und wie jenseits der Donau die Berge hinan steigen, immer einer höher als der andere, bis sie das böhmische Land erreichen, wo sie am höchsten sind.
»Dort würde auch eine Burg schön stehen«, sagte der Schaffner, »und sie würde so weit in das Land schauen als der Schauenberg.«
»Sie würde sehr schön stehen«, antwortete Witiko, »und weiter schauen.«
Dann zeigte der Schaffner Witiko die Alpengebirge, die im Mittage weit entfernt gegen das Land Österreich und gegen das Land Ungarn dahin gehen.
»Und von hier bis zu den blauen Bergen ist ein gesegnetes Land«, sagte der Schaffner, »Höfe und Burgen liegen in ihm, und das Getreide und das Obst ist in Fülle, und Ortschaften und Städte sind da, und die Mutter Heinrichs von Jugelbach hat noch manches Eigen daselbst, und ihre Söhne Heinrich und Gebhart werden erben, und wer Bertha, das einzige Kind Heinrichs, in sein Haus führt, hat eine reiche Braut. Die Burg auf dem böhmischen Walde hätte kein so schönes Land um sich.«
»Es sind dort lauter Wälder«, sagte Witiko, »und sie liegen in einer großen Pracht dahin, und haben einen anderen Reichtum als Getreide.«
»Seid Ihr in jenem Lande bekannt?« fragte der Schaffner.
»Ich kenne das Land«, antwortete Witiko.
»Getreide ist ein schönes Ding«, sagte der Schaffner.
»Ein schönes Ding und ein Segen Gottes«, antwortete Witiko.
Nach diesen Worten stieg er über die Holztreppe von dem Gerüste wieder hinab, und ging zu seinem Pferde. Der Schaffner geleitete ihn.
»Reiset recht glücklich, und möget Ihr Eure Ziele erreichen, junger Herr«, sagte er.
Witiko bestieg sein Pferd, und antwortete: »Das walte Gott, und gehabt Euch wohl.«
»Gehabt Euch wohl«, sagte der Schaffner.
Witiko ritt mit seinem Geleite wieder den Berg hinab, und von da in die Stadt Eferdingen. Von der Stadt Eferdingen ritten sie in dem Lande Bayern immer gegen Sonnenuntergang fort, bis sie eines Tages in die Stadt Landshut kamen. In Landshut ließ Witiko sein Geleite in einer Herberge unterbringen, und übergab dem Geleite sein Pferd. Er aber ging von der Herberge wieder fort. Er ging durch die Gassen, bis er an den Rand der Stadt kam. An dem Rande der Stadt war an der Stelle, zu der Witiko gegangen war, nicht weit von der Mauer der Stadt ein kleiner Garten, und an dem Garten stand ein kleines Haus. Witiko ging zur Tür des Hauses, und pochte mit dem Klöppel auf sie. Die Tür wurde geöffnet, ein altes Mütterlein stand in ihr, und rief. »Heiliger Gott, Witiko.«
»Ich bin nun da«, sagte Witiko.
»Seit so vielen Jahren wieder«, antwortete das Mütterlein.
»Sei vielmals gegrüßt, Marhild«, sagte Witiko.
»Sei gegrüßt, Witiko«, sprach das Mütterlein.
»Sind alle gesund?« fragte Witiko.
»Alle sind gesund«, antwortete das Mütterlein, »gehe nur hinein.«
Witiko ging durch die Tür in einen Raum, der mit Steinen gepflastert war, und von diesem Raume in ein Gemach. Dasselbe hatte weiße Wände, grün gepolsterte Geräte, und vor den Fenstern weiße Vorhänge. In dem Gemache saßen zwei Frauen. Da Witiko eintrat, standen sie auf, und eine rief: »Witiko.«
»Mutter, sei zu tausendmal gegrüßt«, sagte Witiko.
»Sei gegrüßt, mein Sohn«, antwortete Wentila, die Mutter Witikos.
Sie reichte ihm die Hand, er küßte dieselbe, und sie küßte ihn auf die Stirne.
»Ich grüße dich auch, Witiko«, sagte die andere Frau, welche älter war als Wentila, und schneeweiße Haare hatte.
»Ich grüße dich, Base Hiltrut«, sagte Witiko, »jetzt bin ich bei euch.«
»So lege dein Schwert und deine Haube ab, und setze dich zu uns«, sagte die Base.
Witiko tat es, und setzte sich auf eines der grünen Gesiedel. Die Frauen setzten sich auch wieder nieder.
»Gesegnet sei deine Rückkehr in dieses Haus«, sagte Wentila.
