sie war nicht ganz echt. Er war ein guter Schauspieler, und er hatte entdeckt, dass Liebenswürdigkeit nicht zu verachten ist, wenn man in dieser Welt weiterkommen will. Aber auf dem Grunde seiner Seele war er ein nüchterner, kaltblütiger Raufbruder und Geschäftsmann. Alles andere war Maske. Wer ihn kannte oder Geschäfte mit ihm gemacht hatte, sagte, dass Danny sich nichts vormachen ließe, wenn es darauf ankäme. Er war unweigerlich bei allen geschäftlichen Unterredungen dabei, und manche behaupteten, dass sein Manager nur ein Strohmann wäre, dessen Aufgabe es sei, als Sprachrohr zu dienen.
Rivera war ganz anders. In seinen Adern floss das Blut von Indianern und von Spaniern. Er saß stumm und unbeweglich in einer Ecke im Hintergrund, und nur seine Augen glitten von Gesicht zu Gesicht und beobachteten alles.
»Das ist also das Jüngelchen«, sagte Danny und ließ seinen Blick abschätzend über seinen künftigen Gegner schweifen. »Wie geht’s, Alterchen?«
Riveras Augen funkelten boshaft, aber er rührte sich nicht. Er konnte keinen Gringo leiden, aber diesen Gringo hasste er so unmittelbar, wie es selbst bei ihm ungewöhnlich war.
»Mein Gott!« protestierte Danny lustig, an Kelly gewandt. »Sie wollen mich doch nicht mit einem Taubstummen kämpfen lassen.« Als das Gelächter sich gelegt hatte, machte er einen neuen Ausfall. »Mit Los Angeles muss es schlecht stehen, wenn das das Beste ist, was ihr aufzuweisen habt. Aus was für einem Kindergarten habt ihr ihn aufgelesen?«
»Er ist ein braver kleiner Junge, Danny, verlass dich drauf«, sagte Roberts. »Nicht so leicht mit ihm fertig zu werden, wie es aussieht.«
»Und das Haus ist schon halb ausverkauft«, sagte Kelly eindringlich. »Du wirst es mit ihm versuchen müssen, Danny. Wir können nicht mehr tun.«
Danny warf abermals einen nachlässigen und nicht gerade schmeichelhaften Blick auf Rivera und seufzte. »Ich muss ein bisschen vorsichtig mit ihm umgehen, glaube ich. Wenn er nur nicht ganz kaputt dabei geht.«
Roberts lachte laut.
»Du musst dich in acht nehmen«, warnte Dannys Manager. »Man kann bei so ’nem Neuling nie wissen, was er auf der Pfanne hat.«
»Oh, ich werde mich schon in acht nehmen«, lächelte Danny. »Ich werde mich seiner gleich richtig annehmen, dass das liebe Publikum was davon hat. Was meinst du zu fünfzehn Runden, Kelly – und ich will ihn schon tummeln.«
»Das genügt«, lautete die Antwort. »Du musst es nur ein bisschen realistisch machen.«
»Also dann wollen wir das Geschäftliche besprechen.«
Danny hielt inne und rechnete nach. »Selbstverständlich fünfundsechzig Prozent wie gegen Carthey. Aber andere Verteilung. Achtzig Prozent für mich – so wird’s in Ordnung sein.« Und zu seinem Manager gewandt: »Ist’s nicht so?« – Der nickte.
»Sie da, haben Sie verstanden?« fragte Kelly Rivera. Rivera schüttelte den Kopf.
»Also die Sache ist so«, erklärte Kelly. »Die Kampfbörse beträgt fünfundsechzig Prozent von der Bruttoeinnahme. Sie sind ein Neuling und ganz unbekannt. Sie und Danny teilen, zwanzig Prozent kriegen Sie und achtzig Danny. Das ist doch gerecht, nicht wahr, Roberts?«
»Das genügt«, lautete die Antwort. »Sie müssen es«, räumte Roberts ein. »Sie haben ja noch keinen Namen, wissen Sie.«
»Wie viel kommen bei fünfundsechzig Prozent von der Einnahme heraus?« fragte Rivera.
»Na, vielleicht fünftausend, vielleicht sogar acht«, warf Danny ein. »So ungefähr wohl. Ihr Anteil wird etwa tausend bis sechzehnhundert betragen. Ganz nette Bezahlung für eine Tracht Prügel von einem Mann wie mir. Was meinen Sie dazu?«
Riveras Antwort ließ die anderen nach Luft schnappen. »Der Sieger bekommt alles«, sagte er entschieden. Es wurde totenstill.
»Das ist ja, wie wenn man einem Kind einen Bonbon wegnehmen wollte«, erklärte Dannys Manager.
Danny schüttelte den Kopf. »Ich bin zu lange beim Bau«, meinte er. »Ich will weder den Schiedsrichter noch die Anwesenden irgendwie verdächtigen. Ich will nicht von Buchmachern sprechen und von gewissen Dingen, die hin und wieder vorkommen. Aber ich darf wohl sagen, dass es ein schlechtes Geschäft für einen Boxer wie mich ist. Ich weiß, dass ich siege. Daran ist gar kein Zweifel. Aber ich kann mir den Arm brechen, nicht wahr? Oder irgendein Taugenichts lässt mich in Wagenschmiere ausgleiten?« Er schüttelte feierlich den Kopf. »Ob ich gewinne oder verliere – ich kriege achtzig Prozent. Wie steht’s, Mexikaner?«
Rivera schüttelte den Kopf.
Danny explodierte – jetzt wurde es ihm zu viel.
»Was, du dreckiger kleiner Schmutzfink! Ich hätte Lust, dir gleich jetzt den Hintern zu verhauen.«
Roberts legte sich auf seine langsame, zögernde Art dazwischen, um Feindseligkeiten zu verhindern.
»Der Sieger bekommt alles«, wiederholte Rivera mürrisch.
»Warum willst du das durchaus?« fragte Danny.
»Ich kann dich schlagen«, lautete die offenherzige Antwort.
Danny sprang auf und machte Miene, den Rock abzuwerfen. Aber das war, wie sein Manager wusste, nur Bluff und Pose. Der Rock kam nicht herunter, und Danny ließ sich von den anderen beruhigen. Alle sympathisierten mit ihm. Rivera stand allein da.
»Sehen Sie mal, Sie kleiner Narr«, mischte sich jetzt Kelly hinein. »Sie sind nichts. Wir wissen, was Sie in den letzten Monaten getrieben haben – Sie haben einige kleine Boxer besiegt. Aber Danny ist Klasse. Wenn man ihn das nächste Mal nach diesem Kampf wieder im Ring sieht, geht es um die Meisterschaft. Aber Sie sind ganz unbekannt. Außerhalb von Los Angeles hat noch nie jemand etwas von Ihnen gehört.«
»Dann werden Sie es hören«, antwortete Rivera achselzuckend. »Nach diesem Kampf.«
»Du glaubst doch nicht einen Augenblick, dass du mich schlagen kannst?« brauste Danny auf. Rivera nickte.
»Nun hören Sie doch, nehmen Sie Vernunft an«, sagte Kelly eindringlich. »Denken Sie an die Reklame!«
»Ich will das Geld«, antwortete Rivera.
»Du kannst mich nicht besiegen, und wenn du tausend Jahre alt würdest«, tobte Danny.
»Weshalb bist du dann so eigensinnig?« fragte Rivera. »Wenn das Geld so leicht zu gewinnen ist, warum willst du es dann nicht gewinnen?«
»Ich will, Gott helfe mir!« rief Danny plötzlich mit Überzeugung.