kämpfte einen Augenblick mit dem Impuls, seinen Freund für verrückt zu erklären. Dann gewann das Vertrauen in Rhodan die Oberhand. Ohne ein weiteres Wort gab er den Weg frei.
Ein halbes Dutzend Roboter erwartete sie im Korridor, die Läufe ihrer Waffen auf die beiden Männer gerichtet. In den Mündungen flackerte ein rotes Licht, als brenne in ihnen ein Feuer, das nur darauf wartete, Rhodan und Bull zu verzehren.
Bull schnaubte. »Eines steht fest. Die Arkoniden, Crest, mögen sich für Götter halten und uns für Wilde – aber Sie haben gewaltig Schiss vor uns, was?«
Bulls Bemerkung klang furchtlos, aber Rhodan spürte, dass der Freund nur seine eigene Todesangst zu überspielen suchte. Ihm war nicht der siebte Roboter entgangen, der etwas abseits stand und unbewaffnet war. In den Armen hielt er die Raumanzüge und Helme der beiden Männer. Es konnte nur eines bedeuten: Thora hatte sich gegen Crest durchgesetzt.
Crest ging nicht auf die Bemerkung Bulls ein. »Hier entlang«, sagte er.
Die Roboter bildeten einen Kreis um die beiden Männer und setzten sich in Bewegung. Rhodan und Bull blieb keine andere Wahl, als der vorgegebenen Richtung zu folgen, wollten sie nicht von den Robotern vor sich hergeschoben werden.
Schweigend gingen sie durch die Korridore. Mehrmals begegneten sie Arkoniden. Die Fremden schenkten ihnen keine Beachtung. Sie wandelten wie im Traum, ihre Gesichter hinter Kaskaden von Licht verborgen, die vor ihre Köpfe projiziert wurden. Crest wich ihnen mit einer Selbstverständlichkeit aus, als handele es sich bei ihnen um natürlich vorgegebene Hindernisse. Die Roboteskorte folgte seinem Vorbild, schob Rhodan und Bull abrupt zur Seite, um die in ihre Fiktivwelten Versunkenen nicht zu stören.
Ein Antigravschacht erwartete sie. Rhodan überwand seine Angst davor, in den Abgrund zu stürzen, machte einen Schritt in die Röhre und spürte, wie ihn das Antigravfeld mit einer Sanftheit erfasste, die nicht zu der Grobheit der Roboter passen wollte.
Rhodan schloss die Augen.
Er vergaß die Roboter, vergaß den alten Arkoniden, der ihnen voranschwebte, entschlossen eine schwere, aber unumgängliche Pflicht zu erfüllen. Er vergaß seinen Freund Reginald Bull, der eine Armeslänge von ihm entfernt schwebte und der sich in diesem Augenblick seine eigenen, verzweifelten Gedanken machte. Bull war kein Mann, der sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen ließ. Er würde nicht sterben, ohne sich zu wehren. Er würde sein Ende als Kämpfer suchen, selbst dann, wenn das bedeutete, es mit bloßen Händen mit den Robotern aufzunehmen.
Doch das war aussichtslos. Die Roboter waren Kampfmaschinen. Auf diesem Gebiet waren sie den Arkoniden unterlegen. Doch auf einem anderen ... Rhodan öffnete die Augen, sah hinunter zu Crest. Der Arkonide schwebte aufrecht, aber es war nicht zu übersehen, dass diese Haltung für ihn selbst mit der Hilfe des Antigravfelds eine Belastung darstellte, die er nur mit Mühe durchstand.
Es war diese Schwäche, die sie retten konnte. Nur diese.
Der Antigravschacht endete in der Decke einer Halle. Sie musste hundert oder mehr Meter hoch sein. Ihr Verlauf folgte der Krümmung der Außenhülle des Schiffs und in ihr ...
»Stell dir das vor, Perry!«, flüsterte Bull, der seine Todesangst einen Augenblick lang vergaß. »Stell dir vor, wir hätten nur eines von diesen Schiffen ... nur ein einziges!«
Es waren vier. Vier, so weit der Blick reichte. Rechnete Rhodan weiter und nahm er an, dass der Hangar sich um den gesamten Radius der AETRON erstreckte, kam er auf 16. 16 Beiboote, jedes von ihnen eine maßstabgerechte Kopie der AETRON, jedes von ihnen mit einem Durchmesser von fünfzig, vielleicht sechzig Metern – und jedes von ihnen das Produkt jahrtausendelanger Erfahrung, von Generationen von Wissenschaftlern und Ingenieuren, einer Zivilisation, die sich über Hunderte, vielleicht Tausende Planeten ausgebreitet hatte, einer Zivilisation, die ihre Angehörigen nicht mehr in Milliarden, sondern Billionen zählen musste.
Bloße Beiboote. Und jedes von ihnen allem überlegen, was die Menschheit je hervorgebracht hatte.
Gehörte nur eines dieser Beiboote ihnen ... Das Universum stünde ihnen offen, nichts könnte sie aufhalten. Nichts.
