hinter der Kellnerin. Als sie die Garage betrat – nicht durch die große Öffnung für Fahrzeuge, sondern durch die Seitentür, die zum Aufzug führte – beschleunigte er seinen Schritt wieder und rannte über die Straße. Der Regen klatschte ihm ins Gesicht und schien ihn anzutreiben.
Er entschied sich für den Haupteingang. Der Check-In-Schalter war nicht besetzt, aber er wusste, dass Autofahrer ein Ticket am Automaten bei der Schranke ziehen mussten. Er schob sich zwischen der gelben Absperrung und der Wand in die Garage. Sie bestand nur aus zwei Ebenen, er wusste also, dass sie nach oben gegangen war. Er hechtete zur Treppe. Seine nassen Schuhe quietschten auf dem Beton.
Als er oben angekommen war, hämmerte sein Herz. Leise öffnete er die Tür des Treppenhauses und verließ es gerade rechtzeitig, um sie noch zu sehen. Sie hatte bereits die Hälfte der hinteren Reihe hinter sich gelassen, ging gerade auf ihren Wagen zu und griff in ihre Tasche. Während er die Entfernung zwischen ihnen verringerte, zog sie ihren Schlüssel heraus.
Sie hatte ihn bemerkt, hatte ihn nur einen Moment lang angesehen und dann ihre Aufmerksamkeit zur Autotür gerichtet. Es war ein älterer Wagen, sie musste ihn manuell aufschließen, statt lediglich auf den Knopf zu drücken. Als sie den Schlüssel hineinsteckte, rannte er los.
Töte sie nach der Arbeit. Sie soll es nicht zurück nach Hause schaffen.
Es wäre sein erstes Mal. Er war sich nicht sicher, ob er es tun konnte. Vielleicht, wenn ihr Gesicht nicht so vertraut wäre, vielleicht, wenn er zu Collegezeiten nicht so oft an sie gedacht hätte …
Seine Gedanken wurden immer lauter. Es war fast, als folge ihm jemand. Als schreie ihm jemand die Worte ins Ohr.
Sie sah nun, dass er auf sie zukam. Sie begann, sich schneller zu bewegen. Dann ließ sie die Schlüssel fallen. Er hörte das Klirren auf dem Boden und wusste, dass er sie hatte.
Als er sich dem Wagen näherte, gab sie ihren Versuch auf, ihm zu entkommen. Er bemerkte, dass sie ihn erkannt hatte. Es machte ihn fast glücklich, anzunehmen, dass sie sich an ihre Begegnung vor zwei Tagen erinnerte.
„Was …?“
Mehr brachte sie nicht heraus.
Es stellte sich heraus, dass er es tun konnte.
Und tatsächlich machte es ihn sogar mehr als glücklich.
Er nahm den Hammer aus der Innentasche seiner Regenjacke und zog ihn wie ein Schütze aus dem Wilden Westen. Als ihr Mund versuchte, ein weiteres Wort zu formen, krachte der Hammer bereits gegen ihre Lippen.
Kurzzeitig übertönte das wiederholte Schmettern des Hammers fast das Geräusch des Regens, das durch die offenen Wände der Garage immer lauter wurde.
KAPITEL EINS
Mackenzie betrachtete die digitale Nummer auf der Waage und verspürte ein Gefühl des Triumphs, dessen sie sich fast schämte. Laut der Zahl hatte sie endlich ihr Vor-Schwangerschafts-Gewicht erreicht. Sie war sogar ein Kilo drunter. Sie war noch nie auf ihr Gewicht fixiert gewesen, aber die Zahl war der Beweis, dass es möglich war, ein bisschen Normalität zurückzuerlangen. Ja, sie hatte sich ans Muttersein gewöhnt und sie war damit ins Reine gekommen, dass ihr Leben sich für immer verändert hatte.
Aber aus irgendeinem Grund hatte sie Probleme damit gehabt, ihre Schwangerschaftskilos zu verlieren. Die letzten fünf Kilo waren sehr hartnäckig gewesen und es hatte länger gedauert als sie oder ihr Arzt es erwartet hatten. Und jetzt endlich war es geschafft. Fast acht Monate und ein heimtückischer Fall, der an einer Felswand geendet war, später, hatte sie endlich ihr Zielgewicht erreicht. Und sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie sich zuletzt so gesund gefühlt hatte.
Sie stieg von der Waage und versuchte, sich einzureden, dass es okay war, sich in kleinen Erfolgen zu sonnen. Ihre postpartale Depression war genauso hartnäckig gewesen wie ihr Gewicht und hatte sich, genau wie die letzten fünf Kilo, nur schwermütig verabschieden wollen.
