Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Classic 39 – Familienroman


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wir gar nicht haben.«

      »Das kann ich verstehen«, sagte Manja, und damit gewann sie Bambis Sympathie ganz.

      *

      Auch Bob Calgero durchstreifte die Gegend, und er sah Manja mit den beiden Kindern.

      Sie saßen jetzt auf einer Bank dicht am See und wussten nicht, dass sie beobachtet wurden.

      Momentan hatte sich in Bob der Wunsch geregt, dieses Bild filmen zu können, denn nie hatte er Manja so gelöst und heiter gesehen. Aber das war ein Anblick, den er niemanden gönnte, und er wollte ihn allein genießen.

      Manja erschien ihm plötzlich nicht als unerreichbare Karrierefrau, sondern so, wie sie in Wirklichkeit war, wenn sie das auch niemandem zeigen wollte.

      Er vernahm ihr dunkles warmes Lachen und sah, wie sie ihren Kopf Bambi zuneigte.

      Er sah auch, wie Toni sich an sie schmiegte, jauchzte und seine Händchen in ihr Gesicht patschte.

      Er pirschte sich näher heran, um verstehen zu können, was sie sagte.

      »Unser Haus dürft ihr nicht nehmen«, erklärte Bambi eben. »Da wird mein Papi grantig. Wer hat euch eigentlich gesagt, dass es hier so schön ist?«

      »Das weiß ich auch nicht, Bambi«, erwiderte Manja. »Aber meinst du nicht, dass Menschen, die in großen Städten wohnen, auch ein Anrecht darauf haben, ein solches Paradies wenigstens im Film zu sehen?«

      »Wenn sie nicht alle kommen«, entgegnete Bambi. »Es kommen so schon genug.«

      Ihr Gesicht drückte Skepsis aus, aber dann räumte sie ein: »Ja, wenn alle Filmleute so nett sind wie Sie, dann ist es nicht so schlimm.«

      »Danke, Bambi«, sagte Manja.

      Bob durchzuckte ein ganz eigentümliches Gefühl. Sein Blick saugte sich an ihrem Gesicht fest, und vielleicht spürte sie es, denn nun wandte sie den Kopf und sah ihn an.

      Schnell trat er näher heran, da er nun nicht mehr ausweichen konnte.

      »Nett, dich zu treffen«, äußerte er mit gepresster Stimme.

      »Ich bin beschäftigt, wie du siehst«, bemerkte sie unwillig.

      »Das möchte ich doch lieber als eine angenehme Unterhaltung bezeichnen. Wen haben wir denn da?«

      Er sah Toni an, dann erst Bambi. Widersprüchliche Gedanken gingen ihm durch den Sinn.

      Hatte Manja sich doch eines anderen besonnen und versuchte diplomatisch, diesen hübschen kleinen Jungen für den Film zu gewinnen? Irgendwie behagte ihm ein solcher Gedanke nicht.

      Und dann war dieses entzückende kleine Mädchen, wie geschaffen für einen Film! Bambi musterte ihn kritisch.

      »Wer ist das?«, fragte sie Manja.

      »Unser Regisseur. Wenn du schon da bist, Bob, könntest du dich ruhig mit den Kindern bekannt machen«, sagte Manja ironisch.

      Damit brachte sie ihn in Verlegenheit. Tatsächlich, er war verlegen, wenn er sich auch nicht begriff.

      »Ich heiße Bob«, erklärte er.

      »Mein Name ist Bambi, und das ist Toni. Aber Sie brauchen nicht zu denken, dass wir im Film mitspielen wollen.«

      So, das hatte sie ihm klar und deutlich gesagt, und nun konnte er sich danach richten.

      Aber Bambi fand ihn eigentlich ganz nett, wenn er lächelte. Sie überlegte angestrengt, warum Manja ihn so abweisend behandelte.

      Jonny, der am See entlang auf Erkundung gegangen war, kam angetrottet.

      »Das ist ja ein Prachtexemplar«, rief Bob aus. »Na, den könntest du uns aber mal ausleihen, Bambi.«

      »Da würden Sie nicht viel Spaß haben«, meinte Bambi. »Jonny hat seinen eigenen Kopf, wie ich auch.«

      »Gib es ihm nur, Bambi«, sagte Manja lachend. »Er ist ein bisschen zu sehr daran gewöhnt, alles zu bekommen, was er haben will.«

      Diese hintergründigen Worte trieben Bob das Blut in die Wangen. Er stand da wie ein begossener Pudel. Diesen Vergleich zog jedenfalls Bambi, und Manja dachte ähnlich.

