Nova Ostermond

Die MarmorBlüte | Erotischer SM-Roman


Скачать книгу

an.

      Jemand nahm ab, sie hörte Atmung.

      »Niklas?«, fragte sie vorsichtig. Aufgelegt.

      ***

      »Sorry wegen vorhin. Ich hab eine neue Blue Ray. Mit Michael Fassbender, den magst du doch so«, sagte Simon.

      »Schön, ich hätte Zeit.«

      Hoffentlich war es nicht »Eine dunkle Begierde«. Darin waren einige Spanking-Szenen und Mirella wollte wegkommen von dem Thema, zumindest gegenüber Simon.

      Es war aber Gott sei Dank ein X-Men-Film.

      Simon sah sie an, wie man ein auf den Müll gefundenes Hündchen ansah. »Es gab auch die dunkle Begierde, aber die hast du bestimmt schon gesehen.«

      Mirella wurde rot. Sie dachte daran, wie Keira darin von Michael verdroschen wurde und es verfehlte mal wieder nicht seine erotische Wirkung. Sie fand, dass Mr Fassbender ein außergewöhnlicher Darsteller war, den man so schnell nicht wiedererkannte in seinen Rollen.

      So wandlungsfähig und tiefgründig. So wie Nik. Konnte sie mit Davide ausgehen, obwohl sie nicht wusste, was mit Nik war? Aber er würde nie das tun, wonach ihre Yoni verlangte. Es war aussichtslos. Sie dachte an die Visitenkarte in ihrer Tasche. Sollte sie es wagen?

      Nach dem Film legte sie in ihrem Zimmer Tiziano auf und wählte die Nummer.

      »Hier ist die Dame aus dem Zug«, sagte sie.

      »Ah, Fiore!«

      »Ich ... habe mir überlegt, ob Sie mir vielleicht Italienisch-Unterricht geben würden?«

      Er lachte. Dann erwiderte er: »Ich weiß nicht. Bin kein ­Pädagoge. Wir könnten ja mal essen gehen und das besprechen. Bei einem Glas Wein?«

      »Woher weiß ich, dass Sie kein Serien-Mörder sind?«

      Er raunte: »Woher weiß ich, dass Sie keine Stalkerin sind?«

      Jetzt musste sie lachen. »Dafür bin ich viel zu faul.«

      »Ich auch, um Serienmörder zu sein. Da muss man übertrieben lange nachdenken. Und immer DNA beseitigen, viel zu viel Aufwand.«

      »Sie scheinen Humor zu haben.«

      »Also, vielleicht Donnerstag?«

      »Va bene.«

      »Ah, Sie sprechen schon sehr gut! Siebzehn Uhr dreißig?«

      »Si, sono contenta di rivederti!«

      »Ah, wir sind schon per du!«

      »Vielmehr sind es wohl Grammatiklücken.«

      »Ich freue mich auch auf dich, Fiore.«

      ***

      Mirella war schon da, als er endlich eintraf. Er trug einen schwarzen Anzug und eine graue Krawatte, sie einen roten Hosenanzug.

      »Ah Fiore, du siehst bezaubernd aus.«

      Sie lächelte schüchtern. Er nahm ihre Hand und sie gingen hinein. Daniele, der Ober, begrüßte sie herzlich und brachte sie an den reservierten Tisch.

      »Ich nehme die Mezze Lune«, sagte Mirella und David bestellte Spaghetti Neri.

      »Also, du willst Italienisch lernen?«

      »Volentieri«, antwortete Mirella, was so viel wie gern heißt.