„Was machst du?“
Mackenzie drehte sich zur Badezimmertür und sah Ellington. Er sah die Waage an, als hätte er nie erwartet, seine Frau auf einer stehen zu sehen.
„Ich nehme mir gerade einen Moment, um kleine Erfolge zu feiern.“
„Darf ich fragen?“, wollte er wissen und betrachtete skeptisch die Waage.
„Ich bin dort, wo ich sein möchte“, sagte sie. „Zumindest was mein Gewicht betrifft.“
Er trat ins Badezimmer und küsste sie auf die Wange. „Ich muss los, wollte mich nur eben verabschieden.“
„Sehr bald werde ich auch wieder morgens mit dir das Haus verlassen“, sagte sie.
„Oh, ich weiß. Und ich freue mich darauf.“
Er nahm sie in den Arm und die unausgesprochenen Worte reichten. Nach dem letzten Fall, der sie nur fünf Monate nach ihrem gerade verheilten Kaiserschnitt weit über ihre Grenzen hinausbefördert hatte, war sie von McGrath dazu gezwungen worden, weitere drei Monate auszusetzen. Sie war noch immer Agentin, aber arbeitete nur von zuhause, wo sie Anrufe entgegennahm und bei Recherchen unterstützte.
Sie scharrte vor Ungeduld mit den Füßen, zurück ins echte Leben geschickt zu werden, um echte Fälle zu lösen. Ellington zu beobachten, der drei, relativ aktive, Monate hinter sich hatte, war wie Folter gewesen – vor allem der Tag, an dem er mit einem seiner Partner einen bewaffneten Mann außer Gefecht gesetzt und damit eine Schießerei in einer Shopping-Mall verhindert hatte.
„Sag McGrath, dass er mein Büro vorbereiten soll“, sagte sie.
„Das werde ich. Aber Mac … du weißt, dass es sich bei eurem Treffen nächste Woche … nur um ein Treffen handelt. Es gibt keine Garantie.“
„Ja, das weiß ich. Weil es einfach ist, Frauen zu übersehen … bis sie ein Baby hatten. Dann werden sie zur Schaufenster-Deko. Einer Art Anhängsel, die niemand beleidigen oder versehentlich malträtieren möchte.“
„Er ist einfach nur vorsichtig.“
„Das weiß ich“, sagte Mackenzie. „Aber ich habe mich dazu entschieden, angepisst zu sein.“
„Das kann ich sehen.“ Er küsste sie erneut und ging dann zur Tür. „Ich werde Thai zum Abendessen mitbringen. Mach dir einen schönen Tag mit unserem kleinen Mann.“
Sie sah ihm nach und folgte ihm dann ebenfalls aus dem Badezimmer heraus. Kevin machte sein morgendliches Nickerchen im Laufstall in seinem Zimmer. Es war alles Teil der Routine. Mit seinen acht Monaten wachte er täglich um 5.45 Uhr auf, aß, spielte und schlief gegen halb acht wieder ein. Der Schlaf- und Essensrhythmus des Kleinen war präzise wie ein Uhrwerk und machte Mackenzies Tagesablauf einfacher.
Und obwohl sie ihren Sohn mehr liebte, als sie jemals für möglich gehalten hatte, überhaupt etwas zu lieben, freute sie sich schon darauf, ihn bald wieder in die Kita zu bringen. Der Platz in seiner alten Gruppe wartete bereits auf ihn. Das Personal war, angesichts Mackenzies seltsamen Arbeitsumständen im vergangenen halben Jahr, sehr wohlwollend gewesen.
Mackenzie schenkte sich ihre zweite Tasse Kaffee ein und begann ihre eigene Tagesroutine. Sie checkte ihre E-Mails, um zu sehen, ob es Rechercheaufträge gab, aber es war ruhig heute. Dann schaltete sie die Waschmaschine an und schrieb den Einkaufszettel fürs Wochenende. Während sie ihre Liste auf dem Handy vervollständigte, hörte sie Kevin, der sich zu bewegen begann. Sie sah auf die Uhr, es war viertel vor neun, und sie war alles andere als überrascht. Der Junge funktionierte wirklich wie ein Uhrwerk.
Sie betrat sein Zimmer und nahm ihn hoch. Das Lächeln, das er ihr nach seinem morgendlichen Nickerchen immer schenkte, war so schaurig wie Ellingtons, wenn er aufwachte, aber sie konnte nicht anders, als zu kichern. Als sie roch, was ihn geweckt hatte, kicherte sie nicht mehr. Sie wickelte ihn, zog ihn an und setzte ihn dann in seine Babywippe (Ellington nannte sie Vibrations-Station). Erneut checkte sie ihre E-Mails. Ein Rechercheauftrag