Eva-Marie Horn

Mami Staffel 5 – Familienroman


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dort verstehen es die Leute, in den Büchern zu radieren, das darfs du mir glauben.«

      Gudrun schüttelte den Kopf-. »Du bist seit einer Viertelstunde hier und willst einem unbescholtenen Mann etwas anhängen. Möglich, daß überdurchschnittlich viele Leute in deiner neuen Heimat korrupt sind. Bei uns hier ist das nicht der Fall.«

      »Mir geht es nicht um deinen Geschäftsführer, sondern um dich, Gudrun«, behauptete Peter Simon überzeugend. »Die Vorstellung, daß du betrogen wirst, ist für mich unerträglich.«

      »Damals, als du deine Mutter in Mexiko besucht hast und dann geblieben bist, hat es dir nichts ausgemacht«, warf Gudrun ihrem geschiedenen Mann vor.

      Peter machte ein zerknirschtes Gesicht. »Es war ein Fehler, ich weiß, und ich habe es oft bereut. Aber ich werde alles wiedergutmachen, das verspreche ich dir.«

      Gudrun sah ihn kühl an. »Ich erwarte nur eines von dir: sei Conny ein guter Vater.«

      Peter hielt das für nebensächlich. Für ihn stand etwas ganz anderes im Vordergrund, nämlich seine frühere Frau zurückzugewinnen. Dafür war ihm keine Anstrengung zu groß.

      *

      Conny war von ihrer Mami auf das Zusammentreffen vorbereitet worden. Begeistert war sie nicht von der Vorstellung, ihren Vater zu treffen.

      Entsprechend finster war ihr Gesicht, als Peter Simon am nächsten Tag zu Besuch kam.

      Da er keinerlei Erfahrungen mit Kindern hatte, hielt er es für einfach, zu Conny Kontakt zu finden. Kinder konnte man seiner Ansicht nach schon durch ein Bonbon beeinflussen, und durch ein paar freundliche Worte sowieso. Deshalb war es seine Absicht, schon im ersten Moment der Begegnung jenen Funken überspringen zu lassen, der für eine dauerhafte Sympathie wichtig war.

      Mit ausgebreiteten Armen ging er auf das kleine Mädchen zu.

      »Hallo, mein Schatz, endlich lernen wir uns kennen!«

      Conny, die sich geweigert hatte, ihr Zimmer zu verlassen, stand neben ihrem Schülerschreibtisch und sah Peter mit großen Augen an. Sie wich nicht zurück, und doch drückte ihre Haltung deutlich Ablehnung aus.

      Sogar Peter bemerkte das und ließ die Arme sinken. »Ich bin dein Papa, das hat dir die Mami doch schon erzählt. Ich hab’ dir aus Kuba eine Puppe mitgebracht.« Peter Simon hatte das Spielzeug in seiner Wahlheimat erstanden, wo es den wenig verwöhnten Kindern vielleicht Freude machte. Hier wirkte es kitschig wie die Puppen, die man in den Buden der Jahrmärkte kaufen konnte.

      Conny schüttelte abwehrend den Kopf. »Ich spiele nicht mehr mit Puppen«, erklärte sie reserviert.

      Für sie war schon jetzt klar, daß sie Peter Simon nicht mochte. Er behandelte sie, ähnlich wie Udo Braun, wie ein Kleinkind, und das schätzten Neunjährige überhaupt nicht. In diesem Alter suchte man Anerkennung, schon mehr Gleichberechtigung den Erwachsenen gegenüber.

      Peter war etwas aus dem Konzept gebracht, denn er war davon überzeugt, daß alle Mädchen Puppen liebten, und so ein Prachtexemplar mit schreiend rotem Rock und pechschwarzen Haaren mußte ein Kind doch einfach lieben. »Gefällt sie dir denn nicht?« fragte er und hoffte darauf, daß Conny nun spontan ihre Freude äußern würde.

      Er wurde enttäuscht. »Nein.« Conny dachte nicht daran, die Unwahrheit zu sagen.

      »Schade.« Ein bißchen verärgert setzte Peter sein Geschenk auf einen Stuhl. Am liebsten hätte er Connys Zimmer jetzt verlassen, um sich im Erdgeschoß mit Gud-run zu unterhalten. Für ihn war ein Gespräch mit seiner geschiedenen Frau viel interessanter. Doch noch war seine Mission nicht erfüllt. Gudrun erwartete von ihm, daß er sich wie ein guter Vater benahm. Wie das aussehen sollte, war ihm zwar unklar, immerhin wußte er, daß sich sein Kontakt zu dem Kind nicht auf wenige Worte beschränken konnte.

