Ödön von Horváth

Glaube Liebe Hoffnung. Ein kleiner Totentanz


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Warens schon einmal verheiratet?

      ELISABETH. Nein.

       (Stille.)

      ELISABETH. Wissens, mein Vater und ich, wir sind zwei verschiedene Personen. Zum Beispiel, wie ich das Licht der Welt erblickt habe, da war er ganz ausser sich, dass ich nur ein Mädel bin. Und das hat er mir dann fortgesetzt nachgetragen. Dabei hat er aber Allüren wie ein Weltmann. Wenn meine Mutter nicht schon tot wär, die könnt darüber so manches trübe Lied zum Besten geben. Alle Männer sind krasse Egoisten.

      MARIA. Bei Ihnen ist halt der Richtige noch nicht gekommen.

      ELISABETH. Möglich.

      MARIA. Der kommt ganz überraschend. Wenn man gar nicht denkt.

       (Stille.)

      ELISABETH. Mir ist von zehntausend Männern höchstens einer sympathisch.

      MARIA. Das schon.

      ELISABETH. Ich hab immer selbständig sein wollen -- so mein eigener Herr.

      MARIA. Das geht nicht.

       (Stille.)

      MARIA. Ich hätte ja nichts dagegen, wenn mich einer heiraten tät. Nur schlagen dürft er mich nicht -- Was machens denn jetzt?

      [31]ELISABETH. Nichts.

       (Stille.)

      MARIA. Wir könnten eigentlich per Du sein.

      ELISABETH. Gewiss.

       (Stille.)

      MARIA (erhebt sich plötzlich). Geh komm mit! Schaun wir mal da vor --- da sitzt schon einer drin, der uns ein Schinkenbrot kauft!

      ELISABETH. Also nur das nicht!

       (Stille.)

      MARIA. Warum?

      ELISABETH. Nein. Aus Selbsterhaltungsprinzip nicht.

       (Stille.)

      MARIA. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich --

      Szene Nummer 9

      Jetzt erscheint der Baron mit dem Trauerflor -- er sieht etwas ramponiert aus, müde und verbittert. Maria erblickt ihn und starrt ihn fasziniert an.

      Szene Nummer 10

      BARON (grüsst chevaleresk). Kompliment Madonna! Ich habe es schon befürchtet, dass Du vielleicht nicht erscheinst.

      MARIA (tonlos). Ehrensache.

       (Stille.)

      BARON (erkennt Elisabeth). Ach! (Er lüftet den Hut und lächelt maliziös.)

      MARIA. Wieso? Du kennst meine fremde Freundin da?

      BARON. »Fremd«? (zu Elisabeth). Ursprünglich wollten Sie doch Ihre werte Leiche verkaufen?

      MARIA. Leiche?

      [32]BARON (glättet seinen etwas zerknüllten Trauerflor). Ja, das waren bessere Zeiten. Damals hatte ich noch meine Generalvertretung --

      ELISABETH (grinst). Korsette vielleicht?

      BARON. Nein, Likör. Jetzt bin ich parterre.

      MARIA (betrachtet sich in ihrem Taschenspiegel im Lichte, das aus dem Wohlfahrtsamt herausfällt). Hugo! Fällt Dir denn nichts auf an mir?

      BARON. Ich wüsst es nicht momentan --

      MARIA. Da -- (sie fletscht die Zähne). Ich hab seit vorgestern zwei Stiftzähne da vorn -- Weisst, meine beiden Zähne waren doch ganz Bruch und schwarz, weil halt der Nerv schon abgestorben war.

      BARON (lächelt hinterlistig). Du hast Dich zu Deinem Vorteil verändert.

      MARIA. Ich gefall mir.

      Szene Nummer 11

       Jetzt erscheint ein Kriminaler, und zwar hinter Maria, die noch ihre Stiftzähne in ihrem Taschenspiegel betrachtet. Der Baron zieht sich etwas zurück und der Kriminaler wartet bis sich Maria umdreht. Nun erblickt sie ihn und zuckt etwas zusammen.

      Szene Nummer 12

      KRIMINALER. Sie kommen mit. Sie wissen genau warum.

      MARIA (kleinlaut). Ich weiss gar nichts.

      KRIMINALER. So, Sie wissen gar nichts --

      BARON. Und meine Manschettenknöpfe?

       (Stille.)

      MARIA (leise). Jesus Maria.

      BARON. Wer hat sie mir denn gestohlen?

      [33]KRIMINALER. Kriminalpolizei. Sie kommen mit.

      MARIA (fixiert den Baron). Du hast mich verschuftet?

      KRIMINALER. Sind Sie augenblicklich ruhig!

      MARIA. Du? Dem ich drei Mark geliehen hab? Drei Mark?

      KRIMINALER. Halten Sie Ihren Mund.

      BARON (grüsst wieder chevaleresk). Kompliment, Madonna! (ab).

      MARIA. Du Sau Du dreckige!!

      KRIMINALER (legt ihr rasch die Schliesszange an). Maul halten! Vorwärts! (Er zerrt sie mit sich ab.)

      MARIA. Au!!

      Szene Nummer 13

      DER SCHUPO (Alfons Klostermeyer, kommt rasch auf das Geschrei hin herbei, hält und erblickt Elisabeth. Und sie erblickt ihn).

      Szene Nummer 14

      SCHUPO. Was hat sich denn da abgespielt?

      ELISABETH (lächelt böse). Nichts. Es ist bloss ein Fräulein verhaftet worden. Wegen Nichts.

      SCHUPO. Geh, das gibt es doch gar nicht!

      ELISABETH. Trotzdem.

       (Stille.)

      ELISABETH. Was starrens mich denn so an?

      SCHUPO (lächelt). Ist denn das verboten?

       (Stille.)

      SCHUPO. Sie erinnern mich nämlich. Besonders in Ihrer Gesamthaltung. An eine liebe Tote von mir.

      ELISABETH. Sie reden so mystisch daher.

       (Stille.)

      [34]SCHUPO. Welche Richtung gehens denn jetzt?

      ELISABETH. Wollens mich gar begleiten?

      SCHUPO. Ich hab heut keinen Dienst mehr.

      ELISABETH. Ich geh lieber allein.

      SCHUPO (ohne Hintergedanken). Habens die Polizei nicht gern?

      ELISABETH (zuckt etwas zusammen). Wieso?

      SCHUPO. Weil Sie nicht wollen, dass