Julia M. Flinck

Milena - Heart am Limit | Erotischer Roman


Скачать книгу

träufelte er eine ganze Menge des Kreislaufmittels in die Cola, die ich dann zu meinem Entsetzen unter seiner Aufsicht ganz austrinken musste. Kurz danach stellte er mich auf die Füße. Keine besonders gute Idee. Ich kippte sofort wieder um. Aber irgendwann war ich so stabil, dass ich den mittlerweile herbeigerufenen Geschäftsführer davon überzeugen konnte, den Heimweg allein antreten zu können. So ganz klappte das dann leider doch nicht – ich schaffte es nur bis zur Kasse. Wo ich mich dann zur hellen Begeisterung des Kassierers nochmals langlegte … Zum Glück fanden sich noch ein paar Bekannte von mir, die mich (und mein Auto) nach Hause brachten. Mein Gott, wie peinlich.

      Am nächsten Tag blieb ich selbstverständlich zu Hause. Ich war ausnahmsweise heilfroh, dass Oliver sich nicht weiter für mich interessierte. So hatte er nichts von alldem mitbekommen. Doch samstags hielt mich nichts mehr, denn es war Fasching und ich hatte Janine versprochen, mit ihr auszugehen, da sowohl Franzi als auch Helen krank waren. Ich hatte ihr schon gebeichtet, dass ich zwei Tage – oder vielmehr zwei Nächte – vorher im Andromeda ziemlich für Aufsehen gesorgt hatte. Aus welchem Grund mein Kreislauf schlappgemacht hatte, sagte ich ihr natürlich nicht – das mit der Hormonpille. Dass es allerdings etwas mit Ben zu tun hatte, wusste sie auch ohne Beichte.

      »Ma, ich habe von Anfang an gemerkt, dass da was läuft, ich bin ja nicht blöd«, hatte sie mich zornig angefahren, »ihr müsst selbst wissen, was ihr tut, ihr seid schließlich beide alt genug!«

      »Jani, mein Schatz, es tut mir leid, dass es ausgerechnet einer deiner Freunde ist …«, hatte ich versucht, sie zu besänftigen.

      »Mir tut es leid, dass da überhaupt jemand ist!«, hatte sie darauf noch heftiger entgegnet, um dann etwas ruhiger hinzuzufügen: »Papa ist ein Idiot, er braucht sich nicht zu wundern, dass du ihm davonläufst, wenn er dich weiterhin ignoriert. Vielleicht begreift er das endlich mal. Und hoffentlich unternimmt er was dagegen!« Und schließlich noch ein wenig ruhiger, als sie die Panik in meinem Gesicht sah: »Keine Angst, von mir erfährt niemand etwas, ich werde es weiterhin verdrängen. Aber haltet mich da raus, ich will nie wieder darüber reden!«

      Das war eine klare Ansage gewesen. Ich war ihr sehr dankbar, dass sie mich wegen der Affäre nicht abgrundtief hasste, und das, obwohl sie selbst anfangs Interesse an Ben gezeigt hatte. Sie war wütend auf mich. Aber statt mich zu verurteilen, brachte sie sogar noch Verständnis für mich auf. Was sicher daran lag, dass sie wusste, dass das sonst so gar nicht meiner Art entsprach – einfach leichtfertig Mist zu bauen und andere damit zu verletzen.

      Wir verzichteten dieses Jahr auf ein richtiges Faschingskostüm. Ein bisschen Schminke und buntes Haarspray schienen uns ausreichend und vor allem nicht zu aufwendig. Allerdings drängte sich mir schnell der Gedanke auf, dass eine vollständige Verkleidung für mich wesentlich klüger gewesen wäre. Doch Janine schämte sich zum Glück fast überhaupt nicht, als sich sämtliche Türsteher, Kassierer und sogar der Geschäftsführer persönlich nach meinem Wohlbefinden erkundigten … Eigentlich ein Grund mehr, wütend auf mich zu sein!

      Ein Mitarbeiter der Security, offensichtlich ein Türke, fragte in gebrochenem Deutsch: »Wie geht’s deine Kreisselauff? Solle Blutttrruck messe, äh?« – Nun denn, es sollte Wochen dauern, bis endlich Gras über die Sache gewachsen war und niemand mehr über meinen »Blutttrruck« witzelte …

      Am darauffolgenden Wochenende arbeitete Ben wieder im Andromeda. Er nahm Janine und mich in seinem Auto mit. Wenn er nicht da war, musste ich meistens selbst fahren und konnte dann logischerweise höchstens ein Glas Sekt trinken. Deshalb war es mir immer recht, wenn er Chauffeur spielte.

      Der Abend verlief völlig normal: Ben arbeitete bis ungefähr drei Uhr an der Hauptgarderobe und war anschließend noch in den verschiedenen Bars und Diskotheken unterwegs. Dort im Andromeda gingen wir uns meistens eher aus dem Weg. Ich hatte sowieso immer das Gefühl, als trüge ich einen Stempel auf der Stirn: »BENS SCHLAMPE« – da war es sicherer, wenn wir ein bisschen auf Abstand blieben.