Am Boden des Hangars erwarte sie eine einzelne Arkonidin: Thora.
»Ihre Anwesenheit ist nicht erforderlich, Thora«, sagte Crest auf Englisch, als das Feld ihn selbst, die Roboter und die beiden Männer auf dem Hangarboden absetzte. »Ich bin durchaus in der Lage, meine Pflicht zu erfüllen.«
»Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel«, entgegnete die Arkonidin in derselben Sprache. Ihr Blick war auf Crest gerichtet, als existierten die beiden Menschen nicht. »Aber Sie wissen, dass es meine Pflicht als Kommandantin unserer Expedition ist, mich vom reibungslosen Ablauf auch von Aufgaben zu versichern, die von geringer Bedeutung sind.«
»Selbstverständlich.« Crest gab den Robotern ein Zeichen. Der Kreis, den sie um die beiden Männer geschlossen hatte, öffnete sich an einer Stelle. Der unbewaffnete Roboter schwebte durch die Lücke und hielt Rhodan und Bull die Raumanzüge hin.
Die beiden Männer nahmen sie. Bull nach einem kurzen, kaum merklichen Zögern, das Rhodan befürchten ließ, sein Freund könnte diesen Augenblick für sein letztes Aufbäumen wählen.
Schweigend halfen die beiden Männer einander, die schweren Anzüge anzulegen.
»Wir haben Ihre Anzüge auf Funktionstüchtigkeit überprüft«, sagte Crest, als Rhodan und Bull dabei waren, in die Ärmel zu schlüpfen. »Sie sind ohne Mangel.«
Die Magnetsäume griffen, schlossen die Brustteile der Anzüge. Bull hielt Rhodan das Versorgungspack hin. Rhodan schulterte es. Das Gewicht war so schwer, dass es ihn um ein Haar nach hinten hätte kippen lassen. Die Versorgungspacks waren für die Schwerelosigkeit oder die geringe Schwerkraft des Mondes konzipiert, keiner der Konstrukteure hätte jemals damit gerechnet, dass die Astronauten sie in einer künstlichen Schwerkraft tragen mussten, die jener der irdischen entsprach.
»Die Sauerstoffaggregate sind äußerlich unverändert«, sagte Crest. »Ihr primitives Innenleben wurde komplett entfernt und mit arkonidischer Technik ersetzt. Sie werden feststellen, dass ihr Luftvorrat für acht irdische Tage ausreicht.«
Rhodan hielt Bull das Versorgungspack an den Rücken. Erst als der Freund seinen Anzug schloss, drehte er sich langsam zu Crest. »Acht Tage«, sagte er. »Acht Tage der Qual bis zu unserem Tod. Von Ihrer Hand.«
»Das ... das ist nicht richtig.« Der alte Arkonide schwankte, als habe Rhodan ihm einen Schlag versetzt. »Sie können nicht einfach ...«
»Reden Sie nicht um die Sache herum«, setzte Rhodan rasch nach. Er musste die Gelegenheit nutzen, die ihm die Erschütterung des Arkoniden eröffnete. »Ich weiß, dass Sie lediglich Ihre Pflicht tun, Crest. Ich mache Ihnen keine Vorwürfe. Sie müssen den Regeln folgen, die in Ihrer Gesellschaft gelten. Und diese Regeln besagen, das mein Freund und ich nicht an Bord ihres wunderbaren Schiffes bleiben können. Wir sind Tiere, Ihrer Gesellschaft nicht würdig. Wir müssen hinaus in das Vakuum des Mondes, in den Tod.«
Thora sog scharf die Luft ein. Ihre Lider verengten sich zu Schlitzen, Tränen liefen aus den Augenwinkeln, rannen in zwei Strömen über ihre Wangen. Thora weinte nicht. Tränen, erkannte Rhodan, signalisierten bei den Arkoniden nicht Trauer, sondern Erregung. Thora verstand genau, was vor sich ging. Rhodan versuchte, sich auf eine Stufe mit Crest zu stellen, ja, sogar über ihn. Er, der Primitive, verzichtete großmütig darauf, dem ehrwürdigen arkonidischen Wissenschaftler Vorwürfe zu machen.
»Es schmerzt mich nur«, fuhr Rhodan hastig fort, bevor die Arkonidin den Robotern den Befehl geben konnte, ihn und Bull aus dem Schiff zu schaffen, »dass Sie, Crest, in nicht allzu langer Zeit unser Schicksal teilen werden.«
»Ich werde ... was?« Der alte Arkonide schwankte, streckte auf der Suche nach Halt die Arme aus.
»Crest, nein!« Thora machte einen Schritt auf ihn zu, bekam seine rechte Hand zu fassen und fing ihn auf. Einen Augenblick lang hatte die Arkonidin die beiden frechen Primitiven vergessen, und Rhodan erhaschte einen Blick auf die Thora, die sich hinter der Maske der Arroganz verbarg: eine Frau,