P.L. Winter

Vera - Sklavin der Lust | Roman


Скачать книгу

qualitativ gut ist, und davon gehe ich bei dem Essen hier auch aus.«

      »Du und Kaffee? Gibt es doch nicht«, meinte auch Thomas lachend.

      »Was habt ihr nur alle? Richard war auch ganz baff, nur weil ich meinte, dass ich einen guten Kaffee vertragen könnte. Kommt erst mal nach Brasilien, dann werdet ihr den Unterschied schon merken. Irgendwie hab ich mir da wohl das Kaffeetrinken angewöhnt –«

      »Oder einfach vergessen, dass du eigentlich keinen magst«, unterbrach Gerda den Begeisterungssturm und musste dabei selbst lachen.

      Als Vera zusammen mit Thomas gegen halb zwei auf der Wache eintraf, war die Verwirrung bei den beiden Polizisten, welche sie offensichtlich schon erwartet hatten, zunächst groß. Vera gewann den Eindruck, dass hier alle damit gerechnet hatten, dass sie allein oder zusammen mit Gerda erscheinen würde. Thomas, und damit einen Anwalt, hatte wohl niemand auf dem Schirm gehabt.

      Nachdem sich der ältere der beiden gefasst hatte, bat er sie in einen separaten Raum und bot ihnen etwas zu trinken an. Er stürmte aus dem Raum, während sich der zweite Polizist nervös am Telefon zu schaffen machte. Sie mussten etwa eine Viertelstunde warten, bevor schließlich der leitende Beamte erkennbar abgehetzt und in Begleitung des älteren Polizisten eintrat.

      »Tut mir leid, dass wir Sie haben warten lassen, ich war gerade bei einem Einsatz. Wurde Ihnen schon etwas zu trinken angeboten?« Er war offensichtlich um eine lockere Stimmung bemüht.

      Thomas verkniff sich ein hämisches Grinsen. Er war sich sicher, dass seine Anwesenheit für Verwirrung gesorgt und damit den eigentlichen Plan der Befragungstaktik über den Haufen geworfen hatte, und so setzte er mit freundlicher Stimme noch einen drauf: »Es macht doch keine Unannehmlichkeiten, dass ich meine Mandantin begleite?«

      »Nein, nein, natürlich nicht. Es steht Ihnen selbstverständlich frei, eine Person Ihres Vertrauens hinzuzuziehen«, antwortete der Kommandant, auf dessen Stirn sich erste Schweißtropfen zeigten, und sah Vera an. »Obgleich ich den Ausdruck ›Mandantin‹ in diesem Kontext für unangebracht halte. Ich möchte betonen, dass es hier und jetzt lediglich um die Klärung einiger Fragen geht. Es handelt sich nicht um eine Vernehmung –«

      »Das hatten wir auch nicht angenommen. Wir sind auf freiwilliger Basis hier, um Sie bei Ihren Tätigkeiten zu unterstützen, und uns ist bewusst, dass wir somit jederzeit wieder gehen können – stimmt doch?«, unterbrach Thomas mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

      »Natürlich ... Ja – das ist richtig«, bestätigte der leitende Beamte sichtlich nervös. »Nun gut, lassen Sie uns zur Sache kommen. Frau Wegner – wenn Sie gestatten, möchte ich das Gespräch kurz halten und gleich ohne Umschweife auf die wichtigen Punkte kommen – Frau Wegner, ist es richtig, dass Sie am Freitag, den ersten August aus Brasilien kommend in Frankfurt gelandet sind?«

      »Ja, das ist korrekt«, antwortete Vera mit fester Stimme. Sie saß aufrecht, mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem einfachen Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet, und blickte ihn direkt an. Sie wollte einen starken und sicheren Eindruck machen, sich keinesfalls aus der Ruhe bringen lassen. Zudem hatte ihr Thomas geraten, alle Fragen mit kurzen knappen Angaben zu beantworten – ohne Ausschweifungen und vor allem, ohne auf Details einzugehen, nach denen nicht gefragt worden war.

      »Sie wurden am Frankfurter Flughafen von den dortigen Kollegen bereits befragt?«

      »Ja, das stimmt.«

      »Welche Angaben haben Sie dort gemacht, können Sie uns das bitte wiederholen?«

      Diesmal hielt Thomas sie von einer Antwort zurück und meinte in einem freundlichen, aber bestimmten Tonfall: »Sie werden sicher verstehen, dass meine Mandantin am Freitag nach dem langen Flug und den Erlebnissen danach – und hier schließe ich die Befragung mit ein – etwas überrascht und verwirrt war. Ich erlaube mir daher, vorzuschlagen, dass Sie diesbezüglich auf das Protokoll Ihrer Kollegen aus Frankfurt zurückgreifen und nicht erwarten, dass sie sich in allen Details an diese Befragung erinnert. Es steht Ihnen selbstverständlich frei, eigene Fragen zu stellen oder die Fragen aus Frankfurt zu wiederholen.«

      Diese Zurechtweisung steigerte die Nervosität des Beamten, der die Befragung leitete, erkennbar. Er begann, hektisch in den Unterlagen vor sich zu blättern, bis ihn sein Kollege auf die gesuchten Protokollseiten hinwies.

