Günter Dönges

Butler Parker Jubiläumsbox 3 – Kriminalroman


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sie. Er schlich sich an die nächste Tür heran und drückte sie vorsichtig auf. Das Badezimmer trennte die beiden Räume von Mike Rander und Josuah Parker.

      Josuah Parker stand neben dem kleinen Schreibtisch in seinem Hotelzimmer und wandte ihm den Rücken zu. Er konnte nicht sehen, daß sein junger Herr ihn beobachtete.

      »Würden Sie die Güte haben, mir zu sagen, mit wem ich spreche?« äußerte der Butler gerade würdevoll in die Sprechmuschel. »Sie werden verstehen, daß ich Ihre Drohungen ignorieren muß...!«

      Die Gegenseite schien aufgelegt zu haben, denn Parker schüttelte den Hörer, um ihn dann zurück in die Gabel zu legen. Dann drehte er sich langsam um und... blieb stocksteif stehen, als er sich seinem jungen Herrn gegenüber sah.

      »Sie müssen mein Klopfen überhört haben«, entschuldigte sich Mike Rander.

      »Ich erhielt gerade einen ungewöhnlichen und zugleich auch anonymen Anruf«, sagte Josuah Parker. »Ein Unbekannter drohte massiv und riet meiner bescheidenen Wenigkeit, Los Angeles auf dem schnellsten Weg zu verlassen. Er verbat sich überdies das Herumstochern in fremden Angelegenheiten, wie er sich auszudrücken beliebte.«

      »Wie sich die Bilder gleichen«, meinte Anwalt Rander verdutzt, »diesen Anruf habe ich eben auch bekommen!«

      Worüber Parker sich auf keinen Fall wunderte, war er doch der Anrufer gewesen. Und die Komödie, die er seinem jungen Herrn gerade vorgespielt hatte, diente auch nur dem einen Zweck, Mike Rander für den neuen Kriminalfall zu interessieren.

      Parker stellte sein hochbeiniges Monstrum vor dem verkommen aussehenden Hotel ab und sah sich interessiert in der Runde um.

      Er befand sich im Stadtteil Venice, einstmals ein riesiger Vergnügungspark, der jetzt dem Verfall preisgegeben war. In früheren Jahren hatte hier einmal ein Millionär riesige Gelder investiert und eine Art zweites Venedig am Pazifik erbauen lassen. Davon zeugten noch kleine Kanäle, Seufzerbrücken und Dogenpaläste, die jetzt in Apartmenthäuser oder Hotels umgewandelt worden waren. Hier in Venice hatte sich die protestierende Jugend aller Altersklassen zurückgezogen und schrieb flammende Verse gegen alles. Hier hatte sich aber auch das Verbrechen in reinster Form eingenistet. Eine Tatsache, die Parker bald am eigenen Leib erfahren sollte.

      Der Butler hatte sich auf dem Umweg über die Zulassungsstelle für Kraftwagen die Adresse des jungen Schlägers besorgt. Für ihn eine Kleinigkeit. Anhand des Nummernschildes wußte er jetzt, wo dieser Schläger zu finden war.

      Parker betrat die Reception des kleinen Hotels und erkundigte sich bei dem gerissen aussehenden Portier nach einem gewissen Mark Evans.

      »Evans...?« fragte der Portier zurück, »soll der hier bei uns wohnen?«

      »Können Sie das möglicherweise nicht besser beurteilen als ich?« gab der Butler zurück.

      »Mal nachsehen!« brummte der Portier, »ich bin noch neu hier! Kennen Sie ihn?«

      »Ich warte auf die Zimmernummer«, sagte Parker würdevoll. Gleichzeitig maß er den Mann hinter der Theke mit einem unterkühlten Blick. Dann fügte er hinzu: »Mister Evans wird es nicht sonderlich schätzen, wenn man mich warten läßt.«

      »Moment mal, sind Sie vielleicht Steve Morgan?«

      »Keine Namen, wenn ich sehr bitten darf«, antwortete Parker, ohne auf diese direkte Frage einzugehen, er prägte sich den Namen Steve Morgan allerdings sehr nachdrücklich ein.

      »Zimmer sechsunddreißig«, beeilte sich der Portier zu sagen, »er wartet schon, Sir!«

      Parker nickte gnädig und schritt würdevoll zum Lift hinüber. Dann fuhr er hinauf in die erste Etage des Hotels und wandelte über den Korridor, der mit einem ausgetretenen Teppich belegt war. Vor der Zimmertür sechsunddreißig blieb er stehen und klopfte mit dem Griff seines Universal-Regenschirms an.

      »Steve...?« hörte er die Stimme des jungen Mannes hinter der Tür fragen. Gleichzeitig wurde die Tür spaltbreit geöffnet?

