und Max Kräusel hier den Ruhm des Sieges allein gewinnen.« Nachdem sie's gesagt, flog sie hin auf Molly Seegrim und wandt' ihr das Hüftbein mit leichter Müh' aus der Hand, wobei sie ihr zu gleicher Zeit die Haube vom Kopfe abkrallte. Drauf, einen Schopf von Mollys Haaren mit der Linken gepackt haltend, that sie mit ihrer Rechten einen so wütenden Anfall auf ihr Antlitz, daß ihr bald das Blut aus der Nase zu träufeln begann. Molly war derweile nicht müßig. Sie ward bald fertig damit, das Haarnestel der Frau Braunsch zu lösen, dann griff sie mit einer Hand fest in den Wulstkranz und mit der andern pochte sie zwei gleich blutige Ströme aus beiden Nasenrinnen ihrer Feindin.
Nachdem jede von den Fechtenden eine hinlängliche Beute an Haaren vom Kopf ihrer Widersacherin errungen, ging die Wut über Gewand und Kleider her. Bei diesem Angriff übten sie solche Gewalt, daß sie in wenig Minuten beide, bis auf den Gürtel, nackt da stunden.
Glücklich für die Weiber ist's, daß der Platz des Faustkampfkrieges bei ihnen eben derselbige ist wie bei den Männern; allein ob solche gleich ein wenig ihr Geschlecht zu verleugnen scheinen, wenn sie einen Faustkampf beginnen, so habe ich doch bemerkt, daß sie es niemals so weit aus den Augen setzen, daß sie einander auf die Brust zielen sollten, woselbst einige wenige Püffe den meisten höchst verderblich sein würden. Dies, ich weiß es wohl, leiten einige daher, daß sie blutgieriger sein sollen als die Mannspersonen; weshalb sie denn die Nase lieber wählen, als einen Teil, aus welchem man leichter Blut zapfen könne; allein dies scheint mir eine zu weit hergesuchte sowohl, als auch eine zu gehässige Andichtung zu sein.
Frau Braunsch hatte in diesem Punkte einen großen Vorteil über Molly, denn die erste hatte eigentlich gar nichts in der Schnürbrust. Ihr Busen (wenn man's so nennen kann) glich sowohl an Farbe als noch mehr andern Eigenschaften ganz genau einem Stück alten Pergaments, worauf man eine ziemliche Weile hätte lospauken können, ohne ihr eben sonderlichen Schaden zu thun.
Molly war, nicht mitgerechnet ihre jetzige unglückliche jungfräuliche Leibesbeschaffenheit, unter dem Halstuche ganz anders gebildet, und möchte vielleicht den Neid der Frau Braunsch gereizt haben, ihr einen hämischen Puff zu versetzen, hätte nicht die glückliche Ankunft des Tom Jones in diesem Augenblicke dem blutigen Auftritte ein unmittelbares Ende gemacht.
An diesem glücklichen Zufall war eigentlich Herr Quadrat schuld; denn er, Blifil und Jones, waren nach der Kirche zu Pferde gestiegen, um ein wenig spazieren zu reiten, und kaum waren sie einige hundert Schritte geritten, als Herr Quadrat sich eines andern besann, (nicht aus wetterwendischer Laune, sondern aus einer Ursache, die wir dem Leser enthüllen wollen, sobald es unsre Muße zuläßt) und die jungen Herren bat, einen andern Weg mit ihm zu reiten, als den sie sich zuerst vorgesetzt hatten. Da der Vorschlag durchging, brachte es sie notwendigerweise wieder zum Kirchhofe zurück.
Herr Blifil, der voranritt und solch einen Haufen von Janhagel in Assemblee sah, und darunter zwei weibliche Gestalten, in der Verfassung, in welcher wir die Braushühnlein verließen, hielt sein Pferd an, um sich zu erkundigen, was da vorginge. Ein Bauertölpel, der sich dabei hinter den Ohren kraute, antwortete ihm: »o 'ch wäs nät, äch nät! mät Verlobnäß zu sagen, Knädiger Jonker. 'S äß'r so'n Hophäh k'wäst, onger Fra Praunsch un Maari Seekrem: S'han sech 'nander en'n Haar'n K'rähn, tänk'ch.« »Wer? wo?« rief Tom. Ohne aber eine Antwort abzuwarten, indem er eben die Züge seiner Marie bei aller Entstellung, worin sie sich jetzt befanden, entdeckte, stieg er hastig vom Pferde, ließ es ledig stehen, sprang über die Mauer und lief auf sie zu. Nun erst fing sie an, in Thränen auszubrechen, und erzählte ihm dann, wie barbarisch man sie behandelt habe. Worauf er Frau Braunsch, ihr Geschlecht vergessend (oder auch, daß er's in seiner Wut nicht erkannte, denn sie zeigte eben nichts Weibliches an sich, Schürz und Rock ausgenommen, die er leicht übersehen konnte), einen oder ein paar Hiebe mit der Reitpeitsche versetzte; dann auf den hellen Haufen zueilte und unter selbigem, weil er insgesamt von Molly verklagt war, von allen Seiten seine Hiebe so freigebig austeilte, daß ich, wofern ich die Muse nicht von neuem anrufen will (welches der gutherzige Leser für ein wenig zu hart für sie finden würde, da sie erst kürzlich sich so außer Atem hat singen müssen) ganz außer stande bin, das Peitschen und Schwöppen dieses Tages zu beschreiben.