      »Nun gut, wann haben Sie Deutschland verlassen?«

      »Wie ich Ihren Kollegen bereits erklärt habe, kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Aus dem Einreisestempel in meinem Pass ergibt sich jedoch, dass wir offensichtlich am 13. September letzten Jahres ausgereist sind – wenn man unterstellt, dass wir direkt von Frankfurt nach Caracas geflogen sind.«

      »Wer ist ›wir‹?«

      »Auch hier, wie bereits gesagt: Ich kann mich nicht mehr erinnern, allerdings müssen es wohl mein Mann Manfred und ich gewesen sein, alles andere macht meines Erachtens keinen Sinn.«

      »Das ergibt sich aus Ihren Ermittlungsakten, welche wir bereits mehrfach besprochen haben«, mischte sich Thomas erneut ein. »Könnten wir die bereits bestätigten Tatsachen, an welche sich meine Mandantin derzeit nicht erinnern kann, einfach überspringen und zu den wichtigen Fragen kommen?«

      »Also gut, dann direkt: Frau Wegner, wo ist Ihr Mann?«

      Vera war überrascht über diese Frage, die der Beamte mit einem leicht aggressiven Unterton an sie stellte. Sie fing sich jedoch rasch und antwortete mit einer leicht fragenden Stimme: »Tot?«

      Die Frage schwebte im Raum.

      »Das heißt, Sie wissen es nicht?«, hakte der Beamte erneut unwirsch nach.

      »Ja. – N-nein«, stammelte Vera und sah sich Hilfe suchend zu Thomas um, der gleich einspringen wollte, allerdings barsch unterbrochen wurde.

      »Tut mir leid, aber das ist für uns eine äußerst wichtige Frage, die Frau Wegner selbst beantworten muss!«

      »Nun, ich habe erst hier – von Gerda, meiner Freundin – erfahren, dass er tot sein soll. In Frankfurt hieß es nur, dass er als vermisst gelte und laut den Unterlagen der dortigen Behörden auch nicht wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist.« Vera wollte schon fortfahren, als ihr Thomas mit sanftem Druck auf den Oberschenkel zu verstehen gab, sich an die Absprachen zu halten und so wenig wie möglich preiszugeben.

      »Gut, Frau Wegner. In Frankfurt haben Sie angegeben, dass Sie sich nicht daran erinnern können, wann und mit welchem Ziel Sie aus Venezuela abgereist sind – stimmt das oder können Sie sich jetzt wieder an etwas erinnern?«

      »Ja, das ist korrekt, und nein, ich kann mich an keine neuen Details erinnern. Allerdings habe ich zwischenzeitlich erfahren, dass wir angeblich noch in Mexiko, Jamaika und schließlich in Brasilien waren.«

      »Mit ›wir‹ meinen Sie sich und Ihren Mann Manfred? Sonst noch jemanden?«

      »Ja, und nein, sonst niemand!«

      »Wie erklären Sie sich dann, dass mit Ihrer Kreditkarte noch ein weiteres Flugticket für einen Flug von Jamaika nach Mexiko für einen gewissen Antônio de Vasconcelos gebucht wurde? Können Sie mir sagen, wer das ist?«

      »Nein, kann ich nicht, ich höre diesen Namen zum ersten Mal!« Diesmal sah Vera erstaunt zu Thomas, der ihr von diesem Detail nichts gesagt hatte. Offensichtlich war es auch ihm bisher nicht bekannt gewesen, doch er behielt seinen stoischen Gesichtsausdruck bei und ließ sich nichts davon anmerken, wie es in seinem Inneren arbeitete, um diese neue Information einzuordnen.

      »Sie kennen diesen Mann nicht und bezahlen für ihn den Flug nach Mexiko, den dortigen Aufenthalt in einem Swingerhotel und einen weiteren Flug nach Brasilien? Bitte erklären Sie mir das, ich verstehe es nicht.«

      »Wie ich bereits sagte, ich kenne diesen Mann nicht und von für ihn bezahlten Rechnungen weiß ich nichts. Was meinen Sie mit Swingerhotel?«, gab Vera mit einer Mischung aus Überzeugung und Unsicherheit zurück.

      »Das sollten Sie doch wissen. Schließlich waren Sie sowohl in Jamaika als auch in Mexiko in bekannten Swingerhotels.«

      »Nein