und Toady hatte in einer Viertelstunde alles erreicht, was er wollte.
18
Der Tag des Derbys kam, und die Rennbahn war sehr stark besucht. Überall sah man die großen, farbenfreudigen Plakate der Buchmacher, die in lebhaftem Gegensatz zu dem grünen Rasen und der dunklen Volksmenge standen. Ein unheimliches Gedränge herrschte auf den Sattelplätzen und auf den Tribünen. Jeder Platz war besetzt.
Eric Stanton hatte eine Loge für sich und war von fröhlichen Menschen umgeben. Neben ihm saßen Mary President und ihr Großvater, und auch Milton Sands und Janet Symonds waren in der Nähe. Mary schaute auf die große Menschenmenge und wandte sich dann an Eric.
»Ich weiß nicht, ich bin so unruhig geworden. Glaubst du wirklich, daß Donavan das Rennen macht?« fragte sie. Er nickte.
»Ich persönlich bin davon überzeugt. Milton Sands ist allerdings anderer Ansicht.« Er drehte sich zu ihm um. »Es ist doch richtig, was ich eben sagte?«
Milton schüttelte den Kopf.
»Nein, das stimmt nicht. Ich sagte nicht, daß Donavan nicht gewinnen, sondern daß er wahrscheinlich heute geschlagen würde.«
»Diese feinen Unterschiede kann ich nicht verstehen. Das ist mir zu hoch. Die Detektive drücken sich doch wirklich zu vorsichtig und geheimnisvoll aus.«
Milton Sands hatte nur halb zugehört. Er sah über die Menge weg und erkannte Sir George Frodmere und seine Freunde unten auf der Rennbahn. Sie standen in der Nähe auf einem freien Platz und sprachen anscheinend ernst miteinander. Soltescu ging gerade auf sie zu. Er sah in dem glänzenden Zylinder mit seiner großen Zigarre stattlich aus. Milton Sands überlegte sich, wieviel Geld der Mann wohl verlieren würde, wenn das Rennen nicht so verlief, wie er erwartete.
Ähnliche Gedanken kamen auch Sir George Frodmere. Er unterhielt sich mir Wilton über dasselbe Thema.
»Ich weiß nicht, wie es heute noch werden soll, Toady«, sagte er nervös. »Aber ich habe ein unangenehmes Gefühl, daß die Sache nicht glatt geht.«
»Die Buchmacher denken aber anders darüber«, entgegnete Toady gutgelaunt. »Sie nehmen Wetten fünf zu zwei auf Portonius. Und es ist schwer, selbst große Summen zu diesen Bedingungen unterzubringen.«
»Wenn ich dieses Rennen verliere«, sagte Sir George nachdenklich, »dann verlieren Sie Ihr Heim, Toady.«
»Wie soll ich das verstehen?« fragte Wilton erschreckt.
»Genauso, wie ich es sage. Wenn ich verliere, werde ich mich verheiraten.«
»Wie kommen Sie denn auf diese Idee?«
Sir George lächelte.
»Eine äußerst tüchtige Geschäftsfreundin hat mich darauf gebracht«, entgegnete er ausweichend.
»Haben Sie der Dame denn schon einen Antrag gemacht?« fragte Toady neugierig.
»Dazu ist keine Zeit«, erklärte Sir George kurz. »Leider hat sie andere Ansichten darüber und scheint ihre Neigung einem anderen zuzuwenden, so daß sie wahrscheinlich nicht so leicht umzustimmen sein wird. Ich habe Nachforschungen angestellt … Es wird deshalb notwendig sein, andere Methoden anzuwenden. Aber Sie werden verstehen, daß ich zu diesem Schritt gezwungen bin, wenn unser Plan mißlingt.«
»Ich weiß gar nicht, wie Sie dazu kommen, so etwas zu sagen. Es wird nicht schiefgehen«, erklärte Toady aufgeregt. »Was ist denn los? Ist dem Pferd etwas zugestoßen?«
»Nein, das ist in bester Form, und ich bin eigentlich fest davon überzeugt, daß es das Rennen macht. Aber ich denke an andere schlimme Möglichkeiten.«
»Sie wissen doch bestimmt, daß der wirkliche Portonius nach Belgien abtransportiert, worden ist?« fragte Toady plötzlich.
»Warum fragen Sie danach?« erwiderte Sir George unangenehm berührt. »Ich habe noch nie daran gezweifelt.«
»Es liegt ja auch gar kein Grund dazu vor. Ich dachte nur so«, entgegnete Toady lahm.