      »Warum?«

      »Ich liebe Italien.«

      Er lächelte breit. »Ja, Italien ist schön, aber du bist noch viel schöner.«

      »Wenn du mich nach Haus fährst, wirst du es ausnutzen?«

      »Hey, sie kennen mich hier, sie könnten alle bezeugen, dass ich mit dir hier war. Schlechtes Alibi. Was machst du beruflich?«

      »Ich bin Werbetexterin.«

      »Interessant. Ich muss mich mit launischen Musikern herumschlagen. Wenigstens ist es lukrativ.«

      »Ja, meins noch nicht so. Aber ich habe in meiner Handfläche dieses Sternchen, siehst du? Das bedeutet, irgendwann kommt der Reichtum.«

      »Steht da auch, wie viele Kinder du haben wirst?«

      »Ja, hier die Querlinien unterm kleinen Finger. Angeblich also zwei. Aber da müsste ich mich ranhalten.«

      »Wieso?«

      »Weil ich dreiundvierzig bin.«

      Er zog die Brauen hoch. »Scherzi!«

      »Non scherzo.«

      »Du siehst keinen Tag älter aus als fünfundzwanzig.«

      »Du übertreibst.«

      »No, vero. Wirklich wahr. Du siehst sehr jung aus. Giovane. Come la mattina.«

      Im Laufe des Abends stellten sie fest, dass sie gemeinsame Bekannte hatten. Vielleicht war es das, was sie dazu veranlasste, sich, wider ihrer paranoiden Natur, von ihm nach Hause bringen zu lassen.

      »Hast du ein Pflaster? Ich habe mich an meiner Tasche geschnitten.«

      »Im Handschuhfach.« Statt den Pflastern fielen ihr ein paar Hochglanz-Handschellen entgegen.

      »Die hab ich immer dabei.« Warum fuhr er Handschellen im Handschuhfach mit sich herum, wenn er kein Dom war? Bulle war er schließlich keiner. Mirellas Herz schlug höher. Saß ihr Dom bereits neben ihr? Sie sahen sich in die Augen. Seine Augen waren honigbraun, wie Bernstein. Seine Wimpern länger als ihre.

      »Würden Sie mich fesseln?«

      »Auf Italienisch!«

      »Legami! Das hab ich aus der italienischen Cosmopolitan.«

      Davide lachte, dann sagte er: »Kommt drauf an.«

      »Worauf?«

      »Ob es dir gefallen würde.«

      »Ich glaube zu wissen, dass ich Masochistin bin. Ich habe ausschließlich solche Phantasien, ich lese nur so Zeug.«

      »Bist du schon mal geschlagen worden?«

      »Nein.«

      »Nie?«

      »Nie. Ich bin zu alt, oder?«, fragte sie.

      »Du bist zehn Jahre jünger als ich.«

      »Was ist es denn? Findest du mich nicht attraktiv?«

      »Du bist wunderschön. Come un fiore di marmo, che non appassira mai. – Wie eine Marmorblüte, die nie verwelken wird.«

      »Eine Marmorblüte, die nie verwelken wird? Wo lernt man so zu reden?«

      »In Tropea.«

      »Sicuramente.«

      »Ich bin ein Dom, va bene? Eigentlich ein Dom in Rente. Ich hatte schon seit fünf Jahren keine Sklavin mehr.«

      »Du hattest seit fünf Jahren keinen Sex?« Ungläubig blicke sie ihn an.

      »Exakt.« Er wurde immer attraktiver für sie. Sie mochte keine Männer, die in der Gegend herumschliefen. Dafür hatte sie viel zu viel Angst vor Krankheiten.

      »Ich liebe Sie jetzt schon.«

      Sie waren da. Er machte das Handschuhfach auf und überreichte ihr die Handschellen. »Hier. Ich habe noch ein Dutzend davon. Probier sie mit deinem Freund aus, vielleicht steht er ja drauf.«

      »Das wüsste ich aber.«

      »So schlimm?«

      »Ich wollte schon eine Anzeige aufgeben. ›Dom: verzweifelt gesucht‹.«

      Er lachte, fuhr sich durch die schneeweißen Locken. »Pass auf dich auf!«, sagte er.

      »Sicuramente.«

      »Ich hoffe, du kannst noch andere Vokabeln als ›sicherlich‹.«