Nachdem er das ganze Schlachtfeld von Feinden völlig gereinigt hatte, so gut als jemals die Helden Homers oder Don Quichotte, oder irgend sonst ein andrer irrender Ritter auf dieser Welt gethan haben könnten, kehrte er zu Molly zurück, die er in Umständen antraf, die sowohl mir als meinen Lesern wehe thun müßten, wenn ich solche hier beschreiben wollte. Tom gehabte sich, als wär' er von Sinnen gekommen, zerschlug sich die Brust, raufte sein Haar, stampfte den Boden und schwur allen die bitterste Rache, die nur Hand mit im Spiele gehabt hätten. Dann schälte er seinen Rock ab, knöpfte solchen um ihre Schulter, setzte ihr seinen Hut auf den Kopf, wischte ihr mit seinem Taschentuche, so gut er konnte, das Blut aus dem Gesichte und rief dem Bedienten zu, er solle reiten was er könne und einen Sattel oder Reitkissen holen, damit er sie sicher nach Hause bringen könnte.
Neffe Blifil hatte seine Einwendungen gegen das Wegreiten des Bedienten, weil sie nur einen bei sich hätten; allein, da Herr Quadrat den Befehl unterstützte, ward er auch genöthigt, sich's gefallen zu lassen.
Der Bediente kam in sehr kurzer Zeit mit dem Reitkissen zurück, und Molly, nachdem sie ihre zerrissenen Kleidungsstücke, so viel als thunlich, wieder angesammelt hatte, ward hinter ihm aufs Pferd gesetzt. Auf dieser Weise ward sie nach Hause geführt, in Quadrats, Blifils und Jones' Begleitung.
Hier, nachdem Jones seinen Rock wieder genommen, ihr einen verstohlnen Kuß gegeben, und ihr ins Ohr geraunt hatte, daß er diesen Abend noch wieder zu ihr kommen wolle, verließ er seine Maria und ritt seiner Gesellschaft nach.
Neuntes Kapitel.
Nicht gar zu friedsamen Inhalts.
Molly hatte sich nicht so bald wieder in ihre gewöhnlichen Fetzen geworfen, als die Zungen ihrer Schwestern gewaltiglich über sie herfuhren, der ältesten vorzüglich, welche ihr sagte: es sei ihr ganz recht geschehen. »Was hat sie die Ausverschämtheit und zieht ein Putzkleid an, das Vrölen Western der Mutter keschenken hat. Wenn's ja Eens von uns sollt' tragen,« sagte sie, »sollt' ich meenen, währ ich's; mihr käm's von Gotts und Rechtsweg'n zuhe. Aber näh, da meent se, Wunder was m'r Pisse! 's käm' ihrer kroossen Schenhet alleen' zuhe; denkst wohl kahr, wär'st scheen Rahel alleene.« »Kriegt'r doch emaal den Scherben von Spiegelglas vom Thresorchen!« sagte eine andre; »'ch wollt' mer toch woll erst das Plutt vons Kesicht' runner waschen, eh 'ch von mein Scheensein schwätzte.« »Pesser thät's, 's hätt geholten was ter Pfarrer kesogt,« schrie ihre älteste Schwester, »und nicht uf te Mannsberschoonen kehorcht.« »Wohl wahr!« seufzte die Mutter aus tiefer Brust, »wohl wahr! Uns alle medenander hat's in Schimpf un Schant kebracht. 'S ist tie erpärmlichste Huhre, tie merr nach in tär Vamilje erlebt hahn.« – – »Nah, tas laß ich merr och nicht so uf te Nase häft'n; Mutter! Worzu's schält'n?« schrie Molly. »Merr wiss'n jo ooch, taß Mutter med mihner ältsten Schwäster ta nedder kamb, als se nach 'er Hoochzig sprieben: un ta acht Tage umme waren. Merr wiss'ns rächt kuht.« »Ja, Nickel!« schrie die wütende Mutter, »ja, tas dath 'ch: was för 'n krooß Unheel war'n aber tabei, heh? 'ch war schon acht Tage vorhin en ehrliche Frau kemacht worden. Un wänn du ooch met Ehrn unner te Hauben kommen thätst: so sollt's mech net ärgern; schär mech nichts drum. Aber näh, ta muß sie's met 'm Jonker vom Aetelhoff ufnähm'n, tie albern Pälmke; un nu kregt s' en Huhrkind! Ja! Luder! 'n Huhrkind kregste! un wär kann sich's understöhn, mir tas nachzesag'n, mir! he?«
In dieser Lage fand der schwarze Jakob die Seinigen, als er wegen der vorhin erwähnten Verrichtung in seinem Hause anlangte. Seine Frau und drei Töchter sprachen alle auf einmal und zugleich, und zwar die meisten aus voller Lunge; er mußte also eine ziemliche Zeit harren, bis er sein Wort anbringen konnte; sobald er aber eine kleine Pause wahrnahm, erzählte er der Gesellschaft, was ihm Sophie gesagt hatte.
Nun fing die gute Frau Seegrim erst recht an, ihrer Tochter die Epistel zu lesen: »Ho'! 'n lustige Patsche is es, ta tie Schandbalg ons nein führt! Was wert nu Vröhl'n von dein'n Tambursack sag'n. O, taß 'ch so 'n Schimpf erleben muß!«
Molly antwortete mit großer Keckheit: »Was is es tän for'n fornähmer Tienst, den Fatter for mech kefunden hat?