      »Sie...?« staunte der junge Mann, der sich Mark Evans nannte. Er war für einen kurzen Moment fassungslos Und als er sich wieder faßte, stand der Butler bereits im Zimmer und schloß die Tür hinter sich.

      »Wie... wie kommen Sie denn hierher?« fauchte der Schläger. »Los, scheren Sie sich zum Teufel! Oder muß ich Sie erst an die Luft setzen?«

      »Ich bin gekommen, um mich bei Ihnen wegen meines vielleicht verunglückten Benehmens zu entschuldigen«, sagte Parker und lüftete seine schwarze Melone.

      »Mann hauen Sie ab«, reagierte der Schläger gereizt. »Wie sind Sie überhaupt an meine Adresse gekommen?«

      »Ich furchte, ich habe Sie enttäuscht«, entgegnete der Butler höflich. »Haben Sie vielleicht Mister Steve Morgan erwartet?«

      »Steve Morgan? Woher kennen Sie denn den?« Mark Evans riß den Mund weit auf.

      »Ich stieß auf seinen Namen, und zwar im Zusammenhang mit dem rätselhaften Tod des Mister Glenn Hastings«, bluffte der Parker in einer Art, daß man niemals einen Bluff hätte vermuten können. »Ersparen Sie mir Einzelheiten!«

      »Hastings.« Mark Evans schluckte und war einen Augenblick lang ratlos.

      »Ich interessiere mich für Mister Glenn Hastings«, redete der Butler höflich weiter, »offen gestanden, Mister Evans, es gibt da einige Dinge, die noch einer Klärung bedürfen. Um noch deutlicher zu werden, ich glaube einfach nicht daran, daß Glenn Hastings nur so einfach ertrunken sein soll. Falls er das überhaupt ist!«

      »Wer, zum Teufel, sind Sie eigentlich?« fragte Mike Evans.

      »Stellte ich mich nicht bereits vor? Parker ist mein Name, Josuah Parker. In meiner bescheidenen Freizeit beschäftige ich mich mit der Lösung rätselhafter Kriminalfälle.«

      »Dabei können Sie sich aber die Finger verbrennen, Parker.«

      »Bleiben wir doch beim Grundthema«, schlug der Butler vor, »ich möchte gern erfahren, in welchem Auftrag Sie mich auf dem Friedhof niederzuschlagen versuchten.«

      »Sie sind ja verrückt. Wer soll Sie niedergeschlagen haben? Ich weiß von nichts!«

      Bevor Josuah Parker antworten konnte, wurde vom Korridor aus gegen die Zimmertür gepocht.

      Mark Evans nahm ruckartig den Kopf herum.

      »Warten Sie«, sagte er dann. »Sie sollen Ihren Tip bekommen.«

      Dann lief Evans zur Tür, öffnete sie und ließ einen untersetzten, breitschultrigen und stämmigen Mann eintreten, der schon vom Aussehen her in jedem Kriminalfilm als Gangster hätte auftreten können, so typisch war er.

      Er schien bereits unten an der Reception erfahren zu haben, daß Mark Evans Besuch hatte. Der Breitschultrige mit dem häßlichen Gesicht hielt bereits einen 38er in der Hand, dessen Mündung auf den Butler gerichtet war.

      Die Szene hatte sich gründlich gewandelt.

      Josuah Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und kutschierte seine beiden Gäste durch die Straßen von Santa Monica. Neben und hinter ihm saßen Mark Evans und Steve Morgan. Die beiden Gangster hatten ihn gezwungen, sie zu seinem Wagen zu führen. Sie waren nun zusammen mit ihm unterwegs und wollten zu einem kleinen Strandhaus hinausfahren, dessen genaue Lage Parker aber noch nicht kannte. Er hielt sich an die genauen Anweisungen, die ihm der neben ihm sitzende Mark Evans von Fall zu Fall erteilte.

      Parker befand sich in der Gewalt dieser beiden Gangster, doch das scherte ihn kaum. Situationen dieser Art waren ihm nicht fremd. Es kam immer wieder vor, daß Gangster sich die Mühe machten, ihn an einen unbekannten Ort zu transportieren, um ihn dort in aller Ruhe auszufragen. Und um ihn dann möglicherweise gleich auch umzubringen.

      Mark Evans und Steve Morgan fühlten sich vollkommen sicher. Sie hatten Parker noch im Hotelzimmer gründlich durchsucht und ihm einen alten, vorsintflutlich aussehenden Colt abgenommen. Ihrer Ansicht nach war Parker damit waffenlos. Sie konnten nicht wissen, daß sie sehr viele Kleinigkeiten glatt übersehen