      »Ich muss jetzt heim«, erklärte Bambi. »Es war sehr nett, Manja. Vielleicht können wir uns noch öfter unterhalten.«

      »Es würde mich freuen, Bambi«, erwiderte Manja mit weicher Stimme.

      »Und unser kleiner Toni wird jetzt auch müde.«

      Er war so müde, dass er gar nicht mehr laufen mochte. Manja trug ihn, aber er wurde ihr doch ein bisschen schwer.

      »Gib ihn mir«, sagte Bob, der unaufgefordert an ihrer Seite geblieben war.

      Sie warf ihm einen schrägen Blick zu, aber Toni hatte seltsamerweise nichts dagegen einzuwenden, auf den Arm des Mannes zu wandern.

      »Wie alt ist er?«, fragte Bob.

      Manjas Kopf nickte herum.

      »Toni kommt keinesfalls infrage«, äußerte sie heftig.

      »Ich habe nur gefragt, wie alt er ist«, wiederholte Bob.

      »Fast drei Jahre, glaube ich.«

      »Ich wusste nicht, dass du Kinder magst.«

      »Du weißt vieles nicht, Bob«, entgegnete sie.

      Im »Seeblick« war der größte Trubel vorbei. Carla Richter kam ihnen entgegen. Sie musterte Bob eindringlich und nahm ihm den Kleinen ab.

      »Jetzt ist er aber müde«, sagte sie. »Vielen Dank, Frau Corby. Es war sehr nett von Ihnen, dass Sie sich um ihn gekümmert haben.«

      »Für mich war es auch nett, aber jetzt habe ich richtigen Hunger bekommen.«

      »Dem kann abgeholfen werden«, lächelte Carla. »Ausverkauft sind wir noch nicht,«

      »Gestattest du, dass ich dir Gesellschaft leiste, Manja?«, fragte Bob höflich.

      »Wenn du sonst nichts mit deiner Zeit anzufangen weißt«, erwiderte sie anzüglich.

      *

      Das Essen war vorzüglich. Bob entwickelte einen guten Appetit.

      »So werden wir wenigstens für alle Unbill entschädigt«, stellte er fest.

      Manja ging darauf nicht ein.

      »Wer ist eigentlich auf den Gedanken gekommen, den Film hier zu drehen?«, fragte sie.

      »Ich«, gab er zögernd an.

      »Du?«, bemerkte sie verwundert. »Wie kommst du denn in diese Gegend?«

      »Ich habe hier mal einen Freund besucht, und es hat mir sehr gefallen. Da habe ich auch die Geschichte mit dem Findelkind von der Felsenburg gehört, und ich habe gedacht, dass wir dieses Kind bekommen könnten, aber die Eltern wollen nichts davon wissen.«

      »Sie wohnen noch hier?«, fragte Manja staunend. Dann lächelte sie spöttisch. »Findest du nicht, dass du reichlich taktlos bist?«

      »Wieso denn taktlos. Du musst die Geschichte erst kennen. Sie ist ergreifend. Das Leben schreibt die besten Romane, liebe Manja. Die Menschen haben in all der Hektik unserer Zeit Sehnsucht nach der heilen Welt. Hier gibt es sie.«

      »Aber du musst in einem menschlichen Schicksal herumstochern«, sagte Manja vorwurfsvoll.

      »Warum bist du nur so aggressiv«, meinte er in versöhnlichem Ton. »Die Story habe ich nicht geschrieben, und sie deckt sich auch nicht mit der wahren Geschichte. Das Findelkind von der Felsenburg war ein Baby. Eine Frau, die keine Kinder bekommen konnte, wurde dadurch glücklich. Unser Kind ist knapp drei Jahre und wird von seiner Mutter im Stich gelassen. Eine andere Frau nimmt sich seiner an und …«

      »Ja, das weiß ich alles«, fiel Manja ihm ins Wort. »Ich habe mich mit meiner Rolle beschäftigt. Mich wundert es nur, dass du mir nicht die der herzlosen