      »Leider konnte ich dich in all den Jahren nicht sehen.« Man hörte deutlich heraus, daß Peter diese Tatsache nicht bedauerte. Er war froh, daß ihm Kindergeschrei und all die Pflichten, die Eltern hatten, erspart geblieben waren. »Ich habe dich aber trotzdem sehr lieb, Cornelia.«

      Das klang nicht nur unglaubwürdig, auch die Erwähnung des Namens war unglücklich. Wer dem Mädchen nahe stand, nannte es Conny. Nicht einmal das schien Peter zu wissen.

      Der Blick des Kindes wurde noch feindseliger.

      »Noch bin ich fremd für dich, aber wir werden uns näherkommen. Schließlich bin ich dein Papa.«

      Conny schüttelte den Kopf. »Ich hab’ schon einen Papa.«

      »Das kann nicht sein. Jedes Kind hat nur einen Vater. Deine Mami hat dir das doch alles erklärt. Als du noch sehr klein warst, mußte ich nach Mexiko zurück, weil meine Mutter sehr krank geworden war und Hilfe brauchte. Gudrun konnte mich nicht begleiten, weil deine Großeltern kränklich waren und weil sie sich um die Fabrik kümmern mußte. Leider gab es auch ein paar Meinungsverschiedenheiten, und so wurden wir geschieden. Heute weiß ich, daß es ein grober Fehler war, in die Scheidung einzuwilligen. Ich liebe euch beide und möchte gerne bei euch bleiben.«

      »Das wollen wir aber nicht, weil wir schon einen Papi haben.« Unerschrocken sah Conny zu Peter auf.

      »Du hast da eine falsche Vorstellung«, antwortete er ungeduldig. »Wie alt bist du, Cornelia?«

      Das blonde Mädchen rümpfte das Näschen. »Wenn du mein Papa bist, müßtest du das wissen.«

      Diesmal war es Peter, der verblüfft war über die kindliche Logik. »Natürlich weiß ich es«, korrigierte er sich schnell. »Ich will damit nur sagen, daß ein großes Mädchen wie du doch genau weiß, daß man sich seinen Vater nicht beliebig auswählen kann. Die Eltern sind nicht auswechselbar, verstehst du.«

      Das Argument überzeugte Conny nicht. Sie schob trotzig die Unterlippe vor. »Wenn ein Kind keine Eltern mehr hat, darf es sich andere aussuchen. Ich habe keinen Papa, also darf ich mir einen anderen…«

      » Ganz so ist das nicht«, bremste Peter den Redeschwall seines Töchterchens. »Nicht das Kind sucht sich die Ersatzeltern, sondern umgekehrt. Auf dich trifft das ohnehin nicht zu, weil deine Eltern leben und sich um dich kümmern.«

      »Du hast dich noch nie um mich gekümmert«, brummte Conny leise.

      Allerdings konnte die Äußerung von Peter gut verstanden werden.

      »Das soll sich ändern, Cornelia.«

      »Jetzt will ich es aber nicht mehr.« Die Kleine sah den Mann böse an. Conny dachte an ihren Sportlehrer. Sie wollte ihn als Papa und keinen anderen.

      Peter war der Ansicht, daß er genügend Geduld bewiesen hatte. Seiner Ansicht nach hatten Kinder in diesen Dingen ohnehin kein Mitspracherecht.

      »Du bist ein verwöhntes, ungezogenes kleines Mädchen, Cornelia. Glaubst du denn wirklich, du könntest die Erwachsenen mit deinen Wünschen tyrannisieren? Deine Mami liebt dich sehr und ist deshalb sehr nachgiebig dir gegenüber. Dasselbe aber kannst du nicht von mir erwarten. Ich bin nicht bereit, mir von dir Vorschriften machen zu lassen. Ich bin dein Vater, und mit dieser Tatsache hast du dich abzufinden, ob es dir paßt oder nicht. Wenn du dich fügst, werden wir gut miteinander auskommen. Du kannst es dir überlegen. Wenn du mir Schwierigkeiten machst, wirst du auch welche bekommen. So einfach ist das.«

      »Du darfst das nicht, weil es meine Mami nicht erlaubt.« Jetzt war Conny richtig feindselig.

      »Du mußt noch eine Menge lernen, mein liebes Mädchen. Vor allen Dingen, daß deine Mami auch ein Recht auf ihr Privatleben hat. Du kannst doch nicht verlangen, daß sie deinen Lehrer heiratet, nur weil er dir gefällt.«

      »Ihr gefällt er auch!« behauptete Conny mit schwankender Stimme. Sie war den Tränen nahe, hielt sie aber tapfer zurück.

      Peter Simon war sich seiner Sache sicher und glaubte ganz genau zu wissen, daß ihm ein Kind niemals gefährlich werden konnte, auch nicht, wenn es sich um das eigene Töchterchen handelte.

      »Wenn das so wäre, hätte mir deine Mami nicht geschrieben. Sie will, daß