auf dich zu treffen.«
»Letzte Woche oder heute?«
»Sowie als auch.«
Er lächelte.
»Danke noch mal«, flüsterte sie.
»Wie bitte? Wofür bedankst du dich?«
»Dafür, dass du zur richtigen Zeit am richtigen Ort warst.«
Er zwinkerte. »Gern geschehen.«
Nach einer Weile fragte Daryl: »Sag mal, wirst du deiner Freundin etwas sagen?«
»Meiner Freundin?«
»Na, die junge Frau, die dir letzte Wochen eine Szene gemacht hat.«
»Das war nur die Frau, deren Hund ich ausgeführt habe.«
»Was? Das glaube ich nicht. Irgendwie hatte ich einen ganz anderen Eindruck. Und den Hund habe ich bis heute auch noch nicht zu Gesicht bekommen.«
»Schon gut. Der Hund gehört ihr.« Josh seufzte: »Ja, wir haben Schluss gemacht.«
»Wir?«
»Na schön. Ich.«
»Du?«
»Sag mal, musst du alles wiederholen was ich sage?«
»Nein, sorry, aber wieso du? Nach dem Abgang letzte Woche hätte ich geglaubt …«
»Wollte sie auch, aber ich war schneller.« Er lächelte zufrieden und nahm einen Schluck Kaffee.
»Was soll nun werden? Wie geht es weiter?«, fragte Daryl.
»Hast du einen Hund?«
»Nein.«
»Gut.« Erleichtert schlug Josh die Beine übereinander. »Ich weiß auch nicht, wie es weitergehen soll. Aber aus uns beiden wird wahrscheinlich nichts Festes werden.«
»Das kann man nie wissen …« Daryl blickte ihn geheimnisvoll an.
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin kein Freund von Fernbeziehungen.«
»Warum Fernbeziehung?«
»Weil ich in zwei Tagen nach Chicago muss. Geschäftlich.«
»In zwei Tagen schon?« Daryl war völlig überrumpelt. Das hatte sie sich so nicht vorgestellt. Wobei sie eigentlich gar nicht recht wusste, wie sie sich irgendetwas vorgestellt hatte. »Und für wie lange?«
»Keine Ahnung. Vielleicht für eine Woche oder einen Monat oder auch für immer.«
»Oh«, war alles, was sie herausbrachte und nahm schnell einen Schluck Kaffee. Sie versuchte, sich zu entspannen und dachte nach. Schließlich stellte sie die einzig sinnvolle Frage: »Und was machst du dort?«
»Ich arbeite in einer großen Eventagentur, die in Chicago ihre zweite Filiale eröffnet hat. Ich bin ausgewählt worden, diese Niederlassung zu betreuen.«
»Das ist bestimmt keine leichte Aufgabe.«
»Nein, sicherlich nicht.«
»Freust du dich denn schon darauf?«
»Auf jeden Fall! Was machst du eigentlich beruflich?«
»Du wirst lachen, aber ich arbeite ebenfalls in einer Eventagentur. Unsere ist nur sehr klein, aber wir hatten auch schon recht große Aufträge.«
»Zum Beispiel?«
»Eine Werbecampagne für Byrons Village. Es gab eine Gala-veranstaltung und ein umfangreiches Abendprogramm.«
»Wow, das ist nicht schlecht.« Er stellte den Becher auf den Couchtisch. »Sorry, Daryl, dass ich so plötzlich unser kleines Stell-dich-ein verlassen muss, aber ich habe mir für heute noch vorgenommen, in die Firma zu fahren. Ich wollte gerne ein Projekt vor meiner Abreise abschließen.«
»Oh, das kenne ich. Ich bin auch oft am Wochenende noch am Arbeiten.«
Er lächelte, stand auf und warf sich seine Jacke über. Daryl brachte ihn zur Tür. Im Treppenhaus drehte er sich zu ihr um und blickte sie längere Zeit an. Daryl wurde nach und nach unsicher. »Was ist denn?«
»Du bist eine aufregende Frau, weißt du das?«
Beschämt blickte sie auf die Fußmatte. Er hob ihr Kinn mit der geschlossenen Faust. Dann küsste er sie leidenschaftlich. Ihre Zungen verschlangen sich.
»Woher wusstest du eigentlich, wo ich wohne?«, fragte Daryl, als sie wieder Luft bekam.
