Johannes Huber

Baupläne der Schöpfung


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Jahrhunderts. Er fand heraus: Jeder Beobachtungsakt muss ein Quantensystem notwendig stören, wenn man versucht, Ort und Geschwindigkeit eines Elektrons im Atom durch Bestrahlung, das heißt durch eine Art Abtastung mit einem Photon zu messen. Dann kommt es bei dieser Messung zu einer Wechselwirkung zwischen dem Photon und dem Elektron, das bedeutet: Der Messvorgang selbst ist schon die Wechselwirkung, die man berücksichtigen muss. Das Photon wird das Elektron stoßen, unberechenbar, weil der Zustand des Elektrons eben gerade nicht bekannt ist, und zwar umso stärker, je kleiner die Wellenlänge, das heißt, je größer die Energie des Photons ist. Das wiederum führt zu einer unbestimmten Geschwindigkeitsänderung des Elektrons, soll heißen: Es lassen sich nie alle Zustandsparameter eines Quantensystems genau bestimmen. Es bleibt eine fundamentale Restunbestimmtheit, eben eine Unschärfe, die prinzipiell nicht unterlaufen werden kann. Das ist das Wesen des Heisenberg’schen Unschärfeprinzips.

      Und dabei wurde etwas Großartiges offenbar: Subjekt (Beobachter) und Objekt (Gegenstand) sind auf fundamentale Weise miteinander verknüpft. In der endgültigen Ausformulierung der Quantenmechanik schwebt sozusagen ein unbeobachtetes Quantensystem in einem unbeobachteten Zustand: Jeder Zustand ist im Prinzip möglich und wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angegeben. Erst durch die Beobachtung, beziehungsweise den Messvorgang, also durch den Eingriff des Subjekts, wird das System des Objekts in einen der vorher nur möglichen Zustände gedrückt und dadurch (aber nur in der gemessenen Größe) bestimmt. In einem gewissen Sinn wird es durch die Beobachtung erst real.

      Angenommen, man wünscht sich etwas, und es geht in Erfüllung. Oder man denkt an jemanden, und kurz darauf ruft er an. Überspitzt formuliert, hieße das: Der Geist schafft die Materie. Formt sie erst, indem er Einfluss nimmt. Früher hat man es so erklärt: Der Glaube kann Berge versetzen.

      Heute ist das halt der Heisenberg.

      Das Elektron ist das älteste bekannte Elementarteilchen, dem im Atom ein sehr kompakter, schwerer, positiv geladener Atomkern gegenübersteht. Die Ladung eines darin enthaltenen Protons entspricht genau der des Elektrons, ist aber positiv, sodass es im Atom immer gerade so viele Protonen wie Elektronen gibt. Ihre Anzahl bestimmt das chemische Element des Atoms. Neutronen benötigt es, um die Protonen, die sich wegen der gleichen Ladung stark abstoßen würden, zusammenzuhalten.

      Jetzt gibt es allerdings mehrere Sorten von Elektronen. Die Nyome, die zweihundertfach größer sind als die normalen Elektronen und Teilchen, mit einer dreitausendfachen Elektronenmasse. Die drei Sorten von Elektronen werden mit drei Sorten von Neutrinos verbunden. Neutrinos haben keine Ladung und fast keine Masse, ihre Wechselwirkung mit der übrigen Materie ist zu schwach, sodass sie, wenn sie im Sonneninneren bei der Kernfusion erzeugt werden, praktisch ungehindert und mit Lichtgeschwindigkeit durch die Erde hindurchfliegen. Diese sechs Teilchen bilden zusammen die Familie der sogenannten Leptone, Teilchen, die nicht der starken, sondern nur der schwachen Wechselwirkung unterliegen.

      Denen gegenüber stehen die Hartrone, Teilchen wie das Proton und das Neutron, die der starken Wechselwirkung gehorchen. Die Unterelemente dieser Hartrone wurden als Quarks bezeichnet. Insgesamt gibt es, nach heutigem Erkenntnisstand der Physik, zwölf fundamentale Teilchen in der Natur: sechs Leptone und sechs Quarks. Allerdings müsste man die Botenteile der vier fundamentalen Wechselwirkungen hinzuzählen – bei der elektromagnetischen Wechselwirkung wäre es das bereits bekannte Photon.

      Die Liste muss aber noch verdoppelt werden, denn zu jedem Teilchen gibt es auch noch ein Antiteilchen, das dieselbe Masse und denselben Spin besitzt, aber ansonsten in allen anderen Eigenschaften eine Spiegelversion des ursprünglichen Teilchens darstellt. Insbesondere trägt es die umgekehrte elektrische Ladung. So gehört zum negativ geladenen Elektron das positiv geladene Antielektron, das man Positron nennt (das einzige Antiteilchen mit einem eigenen Namen), zum positiven Proton das negative Antiproton, zum neutralen Neutron das ebenfalls neutrale Antineutron. Das Photon hingegen ist sein eigenes Antiteilchen.