»Dann behalten Sie so dumme Fragen lieber für sich«, sagte der Baronet ärgerlich. »Ich habe schon genug Sorgen ohne Ihr Geschwätz.«
Er blickte düster vor sich hin. Wenn der Schwindel mit Portonius herauskam, würde man ihn aus dem Rennverband ausschließen, und das würde seinen Ruin bedeuten. Er suchte den Gedanken loszuwerden, aber es gelang ihm nicht. Unruhig ging er zur Waage und schlenderte von dort zum Start.
»Sie kommen!« hörte er einige Leute rufen.
Ein großes Stimmengewirr erhob sich, als das Feld in Einzelreihe vorüberritt. Die Farben der Jockeys waren weithin zu sehen.
Die Erregung der Menge stieg, als die Pferde vorbeidefiliert waren. Am Start gab es noch einen längeren Aufenthalt, und der Starter hatte eine schwere Arbeit. Portonius fiel besonders auf wegen seiner hellen Farbe. Er hatte einen Platz an der Außenseite und war ziemlich ruhig. Donavan dagegen trippelte nervös hin und her, als ob sich die Spannung und Erwartung der Menge auf ihn übertragen hätte.
Endlich schoß das weiße Band in die Höhe, und das Feld stürzte vorwärts.
Das Geschrei der Menge war ohrenbetäubend, und Mary President zuckte zusammen. Ihr Herz schlug schneller, ihre Hände zitterten, und sie wurde bleich. Eric war aufgestanden, und Milton war merkwürdigerweise verschwunden. Sie wunderte sich einen Augenblick darüber, daß er diesem bedeutenden Rennen nicht zusehen wollte. Aber Miltons Interesse konzentrierte sich jetzt auf andere Dinge.
Das Feld raste geschlossen den Hügel hinauf. Das war die erste Kraftprobe, die die Derbypferde zu bestehen hatten.
Samborino hatte sich von der Masse gelöst und war zwei Längen vor den übrigen. Hinter ihm kamen Mangla, Texter und Portonius. Das graue Pferd lag ruhig auf der Außenseite. Dicht hinter ihm war Donavan, der mühelos aufholte.
»Donavan macht sich gut«, sagte John President, als er das Glas an die Augen setzte. Er folgte jeder Bewegung seines Pferdes.
Das Feld hatte jetzt eine lange, gerade Strecke vor sich, bevor die gefürchtete Senkung der Rennbahn kam. Auf dem abschüssigen Gelände änderte sich dann die Stellung der einzelnen Pferde schnell. Mangla fiel zurück – sie hatte das Rennen schon verloren. Texter gelang es, Samborino einzuholen. Aber als das Pferd nach der Kurve wieder in die Gerade einschwenkte, war auch Samborino am Ende seiner Kraft. Texter übernahm die Führung vor Portonius und Donavan, die dicht nebeneinander lagen.
Zwischen diesen dreien mußte sich das Rennen entscheiden.
»Es wird einen harten Endspurt geben«, meinte Eric.
Portonius gelang es, aufzuholen. Er war jetzt in gleicher Höhe mit Texter. Langsam schob sich auch Donavan an der Außenseite vor. Die drei Pferde rasten Kopf an Kopf über die Bahn. Sie waren jetzt dem Ziel schon so nahe, daß der Endspurt begann. Die Jockeys holten mit größter Anstrengung das Letzte aus ihren Pferden heraus. Bis jetzt hatte noch keiner die Peitsche gebraucht. Der Lärm der Menge wuchs, und es konnte kaum noch jemand sein eigenes Wort verstehen. Und doch erhob sich ein lauter Schrei, als Texter unsicher wurde und zurückblieb. Nun konnte die Entscheidung nur noch zwischen Donavan und dem grauen Pferd fallen, und diese beiden lieferten sich einen erbitterten Endkampf.
»Keine Peitsche«, sagte John President, und seine Augen glänzten vor Erregung. »Donavan muß frei auslaufen!«
Es war, als ob es der Jockey gehört hätte, so genau befolgte er die Anweisung.
Aber Portonius bekam nun die Peitsche. Zweimal sauste sie nieder, und er schoß vor.
»Jetzt!« rief John President.
Wieder schien der Jockey zu gehorchen. Die Peitsche hob sich, fiel aber nur einmal.
Das