nahm sie gnädig an und sagte dann, er werde sie zu Hause rauchen, als er sie einsteckte.
»Meine Frau liebt nämlich den Rauch einer guten Zigarre so sehr. Außerdem kommen die Motten dann nicht in die Vorhänge. Denken Sie, mein Herr, ich bin jetzt dreiundzwanzig Jahre glücklich verheiratet. Es gibt keine bessere Frau auf der Erde als die meine.«
»Ist sie auch Römerin?«
»Nein, sie stammt aus Devonshire.«
*
Als Diana eine halbe Stunde später wieder in das Zimmer trat, stand Gordon an den Kamin gelehnt. Er hatte die Hände auf den Rücken gelegt, den Kopf leicht geneigt und schien ganz in Gedanken versunken zu sein.
»Wer war denn dieser kleine merkwürdige Mann?« fragte sie.
»Er heißt Superbus«, erwiderte er, plötzlich aus seinen Träumen gerissen. »Er hat einige Nachforschungen angestellt. Er will einem Verbrecher auf die Spur kommen, der einen anderen Geschäftsfreund um achttausend Pfund betrogen hat.«
»Ach!« sagte Diana und setzte sich schnell nieder, denn die Erinnerung an den verstorbenen Mr. Dempsi wurde plötzlich sehr lebendig in ihr.
7
Diana hatte Bobby Selsbury sofort gern, als sie ihn zum erstenmal sah. Er war die etwas kleinere Ausgabe seines älteren Bruders, ein offenherziger junger Mann, der mehr Neigung für Revuetheater und modernen Tanz hatte als Gordon. Er war mit einer jungen Kanadierin verlobt und interessierte sich daher weniger für andere Frauen. Er war Diana um so lieber, weil er nicht dieses innere Seelenfeuer hatte, unter dem sein Bruder so häufig litt.
Bobby war schon zweimal zum Abendessen gekommen, und beim zweitenmal glaubte Gordon, daß sein Bruder nun schon genügend Bekanntschaft mit dem ungebetenen Gast geschlossen habe, um einmal offen über Dianas unschickliches Benehmen sprechen zu können.
»Ich sehe gar nicht ein, wozu sie eine Gesellschaftsdame braucht, wenn sie mit einem so alten Herrn wie du zusammenlebt«, sagte Bobby-. »Außerdem seid ihr doch Vetter und Base, und seitdem Diana hier wohnt, ist Cheynel Gardens wenigstens einen Besuch wert. Früher war es furchtbar trist und öde hier.«
»Aber was werden denn die Leute sagen?« protestierte Gordon.
»Du hast mir doch neulich selbst gesagt, daß du dich über die Meinung der Leute hinwegsetzen kannst«, erwiderte der Verräter Bobby. »Du erzähltest mir, daß die Ansichten der hoi polloi, der großen Masse, auf dich nicht den geringsten Eindruck machen. Du sprachst davon, daß ein Mann sich nicht um das Urteil der Öffentlichkeit zu kümmern brauche. Ferner –«
»Was ich damals sagte«, fuhr Gordon aufgeregt dazwischen, »läßt sich nur auf gewisse philosophische Schulen im allgemeinen anwenden, aber niemals auf Fragen des guten Tons und der Wohlanständigkeit!«
»Diana ist nun einmal hier, und du kannst doch ein verflucht glücklicher Teufel sein, daß du jemand hast, der dir deine Socken stopft. – Zahlt er dir denn eigentlich etwas dafür?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich lebe von meinem kleinen Kapital«, sagte sie fast wehmütig.
Gordon fühlte sich schuldbeladen, aber er griff dieses Thema erst am nächsten Morgen wieder auf.
»Ich fürchte, daß ich sehr gedankenlos war, Diana. Kaufe dir bitte alles, was du nötig hast, und sage es mir, wenn du Geld brauchst.«
Sie lehnte sich in ihren Stuhl zurück und lachte leise.
