Georgina, was führt dich hierher?«
»Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, daß du heiratest.« Sie ging direkt auf ihr Ziel los.
»Wie kommst du denn plötzlich zu dieser Überzeugung?« fragte er ironisch, aber doch etwas erstaunt.
»Eine reiche Heirat könnte dich aus deiner unangenehmen Situation befreien. Ich weiß alles über dich und deine Unternehmungen. Du schwebst ständig in Gefahr, mit dem Gericht in Konflikt zu kommen.«
»Willst du mir hier etwa Religionsunterricht geben?«
»Nein, das weißt du selbst sehr gut«, entgegnete sie kühl. »Ich bin hergekommen, um geschäftlich mit dir zu sprechen. Und glaube mir, Ehrlichkeit macht sich immer bezahlt.«
»Inwiefern soll ich denn meine Ehrlichkeit betätigen?’« fragte er lächelnd.
»Du sollst eine vorteilhafte Ehe schließen. Ich kenne eine Dame mit einer halben Million Vermögen. Was sagst du dazu?«
»Das kommt mir allerdings sehr komisch vor. Ich bin doch nicht mehr der Jüngste. Aber wo und wie hast du denn diese sagenhafte Dame gefunden? Ich muß gestehen, daß ich seit den letzten zwanzig Jahren erfolglos nach ihr gesucht habe. Ich bin durchaus kein Verächter des schönen Geschlechtes, aber Damen mit großem Vermögen waren nie sehr huldreich zu mir.«
Sie setzte sich auf eine Ecke des Diwans.
»Ich will dir also meinen Vorschlag machen. Ich habe eine Dame entdeckt, die du wahrscheinlich sofort heiraten kannst. Sie lebt augenblicklich in ärmlichen Verhältnissen, und du brauchst nur nett, liebevoll und ritterlich zu ihr zu sein. Sicher wird sie dich nehmen, da sie nicht von Adel ist. Und dann heiratest du sie einfach.«
Er kniff die Augenlider zusammen und sah sie forschend an.
»Welchen Vorteil hast du denn davon?« fragte er ruhig.
»Ich bekomme zehn Prozent von ihrem Vermögen als Provision«, erwiderte sie geschäftstüchtig. »Wahrscheinlich wirst du nicht gleich über das ganze Vermögen verfügen können, aber vielleicht bist du ein Jahr nach der Heirat in der Lage, mir meinen Anteil auszuzahlen. Sie weiß augenblicklich noch nicht, was für eine große Erbschaft sie machen wird, und du hast Zeit, dich um ihre Gunst zu bewerben, so daß sie dir später willig die Verwaltung ihrer Geldangelegenheiten übertragen wird.«
»Ich verstehe. Wer ist denn die Dame?«
Mrs. Thompson sah ihn belustigt an.
»Glaubst du auch nur einen Augenblick, daß ich dir das jetzt sagen würde? Mein lieber George, für wie einfältig hältst du mich denn? Nein, zuerst müssen wir einen schriftlichen Vertrag machen zwischen George Mortimer Maxwell Frodmere einerseits und Georgina Heloise Gordon Thompson andererseits. Der Vertrag muß in vollkommen einwandfreier juristischer Form aufgesetzt, gestempelt, gesiegelt und mit allen Sicherungen versehen sein, die mein Rechtsanwalt nur ausfindig machen kann. Vorher unternehme ich auch nicht einen Schritt weiter in der Sache.«
Sir George blieb eine Weile ruhig am Schreibtisch stehen und betrachtete seine Schwester.
»Die Idee ist im Grunde nicht schlecht«, sagte er dann liebenswürdig, ganz im Gegensatz zu seiner früheren Haltung. »Bis jetzt habe ich allerdings kein Glück gehabt mit meinen Heiratsangelegenheiten.«
»Du bist doch nicht etwa schon heimlich verheiratet?« fragte sie schnell.
Er schüttelte lächelnd den Kopf.
