wartete, bis Lilly aufgestanden war, und begleitete sie hinüber ins Behandlungszimmer. Dort legte sie den Poncho ab, unter dem sie eine Kostümjacke trug.
»Welcher Ellbogen ist es denn?«, erkundigte sich Daniel und wartete darauf, dass sie den Ärmel der Jacke zurückschob. Statt dessen knöpfte die Physiotherapeutin jedoch die Jacke auf und zog sie kurzerhand aus. Darunter trug sie nichts weiter als einen BH aus teurer Spitze.
Peinlich berührt hielt Danny die Luft an.
Lilly bemerkte es und lachte ungeniert auf.
»Ich habe heute gar nicht dran gedacht, dass ich noch zum Arzt muss«, sagte sie mit entschuldigendem Lächeln.
Danny räusperte sich und sah demonstrativ an ihrem zugegebenermaßen verführerischen Dekolleté vorbei.
»Wie sieht es mit den Schmerzen aus?«, erkundigte er sich, während er die Bewegungsfähigkeit des Ellbogengelenks überprüfte.
»Gestern Abend war es ganz gut. Aber heute Nacht wurde es wieder schlimmer.«
Als Danny ihren Arm hin und her bewegte, stöhnte sie leise auf.
»Ich denke, wir sollten eine Ultraschallaufnahme machen.«
»Muss das sein?« Über dieses Vorhaben schien Lilly Seifert alles andere als erbaut zu sein.
Danny bemerkte es verwundert.
»Sie als Physiotherapeutin sollten eigentlich wissen, dass das nicht weh tut«, zog er jedoch die falschen Schlüsse aus ihrer Reaktion. »Außerdem kann man im Ultraschall zuverlässig Veränderungen am betroffenen Sehnenansatz im Ellbogen erkennen. Im weiteren Verlauf der Krankheit bilden sich dort vermehrt neue kleine Blutgefäße und wachsen in den Bereich ein«, erläuterte er, während er das kühle, durchsichtige Gel auf Lillys Ellbogen drückte.
Dann setzte er den Schallkopf auf und fuhr damit über das Gelenk.
»Hmmm, hier ist nichts zu sehen«, stellte er nach gründlicher Untersuchung fest. »Das ist wirklich merkwürdig. Wie lange haben Sie die Beschwerden denn schon?« Er reichte ihr ein Papiertuch.
»Oh, noch nicht so lange«, beeilte sich Lilly zu versichern und wischte das Gel vom Ellbogen. »Vielleicht sieht man deshalb noch nichts auf dem Ultraschall.«
»Schon möglich.«
Danny holte ihre Kostümjacke und half ihr, sie anzuziehen. Als sie sich schwungvoll zu ihm umdrehte, wäre sie fast in seine Arme gefallen. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Daniel Norden kam herein.
»Danny …« Als er seinen Sohn so dicht vor der Frau mit der geöffneten Kostümjacke stehen sah, den erschrockenen Blick auf seinen Vater gerichtet, blieb dem Senior das Wort ihm Hals stecken. »Oh, Verzeihung. Ich wusste nicht, dass du noch einen Patienten hast«, entschuldigte er sich schnell.
»Patientin trifft es wohl eher«, kicherte Lilly unbeeindruckt und schloss die beiden großen Knöpfe ihrer Jacke, die sie nur leidlich vor allzu tiefen Einblicken bewahrte.
Daniel maß sie mit einem vielsagenden Blick, ehe er sich wieder an seinen Sohn wandte.
»Ich wollte dir nur sagen, dass deine Mutter und ich heute nicht zum Abendessen zu Hause sind.«
»Das trifft sich gut«, erwiderte Danny wie aus der Pistole geschossen. »Dann kann ich mit Tatjana ja zum Essen gehen.« Er schickte seinem Vater eindringliche Blicke.
Da Daniel nicht wusste, welches Spiel hier gespielt wurde, trat er jedoch lieber den Rückzug an.
»Gut, wir sehen uns morgen.« Er nickte Lilly Seifert freundlich zu und schloss die Tür hinter sich.
»Was ist denn? Warum schauen Sie so böse?«, erkundigte sich die Physiotherapeutin, als sie Dannys wütende Miene bemerkte.
»Sie haben mich in eine unmögliche Situation gebracht«, machte er keinen Hehl aus seiner Meinung und wandte sich ab, um an seinen Schreibtisch zurückzukehren.