»Du bist doch tatsächlich darauf hereingefallen! Ich brauche doch überhaupt kein Geld, ich bin sehr reich.«
»Aber warum hast du denn Bobby gesagt –«
»Mitgefühl tut mir so wohl«, erwiderte sie ruhig. »Und in diesem Hause bringt mir mit Ausnahme Eleanors niemand Sympathie entgegen. Sie ist wirklich ein hübsches, gutes Mädchen. Meinst du nicht auch?«
»Es ist mir noch niemals aufgefallen.«
»Das wußte ich, als ich entdeckte, daß du sie noch nie geküßt hast.«
Gordon hatte gerade einen großen Bissen Schinken im Mund und konnte nicht gleich protestieren.
»Nein, du mußt nicht annehmen, daß ich solche Fragen an die Dienstboten stelle. Aber eine Frau hat feine Instinkte und findet immer einen Weg, um solche Dinge herauszubekommen. Gordon, du bist nicht belastet«, fügte sie mit einer großzügigen Geste hinzu.
»Deine Philosophie ist verwirrend«, sagte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. »Wie bist du nur auf den Gedanken gekommen, daß ich sie hätte küssen sollen?«
»Das ist doch sehr einfach. Sie ist hübsch, und alle Männer küssen gern hübsche Mädchen, wenigstens wenn sie normal sind. Viele Leute haben mich schon küssen wollen.«
Gordon zog die Augenbrauen hoch, ohne aufzuschauen.
»Du fragst mich ja gar nicht, ob ich ihnen auch erlaubte, mich zu küssen«, fragte sie nach einer Weile.
»Das interessiert mich nicht«, sagte Gordon kühl.
»Nicht ein ganz klein wenig?«
Ihre Stimme klang fast ängstlich, aber er ließ sich nicht täuschen. Er hatte durch harte Erfahrung lernen müssen, daß Diana sich vor Lachen gewöhnlich innerlich ausschütten wollte, wenn sie so war. – Ein schreckliches Mädchen! »Ich habe nur zwei Liebesaffären gehabt«, fuhr sie fort und kümmerte sich gar nicht darum, daß er anscheinend nichts davon hören wollte. »Zuerst mit Dempsi – und dann mit Dingo.«
»Wer war denn Dingo?« Er hatte sich also doch wieder fangen lassen.
»Er hieß in Wirklichkeit nicht Dingo, sondern Mr. Theophilus Shawn. Später stellte sich heraus, daß er ein verheirateter Mann mit fünf Kindern war.«
»Großer Gott!«
»Er hat mich aber niemals küssen dürfen. Seine Frau kam und holte ihn weg, als ich mich gerade an den Gewürznelkenduft gewöhnt hatte. Er knabberte nämlich immer solches Zeug. Er wohnte bei meiner Tante. Sie hatte ihn bei einem Vortrag über Sonnenflecken kennengelernt, aber sie wußte nicht, daß er verheiratet war, bis ihn seine Frau bei uns abholte. Sie war äußerst nett und dankte mir, daß ich mich um ihn gekümmert habe. Diese Frau hat sich für ihren Mann sehr interessiert. Die Frauen sollten eigentlich ihre Männer gründlich kennenlernen, bevor sie heiraten. Meinst du nicht auch, Gordon?«
Mr. Selsbury seufzte.
»Ich glaube, du redest da einen großen Unsinn, und ich wünsche beim Himmel, daß du deinen Mann kennenlernst!«
Sie lächelte, aber sie antwortete nicht. Sie fühlte, daß sie ihn für heute genügend geärgert hatte. Er war im Begriff, vom Frühstückstisch aufzustehen, als sie sich auf eine Frage besann, die sie ihm vorlegen wollte.
»Gordon, gestern kam doch ein Mann mit einem griechischen Namen hierher –«
»Du meinst mit einem lateinischen – es war Mr. Superbus.« Sie nickte.
»Was wollte der eigentlich? Wen suchte er?«
»Er war hinter einem Verbrecher her, einem Mann, der allgemein als der ›Doppelgänger‹ bekannt ist. Er ist ein ganz gemeiner Schwindler.«
»Ach so«, sagte Diana und schaute auf das Tischtuch. »Gehst du jetzt fort, Gordon? Wann wirst du wieder nach Hause kommen?«
»Wenn es meine Geschäfte gestatten«, sagte er würdevoll. »Weißt du, Diana, daß noch niemals jemand diese Frage an mich gerichtet hat?«
»Aber ich frage dich doch täglich danach!« sagte sie erstaunt.
»Ich