Eva-Marie Horn

Mami Staffel 5 – Familienroman


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Udo begann einzusehen, daß er verspielt hatte. Deshalb zeigte er jetzt sein wahres Gesicht. Er war haßerfüllt.

      Gudrun ließ sich nicht beeindrucken. Daß Udo nicht ehrlich war, hatte sie immer gewußt. »Du hast die Geschenke für mich und das Kind aus der Firmenkasse bezahlt. Darauf kann ich wahrhaftig verzichten.«

      »Und du hast dir eingebildet, daß ich so blöd bin, dir jahrelang den Hof zu machen ohne jede Gegenleistung. Glaubst du, es hätte mir Spaß gemacht, mit dir und deiner verwöhnten Tochter die Sonntage im Zoo oder in irgendwelchen Freizeitparks zu verbringen? Langweilig und ekelhaft war das.« Udos Stimme hatte sich verändert und klang jetzt richtig ordinär.

      Gudrun griff zum Telefon und rief den Anwalt, der im Vorzimmer wartete.

      »Was soll denn das?« fragte Udo bösartig.

      »Herr Dr. Schneider hat einen Schriftsatz vorbereitet, den du unterzeichnen wirst. Zuvor geht er mit dir Punkt für Punkt durch.«

      »Für diesen Quatsch habe ich keine Zeit«, zischte Udo hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.

      »Du arbeitest ab sofort nicht mehr für die Eschenbach-Werke. Daher hast du Zeit genug.« Es fiel Gudrun nicht schwer, Udo gegen-über hart zu sein, denn er hatte sie betrogen und belogen und verdiente keine Nachsicht.

      »Mein Fehler war, deinen Ex zu unterschätzen. Dir wird es nicht besser gehen, und dann tut dir die ganze Geschichte noch leid«, prophezeite Udo schadenfroh.

      *

      Am Abend holte Peter seine geschiedene Frau im Leihwagen ab. Er war bester Stimmung, als er für Gudrun die Wagentür auf der Beifahrerseite öffnete.

      »Dieses helle Kostüm steht dir fabelhaft. Siehst aus wie eine Präsidentengattin, nur viel jünger und viel hübscher«, schmeichelte Peter.

      Gudrun war froh, daß sie nicht selbst fahren mußte. »Für mich war das ein harter Tag. In der Firma war allerhand los, nachdem Udo Brauns Verfehlungen bekannt wurden. Hauptsächlich die Mitarbeiter der Buchhaltung haben versucht, sich bei mir zu rechtfertigen. Sie hätten von allem nichts gewußt, haben sie behauptet. Dabei kann zwei von ihnen nachgewiesen werden, daß sie Bestechungsgelder angenommen haben. Ihnen mußte ich kündigen, und nun muß ich gleichzeitig neue Kräfte finden. Udo hat beim Verhör noch weitere Kollegen beschuldigt, aber das hat er getan, um Verwirrung zu stiften. Doch wem sollst du glauben und wem nicht?«

      »Laß mich dir helfen, Gudrun«, bat Peter Simon leise. »In solchen Dingen bin ich gut. Mein Gefühl trügt mich nie.«

      Gudrun brauchte jemand, dem sie vertrauen konnte. Doch Peter hatte da nicht die besten Karten.

      »Fahren wir ins Steigenberger. Dort können wir uns über alles in Ruhe unterhalten«, schlug Gud-runs dunkelhaariger Begleiter vor.

      »Ich möchte lieber nach Hause. Conny wartet auf mich, und die Haushälterin hat sicher das Essen vorbereitet. Du kannst mitkommen.« Gudrun empfand Dankbarkeit ihrem früheren Mann gegen-über. Er hatte sie vor weiteren Verlusten bewahrt, doch er erwartete eine Gegenleistung dafür. Gudrun wußte das, und der Gedanke belastete sie.

      »Gern. Es gibt nichts Schöneres für mich, als den Abend in deiner Gesellschaft zu verbringen, ganz gleich wo.«

      Conny war nicht begeistert, als sie sah, daß ihr Vater hinter Gud-run das Haus betrat. Sie begrüßte stürmisch und liebevoll die Mami und übersah Peter so vollkommen, als wäre er überhaupt nicht vorhanden.

      Er nahm’s gelassen. Gudrun war viel zu sehr mit den Vorgängen in der Firma beschäftigt, um darauf zu achten.

      »Entschuldige, Conny, daß ich mich heute nicht um dich kümmern konnte. Du weißt ja, im Werk war allerhand los. Ich bin fix und fertig.«

      »Macht nichts, Mami. Wir hatten am Nachmittag Sportunterricht. War super. Jens hat uns gezeigt, wie man Spagat macht. Ich war die einzige, die es geschafft hat. Willst du mal sehen, Mami?« Conny wartete die Zustimmung nicht ab, sondern ließ sich immer tiefer auf den Teppich sinken und spreizte die Beine, bis sie eine Gerade bildeten. Anmutig hob das kleine Mädchen die Arme, streckte den schmalen, kindlichen Oberkörper.