»Ich habe dich ein paar Jahre nach der Schule in der Shopping Mall gesehen und bin dir gefolgt. Meine Hemmungen waren zu groß, um dich anzusprechen. Ich war mir zwar nicht sicher, ob du hier immer noch wohnst, aber ein Versuch war es wert.«
Daryl lachte. Er streichelte ihre Wange, zwinkerte ihr zu und ging. Einige Zeit blickte sie ihm hinterher, dann schloss sie die Wohnungstür und lehnte sich dagegen. Dieser junge Mann hatte ihr nicht nur damals in der Schule den Kopf verdreht, sondern auch heute. Sie wusste nicht, welche Ambitionen er hatte. Doch nach so einem Walderlebnis war ihm sicherlich nicht nach einer festen Beziehung, sondern eher nach Sex auf die schnelle Tour. Es hatte ja sowieso keinen Sinn, da er bereits in zwei Tagen nach Chicago fliegen würde. Schmerzlich dachte sie daran. Schließlich ließ sie sich auf ihr Sofa sinken und setzte den kalten Kaffee-Becher an ihre Lippen. Was stellte sie sich überhaupt vor? Was stellte er sich vor? Konnte aus Sex Liebe werden? Konnte aus Sex eine Beziehung werden? Wollte er das überhaupt? Wollte sie das überhaupt?
***
Voyeur - 5. Kapitel
Ja, sie wollte es! Sie wollte ihn. Nachdem er am Sonntagabend um halb neun bei ihr geklingelt hatte und er vorsichtig fragte, ob sie noch ein Plätzchen in ihrem Bett frei hätte, erlebte sie ein Feuerwerk der Gefühle. In seinem Arm einzuschlafen und am nächsten Morgen fast in der gleichen Position wieder aufzuwachen, war einfach traumhaft. Allerdings nicht für ihn, denn er beklagte sich über seinen schmerzenden Arm.
Beide fuhren zur Firma. Den ganzen Tag bekam Daryl das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Sie war glücklich und ihre Hormone spielten verrückt. Dass er in zwei Tagen nicht mehr da wäre, daran wollte sie nicht denken.
Auch am Montagabend war er bei ihr, sie aßen etwas vom Chinamann, das er mitgebracht hatte, fütterten sich gegenseitig, lachten und hatten bombastischen Sex.
Dienstag lief es nicht anders. Beide genossen die Stunden miteinander. Sie nahmen sich Zeit und waren wild und hemmungslos, schließlich war es ihr letzter Abend.
Der Mittwoch war viel zu schnell da. Daryl brachte Josh um sechs Uhr zum Flughafen. Ihre Tränen hielt sie den ganzen Morgen zurück, doch als er sie im Arm hielt, konnte sie nicht mehr dagegen ankämpfen. Ihr Abschiedskuss war lang und innig. Und er war für immer!
***
Daryl versuchte, mit ihrem Leben klar zu kommen. Doch sie dachte nur an Josh. Aber er dachte leider nicht mehr an sie. Denn seit seinem Abflug, und das waren jetzt zwei Wochen her, hatte er sie nicht einmal angerufen. Gut, er hatte sich nicht auf eine Äußerung eingelassen, die irgendetwas mit dem Begriff Beziehung zu tun hatte. Sie versuchte ja auch, sich damit abzufinden, dass es für sie beide nur ein kleines Sexabenteuer am Schluss seines Lebens in Kanada war.
Daryl schnäuzte sich die Nase. Am Sonntag fiel es ihr immer besonders schwer, nicht an ihn zu denken. Erstens war sie durch die Firma nicht abgelenkt und zweitens hatte sie an zwei Sonntagen die einschneidenden Erlebnisse mit ihm gehabt.
Es klingelte. Mit einem Satz sprang Daryl vom Sofa auf und ging mit Herzklopfen zur Wohnungstür. Sie schloss kurz die Augen, atmete tief durch und lächelte. Mit diesem Ausdruck der Freude öffnete sie die Tür.
»Oh, hallo, Mum.«
»Hallo, Kind. Mein Gott, diese vielen Stufen, die machen mich noch ganz fertig. Willst du nicht mal woanders hinziehen?«
»Warum nimmst du nicht den Fahrstuhl?«
»Du