»Es sind fünf Jahre vergangen, seit du von Passau hieher gekommen bist, Abschied zu nehmen, und seit du von dieser Schwelle fort geritten bist«, sagte die Base.
»In dieser Zeit sind allerlei Dinge geschehen, Hiltrut«, antwortete Witiko.
»Du hast mir wieder Botschaft gesendet, die mich freute«, sagte Wentila. »Jetzt ist der üble Streit im Lande Böhmen aus.«
»Die Macht Wladislaws ist gesichert«, sagte Witiko, »und der Streit ist aus.«
»So danken wir Gott zuerst, daß unser Vaterland wieder in Ruhe ist«, sprach Wentila, »und dann danken wir, daß du nur einmal eine geringe Verletzung erhalten hast, das ist eine Gnade von dem Herrn, und dann danken wir, daß er dich hat wirken lassen, wie du immer nach deinem besten Sinne wirst gewirkt haben, und endlich danken wir, daß du geehrt und belohnt worden bist, was eine Sache ist, die vor den Menschen gilt, und die dir zu Gute kömmt.«
»Wir haben Gott dem hohen Herrn für seinen Beistand in dem Unglücke unseres Vaterlandes gedankt auf dem Schlachtfelde, wir haben ihm feierlich auf grüner Heide gedankt, weil in Mähren noch der Bann ist, und keine Kirche offen steht, wir haben ihm in der Kirche des oberen Planes gedankt, und haben ihm bei Plan unter dem offenen Himmel gedankt«, sprach Witiko, »und ich habe ihm gedankt, daß er mich erhalten hat, ich habe ihm gedankt, daß er mir in meinem guten Willen geholfen hat, und ich habe ihm gedankt, was er dem gütigen Herzoge für mich eingegeben hat. Und so danke ich ihm noch, und werde ihm zu jeder Zeit danken. Und immer danke ich auch dabei, daß er mir eine so gute Mutter geschenkt hat.«
»Wir haben ihm auch gedankt, Witiko«, sagte die Mutter, »und danken ihm noch, und werden ihm wie du zu jeder Zeit danken. Und ich danke ihm auch, daß ich einen guten Sohn habe.«
»Witiko, Witiko«, sagte die Base, »du bist jetzt in deinen jungen Jahren ein Herr in dem Lande, und bist mit den anderen Herren in dem Rate des Herzogs.«
»Zum Rate muß ich mir erst das Wissen sammeln«, antwortete Witiko.
»Wer hätte das gedacht«, sagte die Base, »als du hier in deinem Kämmerlein mit dem frommen Benno die schweren Worte lerntest. Wir haben dir das Kämmerlein recht schön hergerichtet.«
»Unser Besitz ist immer klein gewesen«, sprach Wentila, »sie sagen, unsere Vorfahrer haben eine große Macht gehabt; aber wie es ist, in dem kleinen Besitze ist dein Vater, ist dein Großvater und sind alle vor ihnen gegen die Ihrigen gütig gewesen, du wirst es auch gegen deine neuen Untertanen sein.«
»Sie haben mir für das Vaterland und für die Heimat geholfen«, sagte Witiko, »und ich werde ihnen wieder helfen, wo ich kann.«
»Ich weiß es, ich weiß es«, sprach Wentila, »und mag auch, was du noch wünschest, in Erfüllung gehen.«
»Ich bitte Gott, daß es in Erfüllung geht«, sagte Witiko.
Als er diese Worte gesprochen hatte, wurde die Tür geöffnet, und ein Priester trat herein. Er hatte ein freundliches Angesicht, blaue Augen und weiße Haare.
»Erlauben mir die Frauen, zu dieser Zeit in ihr Gemach zu kommen«, sprach er, »Lutgart ist zu mir gegangen, und hat mir gesagt, daß Witiko gekommen ist, und da wollten meine Augen nicht länger warten, ihn zu schauen.«
Witiko stand auf, ging zu dem Manne, und sagte: »Sei mir in Ehrfurcht gegrüßt, Vater Benno.«
»Sei gegrüßt, mein Kind«, sprach der Priester, legte eine Hand auf den Scheitel Witikos, und küßte ihn auf die Stirne.
»Wir sind erfreut, daß Ihr zu dieser Stunde gekommen seid«, sagte Wentila, »Ihr habt ja immer gesprochen, daß Ihr zu uns gehöret, und so gehöret ihr auch jetzt zu uns, da er hier ist, und es ehret uns stets, wenn Ihr unser Gemach betretet.«
»Nehmet