Günter Dönges

Butler Parker Box 11 – Kriminalroman


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      „Warum eigentlich?“ Sie lächelte etwas müde, „das gibt doch nur unnötige Fragen, die nichts einbringen. Wenn Sie nicht darauf bestehen. Mister Parker, dann könnten wir eigentlich …“

      „Ich schließe mich Ihrer Meinung selbstverständlich an“, sagte Parker.

      „Und ich möchte Sie doch bitten, mich nach Hause zu bringen“, schlug sie nun überraschend vor. „Irgendwie habe ich Angst. Ich muß immer wieder an diese beiden schrecklichen Männer denken. Mit ihren Tauchermasken sahen sie schauderhaft aus.“

      „Es wird meiner bescheidenen Person eine Ehre und ein Vergnügen sein. Sie zu begleiten“, bedankte sich Parker.

      *

      Das junge Paar im kleinen Sportwagen hatte sehr mit sich zu tun. Die Umwelt schien vergessen zu sein. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und sprachen leise miteinander. Und beobachteten dabei die Zufahrt zum Yachthafen von Long Beach.

      „Da kommen sie!“ flüsterte die junge Dame und küßte ihren Begleiter zärtlich und mit Hingabe. Dann gluckste ein Lachen in ihr hoch und schüttelte sie wenig später. Sie drückte ihren Begleiter zurück, schüttelte nicht begreifend den Kopf und sagte: „Das kann doch nicht wahr sein. Sieh dir das Möbel an, Jeff!“

      Jeff riskierte ebenfalls einen Blick und weitete die Augen.

      „Das sowas überhaupt noch fährt!“ meinte er dann verwundert und verfolgte das Vehikel mit seinen Augen, das dort auf fast lastwagengroßen Rädern vorbeirollte.

      Es handelte sich um Parkers Privatwagen, ein ehemaliges Taxi aus London, das nach seinen speziellen Wünschen umgebaut worden war. Dieser Wagen war im Grund eine einzige Überraschung auf Reifen. Entsprechend dem starken Rennmotor war auch das Fahrgestell nachträglich ausgelegt worden. Die Unzahl der kleinen Hebel, Kippschalter und Bedienungsknöpfe auf dem Armaturenbrett lösten ganz nach Wunsch diverse Überraschungen aus.

      Äußerlich gesehen schienen die Motten an diesem Gefährt genagt zu haben. Der eckige, kastenförmige Aufbau, typisch für die Taxis in London, war vom Rost angefressen und notdürftig wieder instandgesetzt worden.

      Am Steuer dieses Monstrums – anders war dieser Wagen beim besten Willen nicht zu bezeichnen – saß Josuah Parker in seiner bereits bekannten, stocksteifen Haltung. Der Universal-Regenschirm stak in einer Klemmvorrichtung seitlich neben dem Steuer. Und neben Parker hatte es sich die Nymphe May Clark bequem gemacht. Sie sah etwas unglücklich aus. Solch einen Wagen hatte sie ganz sicher nicht erwartet.

      „Scheint draußen nicht geklappt zu haben“, stellte Jeff Halton fest, „der Kerl lebt ja noch!“

      „Und sieht verdammt gesund aus“, erklärte Joyce Stafford in etwas rüder Sprache, „was mag da draußen passiert sein?“

      „Werden wir gleich wissen. Wir hängen uns an den Schnüffler, klar?“

      Er wartete die Antwort nicht ab, ließ den Motor anspringen und verfolgte das hochbeinige Monstrum, das sie bereits passiert hatte. Dabei hatte May Clark ihnen einen schnellen, etwas hilflosen Blick zugeworfen, der in Anbetracht der Lage sogar verständlich war.

      Jeff Halton und Joyce Stafford hätten überhaupt keine Mühe, Parkers Wagen zu folgen. Er bewegte sich scheinbar mühevoll durch den Verkehr und schien auf dem letzten Loch zu pfeifen.

      „Er bringt May nach Hause“, stellte Joyce Stafford nach zehn Minuten Verfolgung fest, „was meinst du, Jeff, versuchen wir’s dann? Kann doch nicht besonders schwer sein!“

      „Und ob wir es versuchen werden.“ Jeff Halton grinste, „damit verschaffen wir uns bei der Leitung Pluspunkte, die sich gewaschen haben. Gib das mal durch! Die Leitung muß Bescheid wissen, was wir Vorhaben!“

      Joyce Stafford ließ sich tiefer in den Sitz gleiten und griff nach dem Autotelefon …

      *

      Mike Rander hatte es sich in seinem Hotelzimmer bequem gemacht. Er bewohnte einen kleinen Doppelbungalow in Strandnähe und hatte von der Terrasse aus einen wunderbaren Blick hinüber zum Sandstrand. Dennoch herrschte hier im Hotelpark, in dem die Bungalows standen, Ruhe. Zur Straße hin wurde das Grundstück durch eine niedrige Mauer mit hoher Hecke abgeschirmt.

