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Die großen Western Staffel 5


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die Pritsche gehockt und sieht, wie Younger den kleinen Mann umdrehen und anheben will.

      In derselben Sekunde passiert es.

      Und es kommt auch für einen Mann wie Kendall zu schnell.

      Der scheinbar ohnmächtige Casement bewegt sich mit einem blitzschnellen Zucken. Seine Hände fahren hoch. Irgendetwas glaubt Kendall glitzern zu sehen.

      Dann tritt der kleine schielende

      Casement mit einem Ruck aus. Er wirft sich dabei auf den Rücken. Seine Füße schnellen hoch und treten Sheriff Younger mitten in den Leib.

      In der nächsten Sekunde stürzt Younger nach einem erstickten Schnaufen schwer zu Boden. Aus Mund und Nase dringen ihm seltsame hohe, pfeifende Töne. Deutlich erkennt Kendall, wie der Sheriff nach seinem Colt zu greifen versucht. Younger liegt auf dem Bauch. Seine rechte Hand tastet nach dem Coltkolben, doch Casement handelt mit der Geschwindigkeit eines Wolfes. Er kniet bereits auf Youngers Rücken. Sein rechtes Knie presst das Halfter des Sheriffs gegen den Boden. Youngers Finger krallen sich in Casements Hosenbein, erreichen das Halfter nicht. Und dann tappen jäh die Schritte im Gang des Jailanbaues.

      Durch den Gang kommt mit Riesensprüngen Stuffin angeflogen.

      Erst in dieser Sekunde begreift Kendall, dass Younger nicht nur den Fehler gemacht hat, die beiden Banditen zu unterschätzen.

      Der Sheriff hat die Tür der letzten Zelle nur angelehnt, statt sie hinter Stuffin abzuschließen.

      Und das wird ihm nun zum Verderben.

      Kendall ist vor Schreck aufgesprungen und an die Trenngitter gerannt. Im Stehen sieht er alles, was sich in der dritten Zelle abspielt, viel besser.

      Durch die Tür fliegt nun Stuffin wie ein losgelassenes Raubtier in die Zelle hinein.

      »Schnell, schnell«, keucht der kleine Casement scharf. »Den Colt.«

      Um Sheriff Youngers Hals liegt eine millimeterdünne Drahtschlinge. Casement hat, als Younger ihn anheben wollte, den Draht blitzschnell um Youngers Hals geworfen und die Hände übereinandergerissen. Der Draht hat Younger augenblicklich die Luft abgeschnürt. Youngers Bewegungen sind schon so matt, dass es für den herantobenden Stuffin eine Leichtigkeit ist, die Hand des Sheriffs wegzureißen.

      In der nächsten Sekunde hat Stuffin Youngers Colt und holt mit einem heiseren Fluch aus.

      »Da, du verdammter Narr.«

      Der Colt saust an Youngers Kopf.

      Sofort richtet sich Jay Stuffin auf. Sein stechender Blick richtet sich auf Kendall. Der Colt in seiner Hand wandert hoch und zeigt auf Jims Brust.

      »Maul halten, keinen Laut, Mann«, zischt Stuffin, während er in den Gang hastet. »Los, Rod, aufpassen.«

      Der kleine Mann, dessen Nase noch immer blutet, hetzt krummbeinig auf die Officetür zu. Dabei windet er den vielleicht dreißig Zoll langen dünnen Draht mit ein paar geschickten Drehungen zusammen und steckt ihn in die Hosentasche. Wie ein Wiesel bleibt er dann in der Tür stehen und lauscht.

      »Nichts«, zischelt er von dort aus. »Der schläft oben, er hat nichts gehört.«

      Es will Kendall immer noch nicht in den Kopf, dass die Pferdediebe nicht nur den Sheriff ausgetrickst haben. Auch ihn haben Casement und Stuffin geblufft. Ihre Handlungen hat Kendall nicht eine Sekunde für ein Spiel gehalten.

      Langsam wendet Kendall den Kopf. Moore schläft immer noch so fest wie ein Toter. Drüben steht Stuffin wachsam wie ein Leitwolf und beobachtet den Sheriff und die Zellenpartner.

      »Stuffin«, schnauft Kendall, in dessen Kopf sich jäh tausend Gedanken jagen. »He, was habt ihr vor?«

      »Das wirst du schon sehen«, antwortet Stuffin finster. »Jetzt sei ganz ruhig, Mann.«

      Keine zehn Sekunden später hastet Casement herein. Der kleine Pferdedieb presst einen Handtuchstreifen vor seine Nase. Mit wenigen Sätzen ist er neben dem Sheriff, wirft die mitgebrachten Handschellen auf die Pritsche und stopft Younger einen Knebel in den Mund. Dann reißt er ihm die Hände übereinander und schließt ihn an den Gittern fest. Er bindet ihm auch die Beine zusammen. Sein Silberblick huscht nun nach drüben zu Kendall.

