Diverse Autoren

Die großen Western Staffel 4


Скачать книгу

      »Ja.« Lee Rooster war richtig erschüttert. »Viele Jahre hat Maverick nach einem Mann gesucht. Jetzt hat er ihn gefunden. Großer Gott, wie viele Jahre seines Lebens sind dabei draufgegangen.«

      Verständnislos sah Cal ihn an. Kein Wunder, denn Cal wußte von alledem nichts. Er wußte nichts vom erschossenen Benjamin, seinem jüngsten Onkel, und nichts vom wahren Dasein des Mannes, der zu einer Legende geworden war. Ja, er wußte noch nicht einmal etwas von dieser Legende.

      Maverick hatte es so gewollt.

      »Mam sagte was von einer Jagd, Dad. Ich versteh’ das alles nicht.«

      »Wir auch nicht so recht, Cal. Da mußt du M.C.R. fragen. Er wird bald hier eintreffen. So ein Telegramm ist lange unterwegs. Manchmal ist ein Reiter schneller.«

      *

      Über Cottonfield röhrte das Unwetter.

      Scharfer Wind peitschte Regenschauer gegen die Häuser. Wasser schlug von den Dachkanten. Erde schwemmte weg.

      Polternd kamen die drei Fremden in nassen Mänteln in den Saloon. Feuchtwarme Luft beschlug die Fenster. Lampen flackerten, obwohl es Tag war.

      Einige Einwohner saßen an den Tischen. Die Theke war frei. Daran bauten sich die Fremden auf. Bärtige hagere Männer, deren Bewaffnung den neugierigen Blicken verborgen blieb. Bis zu den Stiefelschäften reichten die Mantel hinunter. Von den Stetsons schwappte Wasser.

      »Sauwetter«, sagte einer zum Saloonbesitzer, rieb sich das unrasierte Kinn und stützte den Ellbogen auf. »Drei Whisky. Wenn’s draußen feucht ist, muß es drinnen naß werden.«

      »Scheißlangweilig hier«, dehnte der zweite und sah umher. »Ein paar Figuren, nichts weiter – und das soll die Stadt sein? Kann ich nicht glauben!«

      »Vermieft ist sie«, sagte der dritte grinsend, »mieft nach alten Knochen, die noch rumspazieren. Und hier soll es einen Mann namens Rooster geben? Das muß wohl ein Irrtum sein, was?«

      »Rooster?« Der Saloonbesitzer wußte nichts von einem berühmten Rooster und der lebenden Legende. Keiner in Cottonfield wußte das. »Wieso Rooster? Was ist mit dem Mann?«

      Die Fremden grinsten erst – dann blickten sie gereizt.

      »Sag nur nicht, du wüßtest nichts von einem Rooster, Mann!« fuhr ihn der in der Mitte stehende Fremde an. »Seid ihr hier alle bescheuert, oder was ist los? Wir sagten Rooster! Gibt es ihn, oder müssen wir weiterreiten?«

      »Hier in Cottonfield gibt es keinen Mann Rooster«, antwortete der Salooner wahrheitsgemäß.

      »Und wir dachten –« Der rechts stehende Fremde winkte ab. Mürrisch und auch gereizt. »Das hätten wir uns denken können, Jungs. In so einem miesen Drecknest kann Rooster nicht sein. He«, er beugte sich vor, »wie sieht’s in der nächsten Stadt aus?«

      Der Saloonbesitzer mußte nachfüllen. Dann antwortete er: »Die nächste Stadt liegt hinter den vielen Hügeln. Westwärts. Da gibt es längst keine Baumwollfelder mehr. Nur Wüste. Sundance Corral heißt die Stadt. Eine heiße, staubige Stadt.«

      »Heiß? Was meinst du damit? Viele Schießereien und so?«

      »Ja, so. Eine Stadt ohne Gesetz. Das heißt – einen Sheriff haben sie dort, aber er säuft. Der ist immer stramm. Der weiß nicht mehr, ob die Sonne nun auf- oder untergeht.«

      »Na, das ist ja lustig!« meinte der links stehende Fremde. »So einen Sheriff hab’ ich gern, der ist mir sympathisch! Der nimmt es eben nicht so genau. He, Jungs, was meint ihr –?Sundance Corral?«

      »Ja, aber bei diesem Wetter bleib’ ich erst einmal hier. Rooster läuft uns nicht weg.« Der Fremde blickte den Saloonbesitzer starr und nachdenklich an. »Was ich nicht verstehe, ist, daß man uns gesagt hat, Rooster wäre in Cottonfield kein Unbekannter.«

      »Was wollen Sie denn von diesem Rooster?« fragte der Salooner nach. »Hier in der Gegend gibt es nur Farmen. Suchen Sie Arbeit?«

      »Arbeit ist gut. Ja, natürlich –?schnelle Arbeit.«

      »Nein, da sind Sie hier falsch. Ich glaub’, Sie müssen nach Sundance Corral reiten.«

      Die Fremden tranken geräuschvoll. Draußen brüllte das Gewitter, dröhnten die Donnerschläge.