      Rander ging methodisch vor.

      Nach seinem Besuch bei Herbert F. Anders, dem Präsidenten der Handelskammer, hatte er sich die Liste der bisher geschädigten Firmen aushändigen lassen. Diese rief er nun der Reihe nach an und sprach mit den betreffenden Firmenleitern. Er bereitete damit den Boden vor. Er stellte sich als Rander vor, sprach von seiner Unterhaltung mit Anders und ließ deutlich werden, daß er den Industriespionen ans Leder wollte.

      Verständlicherweise waren die Antworten erst einmal zurückhaltend. Mike Rander bat seine Gesprächspartner, sich umgehend mit Anders in Verbindung zu setzen, damit seine Identität geklärt wurde. Anschließend wollte er sich erneut melden und dann Termine ausmachen. Mike Rander ging es darum, gewisse Interna der Firmen zu erfahren. Dazu brauchte er Vertrauen auf der Gegenseite und freie Hand.

      Nach etwa sechs Anrufen gönnte er sich eine kleine Pause und ließ sich per Telefon mit der Hotelbar verbinden. Er bat um frischen, heißen Kaffee. Er lehnte sich im Sessel zurück und zündete sich eine Zigarette an.

      Was wird Parker machen, fragte er sich. Ob es ihm gelungen ist, den gesuchten, ersten Kontakt herzustellen?

      Es klopfte an der Tür.

      „Herein!“ Rander rechnete mit dem heißen Kaffee und drehte sich nicht weiter um. Er spähte hinaus zum Strand und zuckte zusammen, als ein harter Gegenstand gegen seinen Rücken gepreßt wurde.

      „Keine Dummheiten“, warnte eine rauhe Stimme, „schön brav die Hände heben!“

      „Darf ich mich wenigstens umdrehen?“ fragte Rander. Er bemühte sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.

      „Aber ganz langsam!“

      Rander drehte, sich langsam um und sah sich einem mittelgroßen, schlanken Mann gegenüber, der etwa vierzig Jahre alt sein mochte. Er trug helle Ferienkleidung und eine Sonnenbrille, die sein Gesicht zu einem guten Drittel verdeckte.

      „Was wollen Sie?“ fragte Rander weiter.

      „Sie zu einer kleinen Fahrt einladen, Rander. Sie haben doch hoffentlich nichts dagegen, oder?“

      „Wie sollte ich?“ Rander deutete mit dem Kinn hinunter auf den 38er in der Hand des Mannes. „Diese Argumente haben mich bisher immer noch überzeugt. Wohin soll’s denn gehen?“

      „Wollen Sie sich denn gar nicht überraschen lassen?“ Die Stimme des Mannes klang etwas höhnisch und aufreizend. „Sie werden vorausgehen, ich bleibe dicht hinter Ihnen. Wenn Sie mir Ärger machen wollen, schieße ich Sie nieder! Sofort!“

      „Ich glaube Ihnen jedes Wort. Aber ich muß doch ehrlich sagen, daß ich überrascht bin.“

      „Worüber?“

      „Daß gewisse Industriespione so schnell schalten!“

      „Dann werden Sie sich gleich noch mehr wundern, Rander. Los jetzt, wir wollen es nicht unnötig spannend machen!“

      Rander hatte seine Chancen abgeschätzt. Ein Überraschen des Gegners war nicht möglich. Dieser Mann mußte auf jeden Fall schneller sein. Nun galt es, die Nerven zu behalten.

      In diesem Moment tat sich etwas, womit der Besucher und Rander nicht gerechnet hatten.

      Die Tür zum Wohnraum wurde nun schwungvoll aufgestoßen.

      „Der Kaffee!“ sagte dazu eine frische, gutgelaunte Stimme.

      Der Besucher fuhr herum, stieß mit dem Tablett zusammen, auf dem die Thermoskanne mit dem heißen Kaffee stand, und verlor für einen kurzen Moment die Übersicht, zumal der heiße Kaffee oben aus der aufgeschraubten Öffnung schwappte und ihm das Oberhemd verdarb.

      Mike Rander nutzte eiskalt seine Chance.

      Er