Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 4 – Kriminalroman


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mehr von den Broads wissen.« Susan Lantam schüttelte den Kopf. »Wer wäre denn auf die Idee gekommen, daß man hier überfallen wird?«

      »Man kann Wasserski-Jets mieten?« Lady Agatha witterte eine zusätzliche Abwechslung.

      »Wir haben eine ganze Menge davon, Mylady«, erwiderte der Angesprochene und nickte. »Aber leicht sind die Geräte nicht zu fahren.«

      »Danach habe ich nicht gefragt«, raunzte die ältere Dame sofort und maß ihn mit eisigem Blick. »Sind Sie es gewesen, der mich vor einer Stunde bespritzt hat?«

      »Keine Ahnung, Lady, wovon Sie reden. Vor einer Stunde waren wir aber mit Sicherheit im Hotel und haben Boote klargemacht.«

      »Ich werde darauf zurückkommen, junger Mann«, versprach die Detektivin drohend. »Mit einer Lady Simpson legt man sich ungestraft nicht an.«

      Sie bedachte den jungen Mann erneut mit eisigem Blick und stieg dann auf ihr Hausboot. Parker half ihr diskret dabei und war erleichtert, als der Wechsel ohne jeden Zwischenfall verlief. Der Butler stieß das schwere Hausboot geschickt zurück ins offene Wasser, wendete und steuerte auf den See hinaus.

      »Natürlich waren das die beiden Subjekte, die mich belästigt haben«, erklärte sie nachdrücklich.

      »Man könnte bei Gelegenheit ihre Alibis überprüfen, Mylady.«

      »Richtig«, meinte Agatha Simpson. »Aber vergessen Sie es nicht. Was hielt ich noch von diesem Zwischenfall? Er kommt mir recht dubios vor, nicht wahr, Mister Parker?«

      »Mylady gehen einem bereits bestimmten Verdacht nach?«

      »Dazu später mehr, Mister Parker«, lautete ihre Antwort. »Sie werden sich noch wundern. Ist es noch weit bis zum Liegeplatz?«

      »Man dürfte ihn in etwa einer Stunde erreichen, Mylady.«

      »Nun gut, dann werde ich noch ein wenig über meinen Roman nachdenken«, behauptete sie. »Ich muß mich endlich sammeln, Mister Parker.« Sie stieg über die schmale, steile Treppe wieder auf das Sonnendeck und legte sich in den Liegestuhl, der unter ihrer Fülle gequält ächzte. Josuah Parker widmete sich wieder dem Kurs und hatte Zeit, über das Geschehen nachzudenken.

      Falls Susan Lantam die Wahrheit gesagt hatte, dann hatte man es mit zwei ausgebufften Gangstern zu tun, die ungewöhnlich brutal arbeiteten, die sich aber unmöglich mit einem Coup zufrieden gaben. Hatten sie bereits einige andere Raubzüge hinter sich? Oder wollten sie damit erst beginnen?

      Parker dachte noch mal an Wade Allyson und dessen Leibwächter Snakins, die er eindeutig wiedererkannt hatte. Sie konnten mit diesem Überfall kaum etwas zu tun haben.

      Wade Allyson war im Drogenhandel tätig und verdiente dort mit Sicherheit mehr als bei Raubüberfällen. Oder gab es doch eine Verbindung zu dem Ehepaar Lantam?

      Ging es bei dem Überfall vielleicht gar nicht um Schmuck, Bargeld und Reiseschecks? War Clay Lantam möglicherweise Wade Allysons Konkurrent?

      Dann waren da noch die beiden jungen Männer, die er ins Schilf geschickt hatte. Arbeiteten sie in Allysons Auftrag? War der Drogenhändler einerseits auf Mylady und ihn aufmerksam geworden? Oder wollte er möglichst schnell für klare Verhältnisse sorgen? Allyson war ohne weiteres ein Doppelmord zuzutrauen, Parker wurde durch ein seltsames Geräusch abgelenkt und dachte im ersten Augenblick an einen Motorschaden. Doch die beiden Inborder-Motoren liefen rund, wie er schnell herausfand. Der Butler verließ für einen Moment den Ruderstand, ging zur Treppe hinüber und vernahm deutliche Schnarchlaute.

      Mylady meditierte und dachte über ihren Bestseller nach ...

      *

      Josuah Parker hatte das Hausboot festgemacht.

      Es lag an einem schmalen Landesteg, der wenige Meter in den stillen Seitenarm ragte. Der Butler hatte sich diesen Platz vom Ferienhotel zuweisen lassen. Hier war man völlig ungestört, und Lady Agatha konnte sich ausgiebig ihrem Roman widmen.