      Wenn ein Teilchen mit einem Antiteilchen zusammenstößt, kommt es zur völligen gegenseitigen Vernichtung, man nennt das auch Annihilation, bei der bloß Energie übrigbleibt, die durch Photonen weggetragen wird. Teilchen und Antiteilchen zerstrahlen sich. Dieser Prozess wird Paarvernichtung genannt, man kennt das von manchen Ehen, wobei es allerdings auch eine Paarerzeugung gibt. Wenn zwei Photonen mit genügend hoher Energie zusammenstoßen, kann ein Teilchen-Antiteilchenpaar erzeugt werden. Ein Prozess, aus dem die Materie des Universums hervorgezaubert wurde. Wobei in dieser Spiegelwelt auch stets Antiteilchen dafür notwendig sind.

      Dieses Konzept der Teilchen-Antiteilchenerzeugung, beziehungsweise deren Vernichtung ist das Ende der atomistisch-reduktionistischen Sichtweise der Materie. Es gibt keine kleinsten unzerstörbaren Einheiten der Materie, jedes Teilchen kann erzeugt und vernichtet werden. Beim Versuch, ein Teilchen in seine Bestandteile zu zerlegen, indem man es etwa mit einem anderen Teilchen bombardiert, entstehen aus der Kollisionsenergie einfach noch mehr Teilchen. Jedes Teilchen kann so, im Prinzip, in jedes andere umgewandelt werden. Es stirbt nie, es verändert nur seine Form. Wie die Seele.

      Aber auch im Makrokosmos scheint ein Übergang zwischen Energie und Materie sich ähnlich wie im Mikrokosmos abzuspielen. Würden wir unsere Milchstraße von außen betrachten, so befände sich die Sonne irgendwo am Rand, im Abstand von 25.000 Lichtjahren vom Zentrum entfernt. Obwohl sie sich mit einer unvorstellbar großen Geschwindigkeit von 220 km/Sekunde bewegt, benötigt sie für einen ganzen Umlauf ungefähr 230 Millionen Jahre. So lange dauert ein galaktisches Jahr. Aber auch alle anderen Sterne, man schätzt hundert Milliarden, werden in eine ähnliche Umlaufbahn gezwungen. Das ganze Sternensystem befindet sich dadurch in einer Rotation.

      Galaxien sind die Bausteine des Universums und haben eine allgemeine Tendenz, sich in Galaxiegruppen oder Galaxiehaufen zusammenzutun. Auch unsere Milchstraße gehört, zusammen mit der Andromedagalaxie und 30 weiteren, viel kleineren Galaxien einer solchen Galaxiegruppe an. Dabei bleibt die Galaxiedichte annähern konstant.

      Dann gibt es da noch das Phänomen der Rotverschiebung. Rotverschiebung heißt, dass die Wellenlänge des Lichts, das von einem Himmelskörper ausgestrahlt wird, dem Beobachter größer erscheint als bei der Ausstrahlung: Das Licht wird röter. Obwohl die Rotverschiebung den Beginn des Weltalls nahelegt, könnte das einfache Bild von der geplatzten Granate, sprich Urknall, durch ein neues ersetzt werden, das besser zur relativistischen Vorstellung von Raum und Zeit passt. Denn der Raum ist – entsprechend der Einstein’schen Gravitationstheorie – mehr als nur ein passives Gefäß für die Materie, die sich darin, von gewissen Kräften geschoben, ausweitet.

      Der Raum selbst ist vielmehr eine dynamische Größe: Er kann sich krümmen und glätten, zusammenziehen und dehnen. Wahrscheinlich bleiben die Galaxien in all ihrer Galaxienflucht selbst mehr oder weniger in Ruhe, während sich bloß der Raum zwischen ihnen ausdehnt.

      Dabei ist es wie der Luftballon, der Bemalungen trägt. Wenn man ihn aufbläst, wird sich der Raum gleichmäßig dehnen, und die darauf gemalten Punkte werden simultan auseinanderstreben. Damit kommt die Rotverschiebung einer Galaxie auch nur dadurch zustande, dass die Lichtwellen, die sie einst aussandten, während ihrer Reise durch den Weltraum zu uns kontinuierlich mitgestreckt wurden. Demnach hat sich bei der Weltschöpfung der Raum begonnen aufzublasen.

      30 Prozent des Weltalls sind Materie, allerdings ist nur ein Prozent davon sichtbar, und 70 Prozent sind Energie. Das ist die kritische Größe des Universums.

      Nach der gängigen Theorie der Strukturentstehung bildeten sich die ersten Galaxien dadurch, dass an Stellen geringer Überdichte die Expansion des Universums lokal abgebremst wurde, bis es schließlich zum Kollaps einer Gaswolke mit anschließender Sternbildung kam. Den Geburtsvorgang einer Galaxie kann man sich als ein Abschnüren vom kosmischen Hintergrund vorstellen.

      Das frühe Universum war ein Plasma, eine Teilchensuppe von 3000 Grad Hitze. Dieser Zustand bedingt, dass Materie und Lichtteilchen, Photonen, miteinander in sehr engem Kontakt stehen und sich ständig stoßen, quasi anrempeln. Dadurch konnten sich die Atome noch nicht ausbilden. Als die Teilchensuppe unter 3000 Kelvin absank, entstand das atomare Gas, die Elektronen wurden dabei von den Protonen eingefangen, und es bildeten sich Wasserstoffatome. Gleichzeitig konnte sich die Strahlung im Universum erstmals frei ausbreiten, da die wichtigsten treuen Partner der Photonen, die Elektronen, jetzt wegfielen.