      Auf dem Heimweg morgens um halb sechs hielten wir an der Tankstelle, weil wir Hunger hatten. Dort gab es leckere Pizzaschnitten, die wir uns manchmal nach dem Tanzen gönnten. Janine wollte im Wagen sitzen bleiben, weil es da gerade so schön warm geworden war. Ben und ich stiegen aus, betraten die Tankstelle und gaben unsere Bestellung auf. Wir kauften immer vier Schnitten – zwei für Ben, der stets Unmengen von Nahrung vernichten konnte, und jeweils eine für Janine und mich. Der Tankwart, der uns schon kannte, holte die Pizza aus der Tiefkühltruhe und bereitete sie für den Backofen vor. Ben und ich standen vor der Theke und schauten zu. Irgendwann wurde mir langweilig, und so betrachtete ich lieber das, was neben mir stand.

      Er bemerkte meine Blicke und sagte: »Was guckst du schon wieder so?«

      »Wie gucke ich denn?«, gab ich zurück.

      »Du weißt genau, was ich meine.«

      »Tut mir leid. Ich kann dich nicht anders anschauen.«

      Ich musste mich zusammenreißen, damit ich schön brav den Sicherheitsabstand einhielt.

      »War das eigentlich meine Schuld?«, hörte ich ihn plötzlich fragen.

      »Was denn?«

      »Dass du letzten Donnerstag umgekippt bist. Wir sollten vielleicht mal Pause machen.«

      »Nein!«, antwortete ich schnell. »Das war nur diese Hormonpille – ich will das nicht. Ich will keine Pause.«

      Der Tankwart schielte verstohlen zu uns her. Wahrscheinlich hatte er jedes Wort gehört. Wir standen schließlich keine zwei Meter von ihm entfernt.

      Ohne auf ihn zu achten, murmelte Ben: »So, so. Du willst keine Pause. Dann sollte ich dich am Donnerstag vielleicht noch härter rannehmen als sonst.«

      Jetzt starrte der Tankwart unverhohlen zu uns herüber. Er glotzte, dass ihm beinahe die Augen herausfielen. Ich lief rot an und wollte wirklich nicht wissen, was er dachte. Wahrscheinlich genau das Richtige.

      Nach drei endlos langen Minuten peinlicher Stille räusperte er sich: »Ihre Pizza ist fertig.«

      Ben und ich lösten endgültig unsere Blicke voneinander.

      Er nahm die Pizza entgegen und sagte leise zu mir: »Geh und hol deine Tochter.«

      Als ich mit Janine zurückkam, hatte sich die Atmosphäre normalisiert. Kurz darauf standen wir wie immer an einem der Stehtische und kauten unsere Pizza – eine Frau mit ihrer jungen Tochter und einem mit ihr befreundeten jungen Mann. Trotzdem tankte ich seitdem lieber im Nachbarort.

      ***

      Der Frühling kam, und Janine fing an Fahrstunden zu nehmen, was ich sehr begrüßte. Erstens müsste ich sie und ihre Schwester nicht mehr ständig irgendwo hinbringen oder abholen, wenn meine Große endlich einen Führerschein hatte. Und zweitens war es mir lieber, ihr mein Auto zu leihen, als sie und Nicole immer mit anderen Fahranfängern mitfahren zu lassen. Bei Janine wusste ich nämlich, dass sie verantwortungsbewusst war und vorsichtig fahren würde. Außerdem wollte sie nicht unbedingt »cool« sein, wie die meisten Jungs in ihrem Alter beziehungsweise aus ihrem Freundeskreis. Und sie litt auch nicht unter deren chronischer Selbstüberschätzung. Sie würde ihren Führerschein vermutlich erst mit neunzehn bekommen, aber das Abitur hatte natürlich Priorität gehabt, für Fahrstunden war also bisher einfach keine Zeit gewesen.

      Mein Verhältnis mit Ben lief derweil weiter, obwohl wir beide wussten, dass wir damit aufhören mussten. Aber ich war zu sehr in ihn verliebt, als dass ich mir auch nur hätte vorstellen können, jemals wieder mit einem anderen Mann zu schlafen.

      »Du hast gehabt, was du wolltest – und jetzt willst du nichts anderes mehr.«

      So Bens einfacher, aber sehr zutreffender Kommentar zu meiner mangelnden Vorstellungskraft bezüglich des Beischlafs mit anderen Männern. (Dass ich in ihn verliebt war, hatte ich ihm selbstverständlich nicht gesagt.) Ben wiederum war vermutlich inzwischen zu sehr an guten Sex gewöhnt, um einen Schlussstrich zu ziehen.

      Die Sache wurde immer verrückter. Sogar als sich bei ihm Besuch angekündigt hatte, der auf der Durchreise war und über Nacht bleiben wollte, machte er ein Treffen mit mir aus. Diesmal fing er mich