Ungläubig starrte Lilly ihm nach.
»Was kann ich denn dafür, dass Sie mich untersucht haben? Ultraschall geht ja wohl schlecht mit Kostümjacke«, wandte sie ein.
Danny, der keine Lust auf eine Diskussion hatte, schwieg.
Während sich Lilly wieder in ihren Poncho einwickelte, tippte er sein Untersuchungsergebnis in den Computer ein.
Seine Patientin sah ihm eine Weile schweigend dabei zu.
»Welche Behandlung schlagen Sie jetzt vor?«, schlug sie schließlich einen betont munteren Tonfall an, als wäre nichts geschehen.
»Nachdem der Ultraschall kein Ergebnis gebracht hat, sollten Sie einen Termin in einer Radiologie Ihrer Wahl vereinbaren«, erklärte der junge Arzt zurückhaltend.
»Muss das sein?«
»Eine Röntgenaufnahme ist nötig, um eine Arthrose oder andere Erkrankungen auszuschließen«, sagte Danny ohne hochzusehen.
Schließlich hatte er seine Eingabe beendet und stemmte sich aus dem Stuhl hoch, um seine Patientin zur Tür zu bringen.
»Wenn Sie die Bilder haben, können Sie einen Termin bei mir oder meinem Vater vereinbaren. Dann sehen wir weiter.«
»Einverstanden.« Gezwungenermaßen gab sich Lilly damit zufrieden und folgte ihrem Arzt durch die geöffnete Tür. »Morgen haben Sie ja wieder einen Termin bei mir. Ich freu mich schon«, erklärte sie so laut, dass es durch die ganze Praxis hallte.
Tatjana, die seit ein paar Minuten bei Janine am Tresen stand, horchte auf. Sie wollte ihren Freund überraschen und ihn abholen.
»Wer ist denn das?«, erkundigte sie sich sichtlich irritiert bei der Assistentin der Praxis Dr. Norden.
»Diese Physiotherapeutin aus der Klinik«, setzte Janine eben zu einer Erklärung an, als Danny auch schon mit seiner Patientin um die Ecke bog.
Als er seine Freundin am Tresen stehen sah, blieb er abrupt stehen.
»Tatjana, was machst du denn hier?«
»Störe ich?« Ihr Unterton war schnippisch, und sie maß Lilly mit einem argwöhnischen Blick.
»Ich bin gerade fertig geworden.« Danny hatte sich schnell von seinem Schrecken erholt und ging auf seine Freundin zu, um sie demonstrativ vor aller Augen zu küssen. »Janine, geben Sie Frau Seifert bitte die Adresse der Radiologie? Sie muss Aufnahmen machen lassen«, bat er dann seine Assistentin, die seine Bitte mit einem aufreizenden Lächeln quittierte.
»Sehr gerne.«
Während sich Danny leise mit Tatjana unterhielt, reichte sie Lilly eine Visitenkarte und erklärte ihr den Weg dorthin. Nur wenige Minuten später verabschiedete sich die Physiotherapeutin säuerlich lächelnd.
Tatjana überlegte einen Augenblick, ob sie ihren Freund auf die Besucherin ansprechen sollte. Doch dann überlegte sie es sich anders. Die eifersüchtige Freundin war nicht die Rolle, die sie gerne spielte. Da kämpfte sie lieber mit anderen, vielversprechenderen Waffen und hakte sich süß lächelnd bei Danny unter, um gemeinsam mit ihm die Praxis zu verlassen.
*
»Und was machen wir zwei Hübschen jetzt?«, fragte Danny, nachdem er die Praxis mit seiner Freundin verlassen hatte. Er war froh, Lilly Seiferts Fängen noch einmal entkommen zu sein. Aber fast noch mehr erleichterte ihn, dass Tatjana keine Anstalten machte, ihn zur Rede zu stellen. »Meine Eltern essen heute Abend auswärts. Das könnten wir eigentlich auch machen, oder? Wir waren schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr zusammen weg.«
»Und was ist mit dem Tanzabend neulich?«, fragte Tatjana auf dem Weg zum Wagen verschmitzt.
»Oh, stimmt, den hab ich völlig verdrängt.« Danny grinste schief und ließ die Schlösser seines Wagens aufschnappen.
»Kein Wunder, bei den Schmerzen und dem Hohn, den du ertragen musstest«, bemerkte Tatjana erstaunlich ernst und setzte sich