      »Gut kannst du das«, lobte

      Gudrun. Dabei huschte ein Lä-cheln über ihr abgespanntes Gesicht. Für sie gab es keine bessere Erholung als das Zusammensein mit ihrem Kind.

      »Willst du es auch mal probieren, Mami?«

      »Ich fürchte, das schaffe ich nicht«, seufzte Gudrun, die sich müde und ausgepumpt fühlte.

      »Ich halte dich auch, Mami«, versicherte Conny, die erstaunlich rasch wieder auf den Beinen war. »Jens hat das so klasse erklärt, daß ich es gleich kapiert habe. Du kannst es auch, mußt es nur versuchen.«

      »Später, mein Schatz. Zuerst stärken wir uns.« Gudrun ging ins Eßzimmer, wo die Haushälterin eben die Suppe servierte. Ein Gedeck für Peter war rasch aufgelegt, und er nahm mit großer Selbstverständlichkeit Platz. Warum war er nicht früher zurückgekommen?

      Längst hatte der Mann, der sich in Kuba Pedro nannte, erkannt, daß das Leben für ihn nirgendwo angenehmer sein konnte als an Gudruns Seite. Sie war nicht nur eine zauberhafte Frau, sie bot ihm auch finanzielle Sicherheit und jenen Luxus, den er liebte. Ähnlich wie Udo würde er sich jeden Wunsch erfüllen können. Das war eine Verlockung, für die er sogar bereit war zu arbeiten und den vakanten Posten des Geschäftsführers zu übernehmen. Daß ihm

      Gudrun die Stelle antragen würde, stand für Peter außer Zweifel.

      Allerdings hatte er Conny nicht in seine Überlegungen einbezogen. Conny, die ihn mit finsterem Blick beobachtete und mit geheimem Groll sah, wie betörend er Gudrun anlächelte. An ihr prallte sein

      Charme wirkungslos ab.

      Während des Essens drehte sich das Gespräch der Erwachsenen um die Ermittlungen der Polizei und die weiteren Maßnahmen, die gegen Udo Braun eingeleitet wurden.

      »Dr. Schneider hat den Fall bereits dem Staatsanwalt übergeben, der eine sofortige Durchsuchung von Udos Appartement angeordnet hat. Das Geld, das er gestern eingesteckt hat, wurde gefunden.«

      »Glück für mich, denn ich hätte ja nie beweisen können, daß ich unschuldig bin.« Peter lachte ver-gnügt. »Ich habe den Eindruck, daß ich gerade im richtigen Moment aus Kuba gekommen bin, und ich bin glücklich, daß ich diesem Schmarotzer das Handwerk legen konnte.«

      »Du hast mir sehr geholfen, Peter. « Gudrun sah ihren früheren Mann strahlend an, was die Ursache dafür war, daß Conny ganz plötzlich aufsprang.

      »Ich habe keinen Hunger mehr. Mir ist schlecht!« behauptete sie und lief aus dem Zimmer. Im Wohnraum knipste sie den Fernseher an und legte sich bäuchlings davor.

      Gudrun wollte ihrer kleinen Tochter nachgehen, doch Peter legte beschwichtigend die Hand auf ihren Arm. »Laß es. Sie will uns doch nur provozieren. Merkst du das nicht?«

      »Ich glaube, sie ist eifersüchtig«, antwortete Gudrun leise. Auch sie hatte plötzlich keinen Appetit mehr und schob ihren Teller weg.

      Peter hinderte das nicht daran, sich nochmals ein Stück Fleisch und Teigwaren zu nehmen. »Sie hat dich nie mit jemand teilen müssen. Aber das wird sich ändern. Du wirst mich nicht mehr los, Gudrun, weil ich mich neu in dich verliebt habe. Diesmal noch viel heftiger und intensiver als damals. Ich möchte dich glücklich machen.«

      Da die beiden Räume durch einen breiten Durchgang verbunden waren, hörte Conny drüben alles mit. Ihre Laune verschlechterte sich. Als Ausdruck dieser Verärgerung trommelte sie mit beiden Fäusten aufs Parkett.

      Die Erwachsenen nahmen keine Notiz davon. Sie sahen sich lange in die Augen und küßten sich schließlich.

      Für Conny war das eine harte Enttäuschung. Bisher hatte sie sich mit ihrer Mami immer fabelhaft verstanden. Doch jetzt waren sie zum ersten Mal verschiedener Meinung. Ihre Mami schien sich in den Kerl, der sagte, daß er ihr Vater war, verliebt zu haben.

      *