Sharon York

Die HexenLust Trilogie | 3 Erotische Romane


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des anderen für einen kurzen Moment sehen kann. Ich muss Ihnen deshalb diese Frage stellen: Haben Sie irgendetwas gesehen, während Sie vereinigt waren? Etwas, was uns helfen könnte?«

      Ich überlegte.

      »Isabelle«, setzte sie nach. »Bitte.«

      Dies waren genau die Gedanken, die ausschließlich in meiner Seele ruhen und niemals den Weg über meine Lippen finden sollten. Nur schwerlich konnte ich mich an Einzelheiten, an die wenigen Momente erinnern, als unsere Körper verschmolzen waren.

      »Ich konnte ihn sehen. Nikolai ... In der Hölle. Es gab einen Streit zwischen den vier Brüdern. Einer musste sich gegen die anderen gestellt haben. Er wurde gefoltert. Dann war auf einmal alles schwarz. Nikolai musste Jahre dort verbracht haben, um schließlich auf die Erde zu kommen.«

      Meine Stimme bebte, die Worte zerfielen beinahe. »In Russ­land wähnte er sich seinem Ziel schließlich nahe. Doch etwas hinderte ihn daran, etwas ...« Ich stockte.

      »Die Liebe«, vollendete de la Crox, nahm die Akte vom Tisch und stand schließlich auf. Bedächtig ging sie zum Fenster, blickte hinaus in die Dämmerung, die mehr und mehr Einzug hielt. »Du warst nicht ganz ehrlich zu uns, Isabelle. Aber leider waren Maddox und ich es ebenfalls nicht.«

      Sie öffnete den braunen Umschlag und las laut vor. »Ich will deinen Tod, weil du ein Juwel besitzt, welches ich einmal mein Eigen nennen durfte«, zitierte sie, immer noch den Blick nach draußen gerichtet.

      Ira und ich blickten uns an.

      Dann setzte unsere Chefin an. Ihre Stimme bebte. »Diese Geschichte ist vielleicht eine der traurigsten, die ich jemals gehört habe und trotzdem werden die Menschen sie niemals erfahren.«

      Marie de la Crox amtete laut, als wäre sie selbst in der Zeit der Krim-Kriege, im Jahre 1856. »Du musst wissen, dass die Chefinnen des Zirkels damals oft davon geredet haben. Wir waren am Boden, beinahe vernichtet. Nikolai scharte so viele Dämonen um sich, dass wir überrannt wurden. Doch eines Nachts war da diese talentierte, aber leider viel zu junge Hexe Isabella aus New York City. Für Nikolai leichte Beute, doch er tötete sie nicht, Gott weiß warum. Erst war es ein Spiel. Aber in den Wirren der Zeit wurde daraus schließlich Zuneigung und Begierde. Eine unheilvolle Allianz, welche die beiden eingingen.«

      Ihre Stimme war leise, ruhig und überlegt, als müsste sie bei jedem Wort abwägen, ob sie es sagen sollte. »Schließlich kamen die Hexen des Zirkels hinter diese verbotene Liebschaft. Der Krieg war beinahe verloren, sodass sie dem Mädchen den Auftrag gaben, Nikolai zu überwältigen.«

      Sie hielt inne, holte tief Luft. »Diese Hexe Isabella muss fürchterlich geweint haben, als sie ihren Geliebten ans Messer lieferte.«

      Dann drehte sie sich zu mir um, schritt auf mich zu. »Ihr Name war ebenfalls Ashcroft. Sie war eine der dreizehn Hexen, die den ewigen Schlaf gegen Nikolai aussprachen. Doch anscheinend hat sie absichtlich einen Fehler gemacht. Deshalb konnte er erwachen.« Marie drehte sich herum, fixierte mich für einen Moment. »Sie war aus deiner Familie, liebe Isabelle.«

      Ein dicker Kloß schien sich in meinem Hals zu verfestigen, während mir ein Schauer über den Rücken lief.

      »Du willst sagen ...?«

      »Es war deine Ur-, Ur-, Urgroßmutter und er scheint sie nun in dir wiederzuerkennen.«

      Das war zu viel, einfach zu viel. Mit geschlossenen Augen ließ ich mich auf den Stuhl sinken. Sofort war Ira da, kniete sich zu mir nieder.

      »Du wusstest es!«, drang es giftig aus mir heraus. »Du wusstest es die ganze Zeit!«

      Marie schüttelte zaghaft den Kopf. »Nein, ich hatte eine Vermutung, nenn es Ahnung. Aber wir dachten, dass die Blutlinie des Mädchens zerstört sei. Als ich dich damals entdeckte, glaubten wir an einen Zufall, jedoch nicht daran, dass du wirklich der Nachkomme von Isabella Ashcroft sein könntest.«

      Ich lehnte meinen Kopf zurück, versuchte, meine Atmung zu beruhigen.

      »Was ist mit ihr passiert?«

      »Was meinst du, Isabelle?«

      »Was mit der Hexe passiert ist!?!«, schrie ich meiner Chefin, nein, jetzt war sie wieder meine Ziehmutter, entgegen. Es waren Unmengen an Gefühlen, die auf mich einhämmerten und kurz davor waren, sich zu überschlagen.

      Sie strich über die Akte. »Die Aufzeichnungen hören an dieser Stelle auf. Man vermutet, dass sie noch ein Kind gebar. Schließlich brach sie mit dem Zirkel und beging in der Einöde Russlands Selbstmord.«

      Ich presste die Hände auf meine Schläfen.

      »Dann wäre es möglich, dass Nikolai mein Ur- ...« Ich kam nicht dazu, diesen Satz zu beenden.

      »Wir halten das für sehr unwahrscheinlich. Diese junge Hexe war ... Nun ja, sagen wir mal eine Ausgeburt an Fröhlichkeit und Offenheit. In einer Zeit, in der die Pille nicht existierte und Kondome in der Form, in der wir sie kennen, ebenfalls nicht existent waren, war es ein Leichtes, schwanger zu werden. Wir gehen davon aus, dass sie vor ihrer Zeit in Russland ein Kind zur Welt brachte.«

      Ich nickte kurz, hatte mich bald schon wieder unter Kontrolle. Marie ließ mir ein paar Momente, bis sie wieder ansetzte. »Aufgrund dieser Vermutung habe ich den Reaper Maddox angefordert. Eigentlich ist seine Ausbildung noch nicht beendet, aber er wird dir beistehen.« Sie lächelte traurig. »Du hast ja bereits bemerkt, dass er außergewöhnlich ist. Genau wie du.«

      Ich nickte.

      »Hast du sonst noch etwas gesehen, was wichtig für uns sein könnte?«

      Ich horchte in mich hinein. Meine Stimme war wieder fest. Endlich ergab alles einen Sinn, auch wenn die Erkenntnis einen ziemlich bitteren Beigeschmack besaß.

      »Bashir«, murmelte ich.

      »Dein Informant?«, wollte Ira wissen.

      »Ja. Nikolai war bei ihm. Er wollte irgendetwas, doch ich konnte nicht sehen was.«

      Marie schritt auf mich zu. »Fühlst du dich stark genug, um ihm noch einen Besuch abzustatten? Es wäre unklug, jemand anderen zu schicken, wo du doch so ein gutes Verhältnis zu ihm aufgebaut hast.« Sie sprach die Worte mit einem wissenden Unterton. »Außerdem haben wir keine Kapazitäten für eine lange Befragung.«

      »Ira, Sie werden Isabelle begleiten. Sie haben hiermit die Erlaubnis, jeglichen Zauber anzuwenden, den Sie für ihre Befragung als notwendig erachten.«

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