      Sie war inzwischen wach geworden und erschien auf dem Unterdeck, blickte sich nachdenklich um und nickte dann zögernd.

      »Hier müßte es gehen«, sagte sie. »Wie weit ist es bis zum offenen Wasser, Mister Parker?«

      »Es befindet sich hinter der schmalen Landzunge, Mylady«, erklärte Parker. »Und dort hinter den Weiden gibt es eine Windmühle, in die Mylady sich völlig zurückziehen können.«

      »Sehr aufmerksam, Mister Parker«, rang sie sich ab. »Hoffentlich ist die Miete nicht zu hoch?«

      »Meine Wenigkeit konnte einen angemessenen Mietpreis aushandeln.«

      »Ich werde mir diese Windmühle ansehen, Mister Parker. Ist sie über Land zu erreichen?«

      »In der Tat, Mylady, es gibt eine schmale Zufahrtstraße, die auf Umwegen zum Ferienhotel zurückführt.«

      »An einen Wagen haben Sie natürlich nicht gedacht, wie?« Sie freute sich bereits im vorhinein und rechnete mit einem Fehler Parkers.

      »In einem Mühlenanbau wartet ein kleiner Geländewagen auf Mylady«, meinte der Butler und verbeugte sich leicht.

      »Eine unnötige Ausgabe, Mister Parker«, kritisierte sie umgehend und ärgerte sich über Parkers Perfektion. »Wann werde ich hier schon einen Geländewagen brauchen? Ich will schließlich Wassersport betreiben, wenn überhaupt...«

      Sie wechselte auf den Landesteg über und schritt energisch zu der hübschen Windmühle, die auf einem kleinen Hügel stand und einen völlig intakten Eindruck machte. Parker überholte seine Herrin und sperrte die schmale Eingangstür auf.

      Agatha Simpson betrat die Mühle und schaute sich neugierig um. Sie war beeindruckt, als sie das mächtige Balkenwerk sah, die Mühlsteine und die leiterähnlichen Treppen, die in die Obergeschosse führten.

      »Dort oben befinden sich einige Räume, die als Gästezimmer eingerichtet sind, Mylady.«

      »Was für ein unnötiger Luxus«, grollte sie. »Was das alles kostet! Sie haben wieder mal übertrieben, Mister Parker.«

      »Wie Mylady zu meinen geruhen.« Parkers Gesicht blieb glatt.

      »Sie wissen doch sehr genau, daß ich mich finanziell nach der Decke strecken muß«, erklärte sie weiter. »Ist diese Mühle noch gebrauchsfähig?«

      »Die Mühlenflügel lassen sich noch betätigen, Mylady, wie meiner Wenigkeit versichert wurde.«

      »Ich werde sie bei Gelegenheit klappern lassen, wenn ich schon dafür bezahlen muß«, meinte die ältere Dame. »Übrigens ein recht passabler Ausblick.«

      Sie blieb vor einem schmalen Fenster stehen und sah über das flache Land. Weitere Windmühlen kamen ins Blickfeld, Kanäle, kleine und größere Seen, und weit am Horizont die Silhouette einer kleinen Ortschaft mit einer Kirche. Verstreut in dieser ruhigen Region gab es Baumgruppen, Gehölze und einzelne markante Bäume. Die Sonne stand inzwischen schon ziemlich tief.

      »Sehr einsam, Mister Parker«, mäkelte sie. »Man kommt sich ja direkt wie verloren vor.«

      »Myladys Konzentration wird sicher kaum gestört werden.«

      »Man wird sehen.« Sie wandte sich ab und verließ die Mühle. Sie schaute sich den japanischen Geländewagen an, hatte natürlich auch an ihm einiges auszusetzen und schritt dann zurück zum Hausboot.

      Josuah Parker wußte längst, daß sie bereits ihren Entschluß bereute, hier in den Broads an ihrem Roman schreiben zu wollen. Agatha Simpson war eine Frau der Großstadt und brauchte Betrieb um sich. Sie liebte die nächtlichen Fahrten durch London, die Besuche in den Clubs und aufregende Abenteuer.

      »Gibt es überhaupt ein Telefon?« fragte die passionierte Detektivin plötzlich, als sie wieder an Bord des Hausbootes war.

      »Meine Wenigkeit kann Mylady eine Funksprechverbindung mit dem Ferienhotel anbieten«, gab Josuah Parker zurück.

      »Ich bin also von der Außenwelt völlig abgeschnitten«,