      »Gieß uns noch einen ein«, knurrte einer der Fremden.

      Draußen vor der knarrenden Schwingtür polterten schnelle Schritte. Mit tropfnassem Umhang kam der Postreiter herein, zerrte sich die Ölhaut von den Schultern und hing sie am Ständer neben der Tür auf. Händereibend trat er an die Theke heran, nickte den Fremden zu und bestellte einen doppelten Whisky.

      »Und ich hatte geglaubt, es noch zu schaffen!« sagte er. »Naß bis auf die Knochen bin ich! Aber was tut man nicht alles für die Kunden.« Dem Saloonbesitzer zugewandt, verriet er: »Ich glaub’, ich hab’ einen Menschen glücklich gemacht. Als sie das Telegramm las, bekam sie leuchtende Augen! So was hab’ ich noch nie gesehen. Sie war ganz weg, richtig selig. Du weißt doch, von wem ich rede?«

      »Keine Namen, mein Guter«, entgegnete der Saloonbesitzer beherrscht und lächelte. »Postgeheimnis. Sonst bist du den Job los.«

      Der Postreiter nickte und lächelte zurück, griff zum Glas und trank.

      »So«, sagte er, als das Glas leer war, »jetzt leg ich mich aufs Ohr. Bei diesem Wetter reißt hoffentlich die Telegrafenleitung.«

      Dann nahm er seinen Umhang und verließ den Saloon.

      Die Fremden warfen sich eigenartige Blicke zu –?nichtssagend-vielsagende Blicke. Schweigend zahlten sie. Dann gingen sie hinaus.

      Der Postreiter war schon verschwunden.

      Doch im Stall hinter dem Postoffice blinkte eine Lampe. Der gelbliche Lichtschein fiel durch die Bretterfugen.

      Langsam näherten sich die Fremden dem Stall. Tief sanken sie mit den Stiefeln im aufgeweichten Boden ein. Deutlich war vor ihnen die Spur des Pferdes zu erkennen. Immer wieder zuckten Blitze und tauchten Cottonfield in grelles Licht.

      »Warum so plötzlich keine Namen!« knurrte der eine Fremde und blies das Regenwasser von den Lippen. »Würdet ihr vor Fremden von einem Postgeheimnis reden und euch hüten, einen Namen zu nennen? Was sind schon Namen! Besonders für Fremde. Die können mit Namen doch nichts anfangen! Es sei denn, sie haben genau nach diesem Namen gefragt!«

      »Mann, du bist wirklich clever«, lobte einer der Komplicen. »Darauf wäre ich nicht gekommen.«

      »Jungs, wenn ich Rooster umlege, bin ich berühmt! Dann bekomme ich die bestbezahlten Jobs als Schießer! Und euch beide nehme ich als meine Gehilfen. Jeder mächtige Rinderbaron oder sonstwer, der einen gefährlichen Rivalen erledigt haben will, kauft uns dann!«

      Sie schwiegen, gingen langsamer, wollten sich nicht durch Schritte verraten. Jedesmal drückten die Stiefel den aufgeweichten Boden mit einem schmatzenden Geräusch auseinander.

      Der Postreiter hatte sein Pferd entsattelt und rieb es gerade trocken, als die drei Fremden in den kleinen Stall kamen und das Tor hinter sich schlossen.

      Der Fremde in der Mitte grinste ihn an.

      »Du reitest noch einmal los«, sagte er, »und sagst Rooster, daß wir hier sind.«

      »Er kennt euch doch gar nicht, sonst hätte er mir schon was gesagt!« entgegnete der Postreiter, ohne zu merken, daß er mit diesen Worten Rooster verraten hatte.

      »Das glauben wir dir gern.« Drohend traten sie näher. »Wo ist Rooster?«

      »Auf seiner Farm, wo denn sonst? Er ist Farmer. Das schon seit vielen Jahren! Das müßt ihr doch wissen!«

      »Farmer?« Der Anführer lachte kalt auf. »Dahinter versteckt er sich? Das kann ich gar nicht glauben! Der große berühmte Rooster?«

      »Ich glaub’, ihr verwechselt irgendeinen Rooster mit diesem Farmer«, meinte der Postreiter.