht einmal ein Wassernetz für sein Volk errichten.« Er beugte sich vor und sprach leise. »Er gibt das gesamte Geld des Staates für Gold für Totenmasken aus, um sich und seine Verwandten zu verherrlichen, zum Nachteil des Landes. Im Austausch für etwas dieses Goldes haben wir Ägypten allerhand zu bieten.«
Zadok zögerte. Salomons politische Ziele hatten nie so weit in die Ferne gereicht, und er fragte sich, ob diese Entscheidung vernünftig war. Seiner Meinung nach konnte man den Ägyptern nicht trauen. Sie schwankten wie Schilf im Wind. Und ihre Haltung zum Volk Israel war nicht wohlwollend, wenngleich es auch unausgesprochen blieb: Seit der Zeit des Exodus, als die Hebräer auf der Suche