»Nein, ich meine nur, meine nutzlosen Bemühungen, mich günstig zu verheiraten, sind alle fehlgeschlagen. Aber ich halte deinen Plan für absolut durchführbar und gut. Wir wollen auch sofort an die Ausführung gehen. Mein Rechtsanwalt soliden Vertrag gleich aufsetzen. Ich werde ihn telegrafisch herrufen.«
»Dann telegrafiere auch sofort an den meinen.«
»Das ist doch nicht notwendig.«
»Das ist wichtiger als alles andere, wenn ich mit dir verhandle. Ich bin. vorsichtig geworden, denn ich kenne dich.«
*
Sir George Frodmere reiste am nächsten Morgen nicht nach London, wie er ursprünglich beabsichtigt hatte. An seiner Stelle fuhr Toady Wilton, der über den Stimmungswechsel seines Freundes angenehm überrascht war. In der. letzten Zeit war so viel Geld auf Donavan gewettet worden, daß Portonius etwas ins Hintertreffen geriet, und diese Chance wollte sich Toady nicht entgehen lassen. Er suchte seine letzten Geldreserven zusammen, um sie auf Portonius zu setzen, und er war mit sich und seiner Lage augenblicklich sehr zufrieden. In der letzten Zeit hatte Portonius sehr gute Fortschritte gemacht und mußte das Rennen unweigerlich gewinnen. Das Pferd war noch nie in so guter Form gewesen. Die Gefahr, daß der Klimawechsel ihm schaden könnte, war glücklich vorübergegangen. Die für dieses Derby gemeldeten Dreijährigen waren nicht gerade besonders hervorragend, so daß sich schon dadurch die Aussichten Sir Georges verbesserten.
Toady fuhr direkt von der Bahn zu dem Büro seines Wettagenten. Der junge Mann saß hinter seinem Schreibtisch und sah keineswegs wie ein Buchmacher aus. Er war unauffällig gekleidet, hatte vornehme Gesichtszüge, trug nicht den geringsten Schmuck und unterschied sich auch sonst vorteilhaft von seinen Kollegen. Man hätte eher annehmen können, daß man sich in dem Büro eines Bankdirektors befände.
»Wie geht es mit Ihrem Pferd?« fragte er, als er seinem Besucher eine Zigarette anbot.
»Großartig«, entgegnete Toady. »Aber es ist merkwürdig, daß so viel Geld auf Donavan gesetzt wird.«
Mr. Gursley nickte.
»Sie wissen wahrscheinlich, daß jemand gegen Sie setzt? Sie können soviel Geld eins zu sechs auf Portonius setzen, wie Sie wollen. Gestern wurden mir noch Wetten angeboten mit sechstausend zu eintausend oder dreißigtausend zu fünftausend. Ich hätte abschließen können, wenn ich gewollt hätte.«
»Wer hat Ihnen denn das angeboten?« fragte Toady eifrig. »Ist der Mann auch sicher? Hat er genügend Deckung?«
»Da können Sie vollkommen beruhigt sein. Er hat das Angebot nicht von sich aus gemacht, er handelt im Auftrag eines anderen. Sie können die Wette heute noch abschließen, wenn Ihnen etwas daran liegt.«
Er nahm den Hörer vom Telefon und rief eine Nummer in der Jermyn Street an.
»Sie haben mir gestern dreißigtausend zu fünf auf Portonius für das Derby angeboten. Halten Sie Ihr Angebot noch aufrecht?«
»Selbstverständlich.«
Gursley sah Wilton bedeutungsvoll an.
»Wollen Sie die Wette abschließen?«
Toady nickte.
»Gut, dreißigtausend zu fünf auf Portonius. Die Sache ist abgemacht.«
Der Buchmacher legte den Hörer wieder auf.
»Sie wissen, daß Sie und Ihre Freunde sich sehr stark für Portonius engagiert haben?«
»Wieviel müßten wir zahlen, wenn wir verlören?«
»Etwa zwanzigtausend Pfund. Und bis jetzt habe ich erst zehntausend von Ihnen in der Hand.«
Toady lächelte.
»Ist es nötig oder gesetzliche Bestimmung, daß man das Geld für Wetten vor dem Rennen einzahlt?«
»Nein, das Gesetz schreibt es nicht vor. Aber es ist äußerst notwendig, bevor ich weitere Schritte unternehme. Selbst jetzt kann ich die eben telefonisch verabredete Wette erst dann schriftlich bestätigen, wenn Sie mir die betreffende Summe einzahlen. Wenn man mit so großen Beträgen arbeitet, kann man nicht vorsichtig genug sein. Ich weiß, es ist gegen die Gewohnheit, aber ich habe Ihnen das ja gleich zu Anfang unserer Geschäftsverbindung gesagt. Sie müssen das Geld bis morgen früh auf mein Bankkonto überweisen.«
»Wird erledigt«, erklärte Toady.
Soltescu war in London und konnte