      »Wo schläft der Deputy?«

      »Das weiß ich nicht. Es gibt dort nur zwei Kammern im Giebel«, antwortet Kendall kalt. »He, wollt ihr uns nicht herauslassen, Casement?«

      »Warte ab«, knurrt der kleine Dieb. »Sie hätten auf den Steckbrief setzen sollen, dass ich mir nur mal leicht die Nase zu stoßen brauche, damit sie blutet. Wie der Narr auf den Trick hereingefallen ist, was?«

      Er wirbelt herum. Auf seinen löcherigen Socken huscht Casement in den Gang. Stuffin tritt an die Tür zum Office und lässt ihn vorbei.

      »Die Treppe muss hinter der Tür sein«, hört Kendall Stuffin zischeln. »Sei leise, Mann. Oder soll ich mitkommen?«

      »Bin ich ein Narr?«

      Casements Antwort klingt dünn aus dem Office. Dann knackt etwas leicht, ein Schaben verliert sich.

      In der Tür steht immer noch Stuffin, Youngers Colt in der Faust. Der Mann sieht sich zwei-, dreimal nach den beiden Zellen um. Seine dunklen drohenden Blicke richten sich jedes Mal auf Kendall.

      Kendall rührt sich nicht. Er traut dem kleinen Halunken Casement zu, lautlos bis in die Schlafkammer Brightons zu gelangen.

      Einen Augenblick später zuckt er zusammen. Von oben ertönt ein heiserer dumpfer Schrei, dem ein schweres Gepolter folgt. Casements Stimme schrillt über den kleinen Flur im Dachgeschoss des Hauses und die Treppe bis ins Jail: »Aus dem Bett, was? Dir zeige ich – aus dem Bett.«

      Es donnert, als fiele oben ein Schrank um. Dann wird es still, nur ein Schnurren meldet sich, dem sich auf der Treppe ein wüstes Gedröhn anschließt.

      »Schon ist er unten, was?«, meldet sich Casement wieder. »Werde ich den schweren Schurken auch noch hinabschleppen.«

      Er hat Brighton die Treppe hinabgeworfen, denkt Kendall bestürzt. Du großer Gott, dieser kleine Giftzwerg hat den Teufel im Bauch.

      Stuffin sieht sich um, wieder die kalte Drohung im Blick.

      »Immer ruhig«, sagt er jetzt lauter als vorhin. »Ihr kommt auch noch an die Reihe.«

      Er verschwindet für Sekunden im Office. Dann tauchen sie beide wieder mit Brighton auf. Der Deputy hängt zwischen ihnen. Sie schleifen ihn in die Zelle und behandeln ihn nicht anders als Younger. Kurze Zeit später hängt auch Brighton an den Stäben fest. Der Deputy blutet an der rechten Kopfseite und am linken Ohr.

      Mit einem Grinsen verlassen die beiden Pferdediebe die dritte Zelle. Während Stuffin nun laut mit den Schlüsseln rasselt und sich Moores Zelle nähert, bleibt Casement mit seinem tückischen Schielen im Gang stehen.

      Als die Schlüssel rasseln, endet auch Moores Geschnarche. Stuffin ist mit zwei Schritten neben Joe Moores Pritsche. Der Pferdedieb hebt den Fuß an, tritt Moore in die Seite und sieht den Alten die Augen aufschlagen.

      Verschlafen blinzelnd schrickt Joe zusammen. In der nächsten Sekunde stemmt er sich keuchend auf. Sein ungläubiger Blick fliegt erst an dem grinsenden Stuffin hoch. Dann wandert er zur ersten Zelle und Kendall weiter.

      »Na?«, erkundigt Stuffin sich höhnisch. »Bist du wach, Alter? Was fehlt dir? Warum sagst du nichts?«

      Joe Moore bleibt wie betäubt auf der Pritschenkante sitzen. Sein Blick trifft unter gesenkten Lidern mit dem Kendalls zusammen. Unmerklich schüttelt Kendall den Kopf.

      »Was – was ist los?«, fragt Moore verstört. »Wie seid ihr heraus…«

      Er blickt sich nun um und stiert auf den Sheriff und Deputy Brighton.

      »Alter, da bist du platt, was?«, fragt Stuffin spöttisch. »Siehst du, so macht man das. Manchmal kann einen kein Jail halten. He, raus mit dir. Bewege dich schon. Nur in den Gang, Mister, nicht weiter.«