Stefan Zweig

Gesammelte Biografien bekannter historischer Persönlichkeiten


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Diotima

       Nachtigallengesang im Dunkeln

       Hyperion

       Der Tod des Empedokles

       Das Hölderlinsche Gedicht

       Sturz ins Unendliche

       Purpurne Finsternis

       Scardanelli

       Heinrich von Kleist

       Der Gejagte

       Bildnis des Bildnislosen

       Pathologie des Gefühls

       Lebensplan

       Ehrgeiz

       Der Zwang zum Drama

       Welt und Wesen

       Der Erzähler

       Die letzte Bindung

       Todesleidenschaft

       Musik des Untergangs

       Friedrich Nietzsche

       Tragödie ohne Gestalten

       Doppelbildnis

       Apologie der Krankheit

       Der Don Juan der Erkenntnis

       Leidenschaft der Redlichkeit

       Wandlungen zu sich selbst

       Entdeckung des Südens

       Flucht zur Musik

       Die siebente Einsamkeit

       Der Tanz über dem Abgrund

       Der Erzieher zur Freiheit

      Vorwort

       Inhaltsverzeichnis

       Je schwerer sich ein Erdensohn befreit, Je mächt’ger rührt er unsre Menschlichkeit.

      Conrad Ferdinand Meyer

      In dem vorliegenden Werke sind wie in der vorangegangenen Trilogie »Drei Meister« abermals drei Dichterbildnisse im Sinn einer inneren Gemeinschaft vereinigt; aber diese innere Einheit soll nicht mehr sein als eine Begegnung im Gleichnis. Ich suche keine Formeln des Geistigen, sondern ich gestalte Formen des Geistes. Und wenn ich in meinen Büchern immer mehrere solcher Bilder bewußt zusammenrücke, so geschieht dies einzig in der Art eines Malers, der seinen Werken gerne den richtigen Raum sucht, wo Licht und Gegenlicht wirkend gegeneinanderströmen und durch Pendants die erst verborgene, nun aber offenbare Analogie des Typus in Erscheinung tritt. Vergleich scheint mir immer ein förderndes, ja ein gestaltendes Element, und ich liebe ihn als Methode, weil er ohne Gewaltsamkeit angewendet werden kann. Er bereichert in gleichem Maße, als die Formel verarmt, er erhöht alle Werte, indem er Erhellungen durch unerwartete Reflexe schafft und eine Tiefe des Raums wie einen Rahmen um das abgelöste Bildnis stellt. Dieses plastische Geheimnis kannte schon der früheste Porträtist des Wortes, Plutarch, und in seinen »Vergleichenden Lebensdarstellungen« bildet er immer gleichzeitig einen griechischen und römischen Charakter in analoger Darstellung, damit hinter der Persönlichkeit ihr geistiger Schlagschatten, der Typus, besser deutlich werde. Ein Ähnliches wie der erlauchte Ahnherr im Biographisch-Historischen versuche ich im geistig nachbarlichen Element, im Literarisch-Charakterologischen zu erreichen, und diese zwei Bände sollen nur die ersten einer werdenden Reihe sein, die ich »Die Baumeister der Welt, eine Typologie des Geistes« nennen will. Nichts liegt mir aber ferner, als damit ein starres System in die Welt des Genius einkonstruieren zu wollen. Psychologe aus Leidenschaft, Gestalter aus gestaltendem Willen, treibe ich meine Bildnerkunst nur, wohin sie mich treibt, nur den Gestalten entgegen, denen ich mich zutiefst verbunden fühle. So ist schon von innen her jeder Komplettierung eine Grenze gesetzt, und ich bedaure diese Einschränkung durchaus nicht, denn das notwendige Fragmentarische erschreckt nur den, der an Systeme im Schöpferischen glaubt und hochmütig vermeint, die Welt des Geistes, die unendliche, rund auszirkeln zu können: mich aber lockt an diesem weiten Plan gerade die Zwiefalt, daß er an Unendliches rührt und sich doch keine Grenzen stellt. Und so baue ich, langsam und leidenschaftlich zugleich, mit meinen selbst noch neugierigen Händen den durch Zufall begonnenen Bau weiter hinauf in das kleine Himmelstück Zeit, das unsicher über unserem Leben hängt.

      Die drei heroischen Gestalten Hölderlins, Kleistens und Nietzsches haben eine sinnfällige Gemeinsamkeit schon im äußern Lebensschicksal: sie stehen gleichsam unter demselben horoskopischen Aspekt. Alle drei werden sie von einer übermächtigen, gewissermaßen überweltlichen Macht aus ihrem eigenen warmen Sein in einen vernichtenden Zyklon der Leidenschaft gejagt und enden vorzeitig in einer furchtbaren Verstörung des Geistes, einer tödlichen Trunkenheit der Sinne, in Wahnsinn oder Selbstmord. Unverbunden mit der Zeit, unverstanden von ihrer Generation, schießen sie meteorisch mit kurzem strahlenden Licht in die Nacht ihrer Sendung. Sie selbst wissen nicht um ihren Weg, um ihren Sinn, weil sie nur vom Unendlichen her in Unendliches fahren: kaum streifen sie in jähem Sturz und Aufstieg ihres Seins an die wirkliche Welt. Etwas Außermenschliches wirkt in ihnen, eine Gewalt über der eigenen Gewalt, der sie sich vollkommen verfallen fühlen: sie gehorchen nicht (schreckhaft erkennen sie es in den wenigen wachen Minuten ihres Ich) dem eigenen Willen, sondern sind Hörige, sind (im zwiefachen Sinne des Worts) Besessene einer höheren Macht, der dämonischen.

      Dämonisch: das Wort ist durch so viele Sinne und Deutungen gewandert, seit es aus der mythisch-religiösen Uranschauung der Antike bis in unsere Tage kam, daß es not tut, ihm eine persönliche Deutung aufzuprägen. Dämonisch nenne ich die